
Alle paar Wochen flammt in Deutschland die Diskussion über Fahrverbote und Abgase in Innenstädten wieder auf. Weil die Kanzlerin mit Bürgermeistern berät, die Deutsche Umwelthilfe mal wieder irgendwo klagt oder ein Verwaltungsgericht ein Urteil spricht.
„Die Diskussion um Fahrverbote erweist sich völlig überraschend als Konjunkturprogramm für die Branche“, sagt Willi Diez, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Geislingen. Davon profitieren die Elektroautos: In seiner Prognose geht er davon aus, dass die Zahl der in Deutschland verkauften Fahrzeuge mit Elektroantrieb – Plug-in-Hybride eingerechnet – 2018 auf mehr als 100.000 steigt. Aber: Ein deutlich größerer Teil der verunsicherten Autofahrer dürfte von einem Diesel auf einen Benziner umsteigen.
Die Nachfrage nach Autos mit Verbrennungsmotoren ist nach wie vor hoch. Und selbst wenn die kühnsten Prognosen der Autobosse eintreffen, die in sieben Jahren rund ein Viertel ihres Gesamtabsatzes mit Elektroantrieb verkaufen wollen, heißt das auch: Mindestens drei Viertel aller Neuwagen im Jahr 2025 haben noch einen Verbrenner an Bord.
Welche Schadstoffe im Abgas stecken
Stickoxide (allgemein NOx) gelangen aus Verbrennungsprozessen zunächst meist in Form von Stickstoffmonoxid (NO) in die Atmosphäre. Dort reagieren sie mit dem Luftsauerstoff auch zum giftigeren Stickstoffdioxid (NO2). Die Verbindungen kommen in der Natur selbst nur in Kleinstmengen vor, sie stammen vor allem aus Autos und Kraftwerken. Die Stoffe können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen werden dreifach geschädigt: NOx sind giftig für Blätter und sie überdüngen und versauern die Böden. Außerdem tragen Stickoxide zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei.
Kohlendioxid (CO2) ist in nicht zu großen Mengen unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Klimagas und zu 76 Prozent für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Der Straßenverkehr verursacht laut Umweltbundesamt rund 17 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland – hier spielt CO2 die größte Rolle. Es gibt immer sparsamere Motoren, zugleich aber immer größere Autos und mehr Lkw-Transporte. Außerdem mehren sich Hinweise darauf, dass Autobauer nicht nur bei NOx-, sondern auch bei CO2-Angaben jahrelang getrickst haben könnten.
Bei der Treibstoff-Verbrennung in vielen Schiffsmotoren fällt auch giftiges Schwefeldioxid (SO2) an. In Autos und Lkws entsteht dieser Schadstoff aber nicht, was am Kraftstoff selbst liegt: Schiffsdiesel ist deutlich weniger raffiniert als etwa Pkw-Diesel oder Heizöl und enthält somit noch chemische Verbindungen, die bei der Verbrennung in Schadstoffe umgewandelt werden.
Winzige Feinstaub-Partikel entstehen entweder direkt in Automotoren, Kraftwerken und Industrieanlagen oder indirekt durch Stickoxide und andere Gase. Die Teilchen gelangen in die Lunge und dringen in den Blutkreislauf ein. Sie können Entzündungen der Atemwege hervorrufen, außerdem Thrombosen und Herzstörungen. Der Feinstaub-Ausstoß ist in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre deutlich gesunken. Städte haben Umweltzonen eingerichtet, um ihre Feinstaubwerte zu senken.
Feinstaub entsteht aber nicht nur in den Motoren. Auch der Abrieb von Reifen und Bremsen löst sich in feinsten Partikeln. Genauso entstehen im Schienenverkehr bei jedem Anfahren und Bremsen feiner Metallabrieb an den Schienen. All das landet ebenfalls als Feinstaub in der Luft.
Katalysatoren haben die Aufgabe, gefährliche Gase zu anderen Stoffen abzubauen. In Autos wandelt der Drei-Wege-Kat giftiges Kohlenmonoxid (CO) mit Hilfe von Sauerstoff zu CO2, längere Kohlenwasserstoffe zu CO2 und Wasser sowie NO und CO zu Stickstoff und CO2 um. Der sogenannte Oxidations-Kat bei Dieselwagen ermöglicht jedoch nur die ersten beiden Reaktionen, so dass Dieselabgase noch mehr Stickoxide enthalten als Benzinerabgase. Eingespritzter Harnstoff („AdBlue“) kann das Problem entschärfen: Im Abgasstrom bildet sich so zunächst Ammoniak, der anschließend in Stickstoff und Wasser überführt wird.
Es ist ein langsamer Abschied – so schnell werden wir Benzin und Diesel nicht los. Während es sich Nischen-Premiumanbieter wie Volvo oder Jaguar Land Rover bei ihrer kaufkräftigen Klientel leisten können, verstärkt auf den (Teil-)Elektroantrieb zu setzen, bleibt der Verbrennungsmotor für die Massenmobilität wichtig. In Deutschland, aber vor allem weltweit.
Um auch künftige Verbrauchs- und Emissionsziele zu schaffen, rüsten die Autobauer die bereits heute komplexen Motoren zu wahren Hightech-Kraftwerken auf.
VW setzt auf einen Alleskönner
Eines der aktuellsten Beispiele hierfür kommt von Volkswagen. Der Konzern feiert die neue Generation des Benzinmotors mit 1,5 Litern Hubraum – intern EA211 evo genannt – als wahren Alleskönner.
Einer seiner Vorteile: Der Motor kann ohne Umrüstung auch mit Erdgas betrieben werden. Da Gas bei höheren Temperaturen verbrennt als das übliche Benzin-Luft-Gemisch, müssen sonst einige Bauteile verändert werden. VW setzt hier eine aufwändige APS-Beschichtung ein, was für atmosphärisches Plasmaspritzen steht. Einfach nur einen Motorblock gießen reicht nicht mehr.





Das gilt auch für die Motorsteuerung: Mit einem Kniff bei der Steuerung des Einlassventils können die Ingenieure die Gastemperatur im Zylinder selbst senken – was wiederum den Wirkungsgrad der Verbrennung deutlich erhöht. Bei niedrigeren Verbrennungstemperaturen entstehen auch weniger Stickoxide. Dazu kommt bei der Variante mit 130 PS ein Turbolader mit variabler Turbinengeometrie. Eine bei Benzinmotoren aufwändige Technologie, die im VW-Konzern bislang nur bei einigen Hochleistungsmotoren von Porsche zum Einsatz kam, nicht aber in einem Volumenmodell.
Das Ergebnis: Im VW Golf, in den der Motor seit dem Sommer eingebaut wird, spart der 1.5 TSI im Vergleich zum Vorgänger 1.4 TSI bis zu 0,4 Liter – im Normverbrauch. Da dank des Kniffs mit dem Einlassventil auch die Fahrbarkeit im Teillastbereich verbessert wird, soll der Verbrauchsvorteil auf der Straße sogar noch etwas größer ausfallen.