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Datenschutzrechtler Norbert Nolte "Vollautomatisches Fahren ist derzeit wohl nicht zulässig"

Norbert Nolte, Datenschutzjurist und Partner der Kanzlei von Freshfields Bruckhaus Deringer, plädiert für Rechtsänderungen, um technische Innovationen im Autobau nutzen zu können.

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Was die neuen Cockpits können
Tesla Der Elektroautobauer Tesla hat schon bei seinen ersten Fahrzeugen großen Wert auf das Infotainment gelegt - also die gute Bedienbarkeit von Musik-Diensten, Navigationsgerät, Kommunikation und Serviceinformationen zum Fahrzeug. Nun ist dem Unternehmen in den USA ein neuer Coup gelungen. In Kooperation mit dem Mobilfunkanbieter AT&T sollen die Elektroautos mit einem Zugang zum Highspeed-Internet ausgestattet werden. Damit wäre nicht nur ruckelfreies Webradio und Surfen im Internet möglich. Auch Verkehrsinformationen für das Navigationssystem ließen sich in Echtzeit abrufen. Und bliebe der Wagen stehen, könnte eine Service-Hotline per Netz eine Ferndiagnose des Motors durchführen. Quelle: REUTERS
Kia UvoDas Infotainmentsystem von Kia lässt sich per Sprachsteuerung und Touch steuern. Die erste Variante des Systems entwickelten die Koreaner gemeinsam mit Microsoft. Die aktuelle Version setzt auch auf mobile Dienste und baut auf Googles Betriebssystem Android auf. Dadurch kann das System zum Beispiel auf die Karten und Informationen der Plattformen Google-Maps und Google-Places zugreifen. Steuern lässt es sich sich zusätzlich über Android- und Apple-Smartphones. Quelle: Presse
Audi TabletWie sehr die Welt der mobilen Rechner in die der Automobilbranche übergreift, zeigt ein neues Produkt aus dem Hause Audi. Erst kürzlich stellte der Autobauer auf der Elektronik-Messe CES in Las Vegas ein eigenes Tablet vor. Unter dem Titel "Audi Smart Display" soll das Gerät die Bedienung der Infotainment-Angebote im Auto erleichtern. Denn während Nutzer Tablets intuitiv bedienen können, tun sich viele mit den umfassenden Möglichkeiten von Infotainmentprogrammen im Auto noch schwer. Das Tablet hat einen 10 Zoll großen Display, der sich ganz einfach mit dem Infotainment in neuen Audi-Modellen verbinden lässt. Außerdem bietet es einen direkten Zugriff auf Googles Playstore und damit auf alle Android-Apps für Tablets. Quelle: Presse
Audi und GoogleGleichzeitig haben Google und Audi erst kürzlich auf der CES in Las Vegas bekannt gegeben, künftig miteinander kooperieren zu wollen. Damit sollen alle Audi-Bordsysteme auf dem Betriebssystem Google Android basieren. Auch in den neuen Modellen von General Motors, Honda und Hyundai wird künftig Android als Infotainmentplattform verbaut.   Quelle: AP
Infiniti InTouch Das neue Infotainment-System der Luxusmarke wurde auf der Elektronik-Messe CES vorgestellt. Das System macht es möglich das Smartphone mit dem Bordcomputer zu verbinden. Somit kann der Fahrer über das Programm auch im Fahrzeug direkt auf seine Kontakte, E-Mails und einige Apps zugreifen. Nachrichten liest einem das Programm auf Wunsch laut vor. Musik kann auch per Sprachsteuerung ausgewählt werden. Besonders praktisch: Auf der Infiniti-Plattform lassen sich sogar die Sitz- und Spiegeleinstellungen von bis zu vier Fahrern speichern. Quelle: REUTERS
Nokias KartendienstAuch Nokia versucht sich einen Platz im Auto zu sichern. Seit Jahren bieten die Finnen Kartendienste für den Verkehr an. Im Sommer hat der einstige Handy-Riese hunderte Millionen Euro in die Hand genommen, um die Dienste zu erweitern. Bisher ist die Plattform "Here" so ausgelegt, dass sie neben der Kartendienste auch eine Integration von Musik und Internetangeboten vorsieht, wie zum Beispiel der ortsbezogene Dienst Foursquare. Eingebunden ist außerdem eine "Auto-Cloud", über die der Fahrer aktuelle Informationen zu Spritpreisen oder freien Parkplätzen abrufen kann. Die Autobauer können für ihre Produkte selbst entscheiden, welche Serviceangebote von Nokia sie einbinden wollen. Quelle: dpa
BMW i3Das Infotainmentsystem des deutschen Elektroautos lässt sich sogar per Smartwatch Samsung Galaxy Gear steuern. Damit hat der Autofahrer Informationen wie den Kilometerstand, den Batteriestand oder den Parkstandort auf der Uhr gespeichert und so immer dabei. Auch ob Fenster geöffnet oder geschlossen sind, lässt sich mit einem Blick aufs Handgelenk überprüfen. Besonders praktisch: Per Spracherkennung lassen sich Klimaanlage und Heizung auch aus der Entfernung steuern. Somit ist der Wagen im Winter schon vorgeheizt und die gefrorene Scheibe getaut, noch ehe der Fahrer das Auto überhaupt aufgeschlossen hat. Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Nolte, deutsche Gerichte haben kürzlich entschieden, dass während der Fahrt aufgezeichnete Videoaufnahmen in Gerichtsprozessen nicht verwertet werden dürfen. Ist das nicht reichlich weltfremd?
Nolte: So könnte man das sehen, denn tatsächlich könnten die Videoaufnahmen dieser hinter der Windschutzscheibe angebrachten, sogenannten Dash-Cams bei vielen Verkehrsunfällen helfen, die Schuldfrage eindeutig zu klären. Andererseits kann man den Gerichten keinen Vorwurf machen, da Datenschutz und der Schutz von Persönlichkeitsrechten im deutschen Recht einen sehr hohen Stellenwert genießen.

In anderen Ländern helfen die Dash-Cams bei der Aufklärung von Verkehrsunfällen.
Die haben auch andere Gesetze. Dash-Cams liefern heute Aufnahmen in HD-Qualität, Personen, die zufällig ins Bild geraten sind, lassen sich ohne weiteres identifizieren. Die Videos können über soziale Netzwerke weiter verbreitet werden, niemand weiß, wie lange sie wo gespeichert werden. Anders als etwa in den USA oder in Russland überwiegt in Deutschland der Schutz des Persönlichkeitsrechts. Die Gerichte hatten darum eine Rechtsabwägung zu treffen, weil das Persönlichkeitsrecht desjenigen, der ohne Erlaubnis gefilmt wurde, mit dem Anspruch des Autofahrers kollidierte, das Video zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Es kann doch nicht sein, dass bei Unfällen Personen zu Schaden kommen und die Schuldigen nicht bestraft werden können, weil Videos nicht als Beweis zugelassen sind.
Jetzt vermengen Sie Strafrecht und Zivilrecht: Die Verwertungsproblematik wurde bislang nur für zivilrechtliche Verfahren und Versicherungsfragen entschieden. Wenn es um die Klärung eines Verkehrsunfalls etwa mit Todesfolge geht, könnten die Richter unter Umständen ganz anders entscheiden und Videoaufnahmen als Beweismittel zulassen.

Zur Person

Trotzdem drängt sich der Eindruck auf, dass deutsche Richter technischen Neuerungen eher skeptisch gegenüberstehen.
Viele Juristen sind technik-affiner als die meisten Techniker glauben. Die Rechtsprechung ist der falsche Adressat, der Gesetzgeber ist gefordert. Die neuen technischen Möglichkeiten erfordern einen neuen Rechtsrahmen.

Dürfen die von neuen Autos in einer Blackbox gesammelten Daten verwertet werden?
Gerade im Bereich des Strafrechts kann es hier Probleme geben: Bei uns muss sich niemand selbst beschuldigen. Jeder hat das Recht, die Aussage zu verweigern. Aber womöglich wird das Auto zum Zeugen gegen den eigenen Fahrer, wenn die Blackbox-Auswertung ergibt, dass ständig gegen das Tempolimit verstoßen wurde. Die Staatsanwaltschaft kann solche Blackbox-Daten schon heute für ihre Beweisführung nutzen. Darum muss die Autoindustrie sich darüber verständigen, welche Daten wie lange gespeichert werden sollen, 15 Sekunden oder drei Jahre.

Rechtliche Lage von Dashcams

Wie ist die Rechtslage, wenn das Auto automatisch bremst oder lenkt, etwa weil der Fahrer den notwendigen Sicherheitsabstand zum Vordermann nicht einhält oder der Mittellinie zu nahe kommt?
Das ist nach derzeitigem Recht kein Problem, weil keine personenbezogenen Daten erhoben werden. Anders ist es bei Systemen, die etwa mittels Iris-Erkennung einen Sekundenschlaf am Lenkrad verhindern sollen und den Fahrer identifizierbar machen. Da stellt sich wieder die Frage, ob und wie lange solche Daten gespeichert werden sollen.

Voll automatisiertes Fahren, etwa im Stau, ist technisch schon möglich. Auch juristisch?
Teilautomatisiertes Fahren wäre wohl kein Problem, weil der Fahrer ständig eingreifen kann. Vollautomatisches Fahren ist derzeit wohl nicht zulässig. Nicht, weil Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte verletzt werden könnten, sondern weil es mit dem Verkehrsrecht kollidiert. Hier muss der Gesetzgeber den verkehrsrechtlichen Rahmen ändern.

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