VW-ID.4-Produktion in den USA Was Chattanooga für Volkswagen so wichtig macht

Bereits seit Anfang Juli wird im Volkswagen-Werk in Chattanooga auch der Volkswagen ID.4 montiert. Nun hat VW ganz offiziell den Start der US-Produktion seines Elektro SUV bekanntgegeben. Quelle: PR

Es war das Lieblingsprojekt von Herbert Diess: Die US-Produktion von VWs Elektro-SUV ID.4 in Chattanooga startet nun offiziell und entlastet die deutschen Werke. Kann sie die massiven Lieferprobleme in den USA lindern?

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Am Flughafen von Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee wird in der Ankunftshalle bereits ganz stolz mit der Zeitenwende bei der lokalen Autoproduktion geworben. Auf einem Podest steht dort hinter einem schwarzen Absperrband ein dunkelblauer VW ID.4 mit dem Slogan „Die Zukunft in Chattanooga ist elektrisch“. Noch laufen in der 15 Autominuten entfernten Fabrik von Volkswagen fast ausschließlich Verbrenner vom Band. Der Volkswagen Atlas und Atlas Cross Sport werden hier für den amerikanischen Markt produziert. Die Fertigung des Passats endete im Januar.

Seit Anfang Juli wird hier nun aber auch der Volkswagen ID.4 montiert. Nun hat Volkswagen auch ganz offiziell den Start der US-Produktion seines Elektro-SUV bekanntgegeben. „Wir sind gerade dabei, ein neues Kapitel für Volkswagen in Amerika zu schreiben“, jubelt Thomas Schäfer, seit Kurzem weltweit für die Marke VW zuständig. Es ist nun das sechste Werk von Volkswagen, das elektrische Fahrzeuge montiert.

Eigentlich hatten sich dieses Kapitel vor allem zwei Topmanager von Volkswagen auf die Fahnen geschrieben: VW-Chef Herbert Diess wollte mit Elektroautos endlich eine ernsthafte Offensive in Nordamerika starten. In den USA sind die Wolfsburger mit gerade mal 3,7 Prozent Marktanteil ein Zwerg, selbst Honda und Nissan sind dort stärker. Diess peilte zehn Prozent Marktanteil noch in dieser Dekade an, unterstützt von 7,1 Milliarden Dollar Investitionen in neue Fabriken, Forschung und Automodelle über die nächsten fünf Jahre.

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Nordamerika-Chef Scott Keogh hatte es zumindest geschafft, Volkswagen in den USA nach vielen Jahren Verlusten wieder sanft in die schwarzen Zahlen zu steuern, auch dank dem neuen Fokus auf SUV.

Nun wird Diess von Porsche-Chef Oliver Blume an der Spitze des VW-Konzerns abgelöst. Keogh wiederum übergibt zum ersten September seine Position als Statthalter in Nordamerika an Pablo Di Si, der derzeit noch Volkswagen Südamerika führt. Keogh bleibt zumindest dem Volkswagen-Konzern erhalten. Er wird für Volkwagen ein neues Unternehmen von Grund auf aufbauen, das unter der Marke Scout elektrische Pickups in den USA auf den Markt bringen soll – bislang eine lukrative Domäne vor allem von Ford, Toyota und General Motors.

Für Keogh ergibt der Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt Sinn. Er kann für sich verbuchen, Volkswagen in den USA wieder in die schwarzen Zahlen geführt und zuvor das Image von Audi verbessert zu haben. Denn ob Volkswagen auch in diesem Jahr in Nordamerika schwarze Zahlen schreiben wird, ist fraglich. Es sei denn, man startet im zweiten Halbjahr kräftig durch. Fürs erste Halbjahr sind die Zahlen jedenfalls schlecht. Nachdem wegen Lieferproblemen schon das erste Quartal schwach war, brach die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge in Nordamerika im zweiten Quartal noch mehr ein. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum war es ein Rückgang um mehr als ein Drittel.



Bei Volkswagen beteuert man, dass sich an den noch von Keogh ausgegebenen Zielen für die Elektroautoproduktion nichts ändern wird. Bis 2030, so kündigte Keogh im Frühjahr an, sollen 55 Prozent der Verkäufe elektrische Fahrzeuge sein.

Chattanooga, wo Volkswagen vor elf Jahren die US-Autoproduktion neu startete, kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Das Werk wurde für 800 Millionen Dollar für die Elektroautoproduktion aufgerüstet, bekam außerdem eine eigene Akku-Montage sowie ein Batterietestzentrum. Die Akkus stammen vom koreanischen Zulieferer SK Innovation, der rund 240 Kilometer weiter südlich ein neues Batteriewerk errichtet hat.

VWs Ziele für die Elektro-Offensive in den USA sind klar definiert: Im vierten Quartal soll die ID.4-Produktion auf 7000 Fahrzeuge pro Monate ausgeweitet werden, um 2023 eine Jahresproduktion von bis zu 100.000 Fahrzeugen zu erreichen. Seit dem Start im vergangenen Jahr hat Volkswagen in den USA knapp 22.000 ID.4s aus deutscher Produktion verkauft. Die ersten in Amerika gefertigten ID.4 sollen im Oktober ausgeliefert werden.

VW braucht sie unbedingt. Bislang stammten die ID.4 auf amerikanischen Straßen aus dem VW-Werk in Zwickau. Doch das kann nicht genug liefern, um die weltweite Nachfrage zu stillen. Europa hatte hier Priorität, die USA spielten nur die zweite Geige.

Im zweiten Quartal konnte Volkswagen so in den USA gerade mal 1660 ID.4s ausliefern – satte 71 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei sollen mehrere zehntausend Bestellungen vorliegen. Und während VW im ersten Halbjahr weltweit 27 Prozent mehr elektrische Fahrzeuge ausliefern konnte, ging die Zahl nur in einer Region zurück: in den USA.

Mittlerweile ist der Wettbewerb stärker geworden, vor allem Hyundai-Kia drängt auf den US-Markt. Die bisherige Variante mit 82-kWh-Akku zum Startpreis von 41.000 Dollar soll deshalb noch in diesem Jahr mit einem 62-kWh-Akku ergänzt werden. Die geringere Kapazität wird die Reichweite von derzeit 440 Kilometern auf vermutlich 320 Kilometer verringern.

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Aber dafür kann Volkswagen voraussichtlich einen Preis von um die 35.000 Dollar plus Steuern aufrufen. Weil man in den USA im Gegensatz zu Tesla und General Motors noch die volle Steuerförderung bekommt, senkt das den Preis für die Käufer auf unter 30.000 Dollar. Im zweiten Halbjahr muss Volkswagen in den USA jedenfalls kräftig auf die Tube drücken, um die noch von Diess postulierte amerikanische Offensive auch umzusetzen.

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