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Elektromobilität Deutsche E-Autos gehen nach Fernost

Die Deutschen zählen weltweit zu den wichtigsten Herstellern stromgetriebener Autos, gleichzeitig aber zu den zögerlichsten Käufern. Wie gut, dass es China gibt.

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Ein Elektroauto von Mercedes Quelle: dpa

Die Auswahl an E- und Hybridmodellen, die VW, BMW, Audi und Mercedes anbieten, wächst enorm, auch in diesem Jahr. Doch auf großes Interesse bei den Deutschen stoßen die Stromer nicht.

Kein Grund zur Sorge, sagt Christian Malorny, Experte für E-Mobilität bei der Unternehmensberatung McKinsey: „Deutschland ist kein Leitmarkt, aber ein Leitanbieter von E-Fahrzeugen. Bei aller Kritik am langsamen Vorankommen der E-Mobilität in Deutschland darf man nicht vergessen: Drei Viertel aller Autos aus deutscher Produktion gehen in den Export.“ Die vielen Hybridmodelle, die etwa Mercedes für die nächste Zeit angekündigt habe, sicherten also deutsche Arbeitsplätze, vor allem für Ingenieure.

Die Unterscheidung zwischen „Leitmarkt“ und „Leitanbieter“ ist kein akademisches Geplänkel, sondern ein offener Affront gegen die Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel. Die hatte vor knapp fünf Jahren proklamiert, Deutschland solle weltweit zum „Leitmarkt“ für Elektromobilität werden, also eine führende Nation bei Produktion und Einsatz von Elektroautos. Dazu berief Merkel sogar eine Nationale Plattform Elektromobilität ein. Das Megagremium aus Experten und Unternehmensvertretern sollte helfen, dass im Jahr 2020 eine Million E-Mobile auf deutschen Straßen fahren.

Die größten Hersteller von Elektroautos in Deutschland

Doch je mehr Zeit ins Land geht, desto klarer erweist sich sowohl dieses Ziel als auch die ganze Politplattform als Irrung. Das zeigt der neu gefasste Elektromobilitätsindex EVI, den McKinsey regelmäßig exklusiv für die WirtschaftsWoche erstellt. Denn das Ranking erfasst künftig getrennt den Markt für Elektroautos in einem Land, also den Absatz. Parallel dazu wird gemessen, wie groß die Produktion von E-Autos ist. Bisher ergab dies einen einzigen Wert, um festzustellen, welches Land sich zum Leitmarkt entwickelt.

Doch diese Rechnung verdeckt wichtige Entwicklungen. Erstens ist Deutschland eine gespaltene Nation und liegt beim Einsatz der Elektroautos abgeschlagen auf Platz elf. Gleichzeitig haben deutsche Hersteller bei der Produktion aber China überholt und rangieren auf Platz zwei hinter Japan, sind also Weltspitze.

Zweitens zeigt China, wie der Staat E-Mobilität durch massive Förderung beschleunigen kann. Das Land ist deswegen bei der Nachfrage nach E-Autos vom neunten auf den sechsten Platz gesprungen. Grund dafür ist der Fünfjahresplan, der vorsieht, dass bis Ende 2015 eine halbe Million und 2020 fünf Millionen Autos mit Elektro- und Hybridantrieb auf Chinas Straßen unterwegs sind. Bisher sind es nur 39.000. Gleichzeitig stellen die Zentral- und Regionalprovinzen ihre Fuhrparks um. Von 2016 an sollen jährlich 30 Prozent aller rund 550.000 Regierungsfahrzeuge durch E-Mobile ersetzt werden.

„Dieses Ziel wird die lokale Fertigung von E-Autos signifikant erhöhen“, ist Malorny sicher. Hinzu kommt ein Schwenk der Regierung, den Autoverkehr künftig auch mithilfe der Ausländer zu elektrifizieren. „Die chinesische Regierung hat weitestgehend ihre strikte Haltung aufgegeben, inländische Hersteller mit eigenen E-Modellen aufbauen zu wollen“, sagt der McKinsey-Berater.

Drittens kommen dadurch auch deutsche Fabrikate in den Genuss von Zuschüssen, Steuervergünstigungen sowie von Privilegien im Straßenverkehr in Megacitys wie Shanghai und Peking. Das zeigt das Beispiel Daimler. Der Stuttgarter Autobauer entwickelte mit dem chinesischen Partner BYD das Elektroauto Denza. Der Kompaktvan kostet umgerechnet rund 45.700 Euro. Alle staatlichen Förderungen eingerechnet muss ein Käufer jedoch nur 17.700 Euro bezahlen – macht Vergünstigungen im Wert von 28.000 Euro.

Experten glauben deshalb, dass China die westlichen Hersteller benötigt und dass die deutschen Autobauer China brauchen, um bei ihren teuren Elektro- und Hybridautos auf relevante Stückzahlen zu kommen. Dass BMW, VW oder Tesla ihre E-Autos in Zukunft auch in China produzieren, ist für manche nur eine Frage der Zeit – und für deutsche Politiker das endgültige Ende des Traums vom „Leitmarkt“ für Elektromobilität.

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