Für ganz so drastisch hält Achim Marten vom ivm das Gewichtsproblem nicht: „Technisch erreichen die bisherigen Elektro-Motorräder im Schnitt zwar noch nicht die Reichweite eines herkömmlichen Verbrenners, doch ganz weit entfernt sind sie davon nicht“, erklärt Marten. „Immerhin wird der komplette Verbrennungsmotor, der bei sehr großen Maschinen durchaus ein Gewicht von 100 Kilo haben kann, durch einen Batteriespeicher ersetzt.“
Die Freeride E-XC von KTM soll mit einer vollgeladenen Batterie lediglich 55 Kilometer weit fahren können. Deutlich weniger als das Modell von Harley-Davidson. Doch mit einem Basispreis von 7695 Euro ist die Freeride E-XC auch deutlich günstiger. „Für den Überlandverkehr ist die Reichweite bislang einfach noch zu wenig. Für einen Hobbyfahrer im Gelände reicht der Akku aber schon für mehr als eine Stunde Fahrzeit und das macht auch richtig viel Spaß“, sagt Habsburg.
Neben dem Gewicht bereitet den Herstellern vor allem der Preis der Lithium-Ionen-Batterien wirtschaftliche Bedenken. „Bei der Elektromobilität sind die Margen durch hohe Investitionen generell viel geringer. Und deshalb gehe ich davon aus, dass zurzeit noch kein Hersteller mit einem elektrischen Modell großes Geld verdient“, erklärt Habsburg. Das betrifft auch KTM mit der Freeride E-XC: Diese sei eine „in relativ überschaubarer Stückzahl gefertigte Initialentwicklung“, mit der KTM noch kein Geld verdiene.
Doch durch diese erste Erfahrung in der Elektromobilität will der österreichische Hersteller vorbereitet sein. „Durch den technischen Fortschritt und künftige Regularien wird auch das Motorrad in Zukunft fast ausschließlich elektrisch angetrieben werden, davon gehen auch wir aus. Bis es so weit ist, werden allerdings noch einige Jahre, gar Jahrzehnte vergehen“, erklärt Habsburg.
Was noch nicht ist, das kann noch werden
Und es kann nicht schaden, vorbereitet zu sein. Denn neben Harley-Davidson und KTM gibt es andere Hersteller, die an elektrischen Motorrädern tüfteln. Der erst 2006 gegründete US-amerikanische Motorradbauer Zero Motorcycles hat sich sogar komplett auf Elektro-Motorräder spezialisiert und will im Februar das nächste E-Modell auf den Markt bringen. Den Kunden verspricht Zero „flüssiges Fahren ohne Flüssigkeiten“. 2017 verkaufte Zero 145 der hauseigenen E-Motorräder in Deutschland. Zum Vergleich: BMW setzte im selben Jahr knapp 25.000 Motorräder in Deutschland ab – fast ausschließlich Verbrenner, versteht sich.
Das schwedisch-amerikanische Start-up Tarform will Ende 2019 ein E-Motorrad auf den Markt bringen, das online vorbestellt werden kann. Und dort in Videoausschnitten und dunklen Fotos rudimentär präsentiert wird. So sollen die Kaufinteressenten neugierig gemacht werden. Im Gegensatz zu den Modellen von Harley-Davidson und KTM kommt das mit KI ausgestattete und teilweise im 3D-Drucker entstandene Motorrad des Start-ups im Retro-Look daher.
Noch ist die Konkurrenz des Verbrenner-Kraftrads in einer Nische unterwegs. Doch in ein paar Jahren könnten die E-Motorräder dank des Engagements großer Hersteller wie Harley-Davidson oder KTM auf der Landstraße immer häufiger an ihren laut knatternden Vorgängern vorbeiziehen. Das wäre zumindest zeitgemäß.