Im Gegensatz zum strengen Regelwerk der Formel 1 gibt es in der WEC außer der Hybrid-Pflicht nur noch eine weitere Vorschrift für den Antrieb: Die maximale Energiemenge pro Runde ist begrenzt. So wollen die Veranstalter die Leistung der Boliden unter Kontrolle halten. Das offene Regelwerk hat einen unschlagbaren Vorteil: In keiner anderen Automobil-Weltmeisterschaft ist die technische Vielfalt so groß.
Seit 2006 haben in Le Mans trotz dieser Vielfalt nur Autos mit Dieselmotor gewonnen. Mit einer Ausnahme – 2009 gewann Peugeot – gingen alle Diesel-Siege an Audi. Dennoch setzt die Konkurrenz weiter auf Benzin – mal als kleiner Vierzylinder-Turbo, mal als großer V8-Saugmotor.
Fun Facts zu den 24 Stunden von Le Mans
Große Teile des Filme „Le Mans“ entstanden während der 24 Stunden von 1970. Dafür wurde ein am Rennen teilnehmender Porsche mit Kameras bestückt und unter anderem von Steve McQueen gefahren. Durch die Wechsel der Filmrollen verlor der Wagen allerdings viel Zeit und wurde nicht gewertet.
2010 legte das Fahrer-Trio Timo Bernhard, Romain Dumas und Mike Rockefeller in einem Audi R15 TDI Plus binnen 24 Stunden eine Strecke von 5.410,71 Kilometer zurück.
Tony Maggs erwischte es 1964 eiskalt. Nachdem sein Team in der Box versuchte, die Vergaser seines 12-Zylinders mit Eis zu kühlen, fielen einige der Brocken davon ins Cockpit und verklemmten sich zwischen den Pedalen. Dadurch zog sich der Südafrikaner während des Rennens Erfrierungen an den Füßen zu – im Juni.
Mit Odette Siko und Marguerite Mareuse ging 1930 zum ersten Mal ein Damenduo an den Start und erreichte den siebten Platz in der Gesamtwertung. 1932 fuhr Odette Siko sogar auf Rang Vier, die beste Platzierung, die jemals eine Frau in Le Mans schaffte.
Dan Gurny führte 1967 ein heute nicht mehr wegzudenkendes Ritual bei der Siegerehrung ein: Der US-Amerikaner war der Erste, der trunken vor Siegerglück Champagner auf dem Siegerpodest versprühte.
Beim ersten Rennen 1923 wurde der Tank des Bentleys von John Duff durchschlagen und lief leer. Der Kanadier rannte zum nächsten Fernsprecher und rief in der Box an. Dort borgte man sich ein Fahrrad, fixierte zwei Kanister Benzin darauf und radelte zum gestrandeten Fahrzeug. Nach dem Auftanken erreichte der Bentley sogar noch das Ziel.
1988 hatte der Fahrer Roger Dorchy auf der Ligne Droite des Hunaudières zeitweise 405 km/h auf dem Tacho, die höchste, jemals auf dieser Strecke gemessene Geschwindigkeit. Das wird wohl auch so bleiben. Seit 1990 verhindern zwei Schikanen eine ähnlich hohe Tempofahrt.
Eine große Herausforderung für die Ingenieure und Rennfahrer: Die Abstimmung der Sportwagen auf einen Kurs, der - anders als andere Rennstrecken - nur zwei Mal im Jahr befahren werden kann – am einzigen offiziellen Testtag (14 Tage vor dem Rennen) und in der Rennwoche.
Der erfolgreichste Fahrer seit Beginn des Langstreckenrennens ist Tom Kristensen. Der Däne sah zwischen 1997 und 2008 insgesamt acht Mal nach 24 Stunden als erster die schwarz-weiß karierte Zielflagge.
Er sagt über Le Mans: „Du fährst mehr Kilometer in einem Rennen als die Formel 1 in einer Saison, und wir fahren sie mit einer höheren Durchschnittsgeschwindigkeit.“
1963 stattet man die drei Ferrari des Werksteams aus Maranello mit ungewöhnlichem Equipment aus: Alle Wagen führten eine Schaufel und Holzplatten in der Beifahrertür mit, da sie alle im Training in der gefürchteten Sandbank der Kurve von Mulsanne stecken geblieben waren.
Legendär war der 1925 eingeführte Le-Mans-Start: Die Fahrer sprinteten quer über die Fahrbahn zu den gegenüber aufgereihten Boliden. Nach Einführung der Sicherheitsgurte 1969 wollten einige Fahrer diesen Startmodus ändern. Allen voran Jacky Ickx. Der demonstrierte seinen Unmut durch demonstratives Schlendern – und gewann am Ende trotzdem. 1970 starteten die Fahrer sitzend in ihren Fahrzeugen mit stehendem Motor. Seit 1971 beginnen die 24 Stunden mit fliegenden Start.
1955 war ein schwarzer Tag für Fahrer, Fans und Veranstalter. Auf der Zielgeraden raste der Franzose Levegh auf das Heck des vor ihm fahrenden Briten Macklin auf Austin-Healey 100. Leveghs Mercedes 300 SLR hob ab und überschlug sich. Dabei wurden u.a. Motorhaube und Frontachse in die Zuschauertribüne geschleudert. 84 Menschen kamen ums Leben. Es war der schwerste Unfall der Motorsportgeschichte.
1975 gab es bei der Startaufstellung ein ziemliches Hin und Her. das nutzte das Ortega Ecuador Marlboro Team für einen der dreistesten Vorfälle von Le Mans: Die Südamerikaner schickten ihren Wagen aus der Boxengasse auf die Strecke. Erst nach drei Runden wurde er wieder aus dem Rennen genommen. Das Team hatte sich für das Rennen gar nicht qualifiziert.
Das wohl radikalste Konzept hat dabei Porsche gewählt. Der Benzinmotor des 919 Hybrid ist mit gerade einmal zwei Litern Hubraum kleiner als in vielen Straßenautos. Dank zweier Turbolader kommt der Porsche trotzdem noch auf deutlich über 500 PS. Mit der Zusatz-Power des Elektromotors spricht Porsche von „rund 1000 PS“. Berechnungen des Konkurrenten Toyota haben aber ergeben, dass der 919 sogar bis zu 1300 PS leisten kann.
Trotz der extremen Leistungsdaten muss der 919 Hybrid mit 4,76 Litern Kraftstoff für eine 13,629 km lange Runde in Le Mans auskommen. Hochgerechnet auf die für Straßenautos übliche Angabe kommt der Rennwagen so auf rund 35 Liter pro 100 Kilometer – bei Vollgas, wohlgemerkt. So mancher Straßensportwagen verbraucht bei der schnellen Fahrt über die Rennstrecke mehr. Und ist dabei deutlich langsamer.
Strom für drei Monate
Wird das Rennen nicht von Unfällen oder Regen verlangsamt, kann der Antrieb eines 919 während der 24 Stunden bis zu 1000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Das reicht aus, um ein Einfamilienhaus fast ein Vierteljahr mit Strom zu versorgen oder mit einem Straßen-Elektroauto mehr als 6000 Kilometer zu fahren.
Nicht nur wegen solcher Zahlen misst Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz dem Antrieb des 919 die größte Bedeutung für Serienautos bei. „Bei der Batterie sind wir durch das LMP1-Programm in Leistungsdichten vorgestoßen, die wir sonst kaum kennengelernt hätten“, sagt Hatz. „Das heißt nicht, dass wir das 1:1 in die Serie übertragen können, denn da spielt die elektrische Reichweite gegenüber dem Zuwachs an Performance noch die dominierende Rolle. Aber durch den ungeheuren Leistungsdruck in dieser Topliga lernen wir unglaublich viel in sehr kurzer Zeit.“