Wäre es nach der „Operation Unicorn“ gegangen, würde die verstorbene Queen Elizabeth II. noch einmal Zug fahren. Der Royal Train, so sah es das im Vorfeld gefertigte Protokoll des Königshauses vor, hätte den Sarg von Edinburgh nach London bringen sollen. Der Zug sollte langsam fahren, damit die Landsleute an der Strecke Abschied nehmen könnten. Andere Züge im öffentlichen Personenverkehr und Güterbahnen hätten für die letzte Zugfahrt der Queen weichen müssen. Der „Guardian“ berichtet außerdem, dass ein „Sweeper“-Zug hinter dem Royal Train hätte hinterherfahren sollen, um die Gleise von möglichen Trauerbeigaben freizuräumen.
Es kam jedoch anders. Der Sarg der verstorbenen Monarchin wurde per Flugzeug nach London gebracht. Ein möglicher Grund: Die Sicherung der Strecke wäre aufwendig und teuer – und so nahm der Königshof wohl Abstand von den Plänen.
Die Entscheidung dürfte auch bei der Deutschen Bahn genau verfolgt worden sein. Denn sie betreibt die purpurnen Lokomotiven des Royal Train. Seitdem der Berliner Staatskonzern 2007 die britische Güterbahn English, Welsh & Scottish Railway (EWS) übernommen hat, gab es im Beifang die Loks des Royal Train dazu. Sie ziehen dann die königlichen Schlaf- und Speisewagen, die laut „Yorkshire Post“ dem Schienennetzbetreiber Network Rail gehören.
Ursprünglich gehörten deutlich mehr Wagen zum Inventar des Royal Train, doch einige wurden verschrottet oder für den öffentlichen Personenverkehr zur Verfügung gestellt. In maximaler Länge käme der Royal Train heute auf neun Wagen – darunter Speisewagen mit Küche, Personalschlafwagen und Gepäckabteile sowie je ein Schlaf- und Salonwagen für die Royals.
Die königliche Zugflotte hat einen nahezu mythischen Status in Großbritannien. Frühere Monarchen haben die Waggons regelmäßig für Fahrten innerhalb von England und Schottland genutzt. Inzwischen wird der Zug vom Königshaus nur noch bei Bedarf angemietet. Die Güterbahn DB Cargo UK nutzt die beiden Diesel-Loks auch für sonstige Aufträge als Zugmaschinen – etwa wenn Züge abgeschleppt werden müssen oder für die Lokführerausbildung. Laut „Yorkshire Post“ haben die Loks sogar auch je einen Namen: Queen’s Messenger und Royal Sovereign.
Die königlichen Wagen des Royal Trains werden in einem Depot nahe Milton Keynes geparkt und gewartet. Sie stammen aus den Jahren 1977 bis 1987. Angeblich dürften nur sehr erfahrene Lokführer den Zug fahren. Sie müssten in der Lage sein, den Zug innerhalb von gut 15 Zentimetern eines vorgesehenen Punktes anzuhalten.
Die Deutsche Bahn will sich auf Anfrage nicht zu ihrer Aufgabe als Betreiber des Royal Train äußern. Der neue König, Charles III., gilt als Klimaschützer und leidenschaftlicher Eisenbahnfreund. Gut möglich, dass er den Royal Train öfters buchen wird. Andererseits ist der Zug mit seinen Diesel-Loks alles andere als CO2-frei unterwegs.
Für die Deutsche Bahn zahlt der Zug jedenfalls weiterhin aufs Image ein – zumindest in Großbritannien. Dort darf die Tochter der Deutschen Bahn als offizieller „Betreiber des Royal Train“ für sich werben. Das britische Königshaus verleiht DB Cargo UK eine „royales Berechtigungszertifikat“ („royal warrant“). DB Cargo UK sagt dazu: „Wir sind immens stolz darauf, die Ermächtigung für den Betrieb des Royal Train zu halten.“
Viel geblieben ist von den Traditionen der Vergangenheit aber nicht mehr. Frühere Monarchen wurden mit viel Tamtam nach Zugfahrten im Royal Train an den Bahnhöfen empfangen. Heute soll bei Ankunft und Abfahrt noch ein roter Teppich auf dem Bahnsteig ausgelegt werden.
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