Grüner Pionier Endlich bezahlbare E-Autos

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VIP-Service für alle

Aber er weiß, dass diese Autos zu groß, zu schwer und zu teuer sind. Viel sinnvoller aus Tomfordes Sicht wäre: ein Fahrzeug für die Strecke, die man am häufigsten fährt, und darüber hinaus für Urlaub oder den Möbeltransport ein intelligentes Carsharing. Der Kunde kauft sich, so sein Plan, ein Punktekontingent. Für ein Cabrio im Sommer werden mehr Punkte abgezogen als für einen Kleinwagen. Und das Unternehmen stellt die Autos vor die Haustüre und holt sie ab. „Mal ehrlich, auf diese Art von VIP-Service stehen wir doch alle, oder?“

Noch sind solche Ideen rar. Doch die Langsamkeit der Branche könnte bald bestraft werden: Finanzkräftige IT-Konzerne, frei vom Ballast bestehender Fabriken und konventioneller Fertigungsmethoden, Materialien und Antriebe, drohen die etablierten Anbieter zu überholen. So kauft Google schon seit zwei Jahren Experten für die Vernetzung von Mobilität vom Markt.

Auch Tomforde denkt beim Thema Vernetzung gerne groß. Neuartige Autos und das Verknüpfen der Verkehrsträger reichen noch lange nicht aus, um wirklich nachhaltige Mobilität zu schaffen. Schon heute können etwa Sonnen- und Windstrom nicht ausreichend gespeichert werden.

Die Elektromobilität kann eine Art Ventil sein für diesen Energieüberschuss, glaubt der Techniker. Autobatterien sind kostspielig und werden weiter teuer bleiben, also „müssen wir die Akkus nutzen, wenn das Fahrzeug steht“. Und die meisten Fahrzeuge stehen im Schnitt 23 Stunden pro Tag.

Sensible Kämpfernatur

Ideen, die kaum in große Konzerne passen. Diese Lehre zog der Visionär aus der Smart-Vergangenheit. Der Schweizer Uhrenmilliardär Nicolas Hayek (Swatch) mit dem Siegerimage rührte zwar 1992 kräftig die Werbetrommel für ein kleines preiswertes Stadtauto. Und Tomforde leitete dann das Projekt Mercedes City Car (MCC). Aber es stand unter keinem guten Stern. 1997 kippte ein Smart beim Elchtest spektakulär um.

1998 kam der Smart zwar endlich auf den Markt, eine echte Erfolgsgeschichte ist er aber bis heute nicht. Der Zweisitzer war mit einem Grundpreis von mehr als 8000 Euro zu teuer, verbrauchte zu viel Treibstoff und hatte eine ruppige Automatik. Der neue Daimler-Chef Jürgen Schrempp feuerte bereits Ende 1997 die gesamte Führungscrew – einschließlich Tomforde. „Das hat ihn tief getroffen“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter.

„Aber letztlich war er schon länger unglücklich mit der Art der Smart-Entwicklung und war sicher froh, dass es zu Ende war“, glaubt Designkollege Paolo Tumminelli von der Köln International School of Design.

Tomforde ist eine sensible Kämpfernatur. Deshalb arbeitet er auch im Pensionsalter beharrlich für seine Vision des nachhaltigen Verkehrs – vielleicht auch, weil der Smart nicht so geworden ist, wie er es einst wollte. Und wenn er zwischendurch an der Dickfelligkeit der etablierten Unternehmen verzweifelt, zieht es ihn aus der schwäbischen Provinz Stuttgart nach Hamburg, „um ein wenig Weltstadtflair zu atmen und neue Ideen zu bekommen“.

Auf seinem Segelboot auf der Elbe, sagte er, kommen die besten.

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