Honda Insight Hybrid Honda will mit einem Volks-Hybrid zum Dieseljäger werden

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Toyota Prius

Über das Zusammenspiel der beiden Antriebseinheiten informiert den Fahrer ein Display im Armaturenbrett. Auf Knopfdruck lässt sich der aktuelle Kraftfluss darstellen – man erfährt, ob gerade der Elektro- oder der Verbrennungsmotor arbeitet, ob Bremsenergie im Schiebebetrieb in die Batterie zurückfließt – aber auch, wie schnell sich der Akku bei Vollgas auf der Autobahn leert.

Startet man den 1,3 Liter-Vierzylinder (88 PS), schnurrt der Motor leise los. Elektrisch und geräuschlos anfahren wie der Toyota Prius kann der Insight nicht: Dafür bräuchte der Honda einen stärkeren Elektromotor und vor allem leistungsfähigere Batterien mit einer höheren Speicherkapazität.

Das ist die große Herausforderung, an der Autobauer und Zulieferer in aller Welt arbeiten. Statt der heute gebräuchlichen Nickel-Metallhydrid-Speicher sollen künftig die stärkeren und kleineren Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz kommen, die in Laptops und Handys bereits Standard sind, beim Einsatz im Auto aber noch große Sicherheitsprobleme aufwerfen: „Mit den Dingern ist nicht zu spaßen – eine so hohe Energiedichte will beherrscht sein“, warnt VW-Chef Martin Winterkorn. Auch lässt die Standfestigkeit der teuren Hochleistungs-Akkus noch zu wünschen übrig.

Normverbräuche haben mit der Realität nichts gemein

Während Handy-Akkus in der Regel nach zwei Jahren ausgetauscht werden, müssen die Batterien in Hybrid- oder Elektroautos mindestens zehn Jahre Dienst tun. Toyota fordert von seinen Lieferanten sogar eine Lebensdauer von 15 Jahren. „Den Tausch einer Batterie schon nach wenigen Jahren zum Preis eines Kleinwagens würde kein Kunde akzeptieren“, sagt Daimler-Forschungschef Herbert Kohler.

Mercedes-Ingenieure gehen davon aus, dass eine Lithium-Ionen-Batterie, mit der rein elektrisch gefahren werden kann, im Moment noch rund 15.000 Euro kostet. Die erste deutlich kleinere Version bauen die Stuttgarter in den neuen S 400 Hybrid ein, der im Sommer präsentiert wird. Auch von dem Ziel, das VW-Chefentwickler Ulrich Hackenberg formuliert, sind die Hersteller noch weit entfernt: „Unser Anspruch ist, dem Kunden eine sichere Serienlösung mit 120 Kilometer Mindest-Reichweite zu bieten.“

Mit einem Nickel-Metallhydrid-Akku ist so etwas nicht zu schaffen. Immerhin verhilft der Elektroantrieb dem Honda Insight zu einem flotten Antritt. Das ist dem Elektromotor zu verdanken, der dem Ottomotor unter die Arme greift („Boost-Effekt“). Das Antriebs-Duo leistet 98 PS und sorgt für eine Spitzengeschwindigkeit von immerhin 182 Kilometer pro Stunde.

Damit dem Fahrer nicht die Pferde durchgehen, hat Honda einen pfiffigen Öko-Trainer in den Bordcomputer hineinprogrammiert. Der elektronische Besserwisser analysiert permanent die Fahrwerte, tadelt den Sprit-Verschwender und lobt den defensiven Fahrer. Der Verkaufsprospekt verspricht einen Durchschnittsverbrauch von 4,4 Liter Superbenzin im sogenannten ECE-Zyklus. Das wäre ein halber Liter mehr, als der neue teurere Prius braucht, aber fast genauso wenig wie der VW Golf Diesel, der sich in der Version mit 110 PS mit 4,5 Liter Sprit begnügt. Zumindest auf dem Rollenprüfstand. Doch Normverbräuche haben mit der Realität nichts gemein. Das zeigt auch die erste Ausfahrt mit dem Insight.

Mercedes S400 Bluehybrid

Denn am Ende der Tour in konventioneller Fahrweise steht laut Bordcomputer ein Durchschnittsverbrauch von 6,8 Litern – wir hatten vergessen, den grünen Knopf „Econ“ zu drücken und damit den Öko-Trainer zu aktivieren. Die Elektronik dämpft dann allzu hektisches Gasgeben und schwört alle Bordsysteme auf einen strikten Sparkurs ein. An der Ampel geht nun mit dem Motor auch die Klimaanlage aus.

Und der Tacho wird zum Gameboy: Je nach Fahrweise wechselt die digitale Geschwindigkeitsanzeige zwischen grün für Sparsamkeit und blau für Bleifuß. Außerdem sprießen beim sensiblen Umgang mit dem Gaspedal auf dem Display immer mehr virtuelle Blümchen – die bei unökonomischer Fahrweise verwelken. Wer dauerhaft sparsam fährt, bekommt einen Öko-Pokal. Der Blick auf die Anzeige und das Öko-Training zeigt Wirkung: Die Verbrauchsanzeige sinkt nach und nach auf 5,4 Liter.

Alles nur Spielerei? „Wir wissen aus Untersuchungen, dass bei drei Fahrern, die dieselbe Strecke mit 30 Kilometer pro Stunde fahren, die Unterschiede im Spritverbrauch bei über 20 Prozent liegen können“, sagt der Honda-Ingenieur Yamamoto. Mit Studien kann er dies zwar nicht belegen. Weil sich aber schon viele Hybridkäufer bei den Herstellern darüber beklagt haben, dass ihre Autos im Alltag einen viel höheren Kraftstoffverbrauch haben als im Prospekt ausgewiesen, hat Honda im vergangenen Jahr zusammen mit dem ADAC ein Fahrertraining angeboten.

Ergebnis: Die Teilnehmer verbrauchten bis zu einem Viertel weniger Sprit. Deshalb wurde ein Öko-Trainer zur Standardausstattung des Insight.

Insight als tauglicher Dieseljäger?

Honda setzt große Hoffnungen auf den Hybridantrieb. Weltweit sollen allein vom Insight jährlich 200.000 Exemplare verkauft werden, 5000 sollen noch im laufenden Jahr in Deutschland abgesetzt werden. Und die Hybridoffensive von Honda geht weiter: Schon im nächsten Jahr soll es einen Hybridsportwagen geben, 2011 auch den Mini-Van Jazz mit Hybridantrieb.

Taugt der Insight jetzt schon zum Dieseljäger? Immerhin geht der Insight ähnlich sparsam mit den Ressourcen um wie ein vergleichbar großer Kompaktwagen mit Dieselmotor. Dafür ist ein Benziner prinzipiell klimafreundlicher: Denn je Liter Kraftstoff werden beim Selbstzünder wegen der höheren Dichte des Dieselkraftstoffs rund elf Prozent mehr Kohlendioxid durch den Auspuff in die Luft geblasen. So stößt ein Dieselmotor, der im Durchschnitt 5,9 Liter Sprit je 100 Kilometer verbraucht, 158 Gramm CO2 pro Kilometer aus; ein Benziner mit dem gleichen Durchschnittsverbrauch emittiert lediglich 139 Gramm CO2 pro Kilometer. Zudem verschlechtern der Ausstoß von Rußpartikeln sowie die höheren Stickoxid- und Kohlenwasserstoff-Werte die Umweltbilanz des Selbstzünders.

Mit höherem Drehmoment und leistungsfähigeren Batterien könnten Hybridautos also zu einer ernsten Gefahr für die bislang so erfolgreichen Dieselfahrzeuge werden. Zumal die wegen der aufwendigen Einspritztechnik und Abgasreinigung teuer in der Herstellung sind.

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