Induktives Laden Strom im Beton

Straßen: Noch fahren die Autos darüber - werden sie künftig dabei aufgeladen? Quelle: dpa

Ein Münchner Start-up hat elektrisch leitfähigen Beton entwickelt. Der könnte bald helfen, Autos, Busse und Nutzfahrzeuge mit Batterieantrieb schnell und unkompliziert aufzuladen. Sogar während der Fahrt.

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Im Frühsommer wollte Birgit Maier, 41, von München nach Nordhessen fahren. Und zwar mit ihrem E-Auto. Bei Würzburg war der Akku zu 90 Prozent geleert, doch die Ladesäule ließ sich nicht freischalten. Bis zu einer anderen konnte sie mit ihren 40 Kilometern Restreichweite nicht mehr gelangen. Der ADAC schleppte den schicken E-Wagen bayrischer Provenienz schließlich in die nächste Werkstatt, wo der Kfz-Meister ihn an seiner Steckdose lud – nicht ohne über die seiner Meinung nach „eh noch nicht alltagstauglichen Batterieaustos“ zu lästern.

Zwar wächst die Zahl der Ladesäulen rasant, vor allem entlang der Schnellstraßen und Autobahnen. Seit Anfang 2018 hat sich die Zahl der Ladestationen in Deutschland mehr als verdoppelt, von 6800 auf 16.600. Doch die Deutschen fahren im Schnitt nur 37 Kilometer pro Tag mit ihrem Auto; und zwar vorwiegend in der Stadt. Die meiste Zeit, fast 23 Stunden am Tag, parken sie. Und „wer in Hamburg oder München ohne Garage zur Miete wohnt, möchte bestimmt nicht jedes Mal extra rausfahren auf einen Autobahnparkplatz, nur um dort Strom zu tanken, wenn sich der Akku leert“, sagt Stefan Bratzel, Professor am Center for Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Fortschritte beim Ladetempo und damit auch bei der Alltagstauglichkeit versprechen sich Beobachter vom so genannten induktiven Laden. Das würde die E-Autos vom lästigen Kabel befreien. Über eine Metall-Spule im Fahrzeugboden und eine weitere Spule in der Erde wird dabei ein Magnetfeld erzeugt, über das der Lade-Strom ins Fahrzeug gelangt – ohne dass die beiden Teile sich berühren. Das funktioniert bereits für Mobiltelefone oder für Tablets. Beim berührungslosen Laden des E-Autos wird das Fahrzeug einfach auf eine Ladespule gestellt, die im Boden verankert ist. Computer im Fahrzeug erkennen das – und starten automatisch den Tankvorgang.

Bisher teuer und anfällig

Schon seit einigen Jahren experimentieren Autoindustrie, Verkehrsbetriebe und Stromversorger mit der Technologie. Einen breiten Durchbruch am Massenmarkt geschafft hat sie bisher aber nicht. „Das lag an einigen Kinderkrankheiten, die nun aber nach und nach behoben werden“, sagt Richard Gould, Manager beim Automobilzulieferer Intis aus dem niedersächsischen Lathen.

Zum Beispiel war die Leistung, die drahtlos übertragen werden kann, bisher auf wenige Kilowatt begrenzt. Auch mussten die beiden Spulen – die im Auto und die im Boden – zentimetergenau übereinander platziert werden. Eine Präzision, die ein menschlicher Fahrer kaum schafft, sodass die Technik auf teilautonome Fahrzeuge begrenzt blieb. Die Spulen waren zudem teuer. Und vor allem anfällig. „Sie bestehen aus einem magnetisierbaren keramischen Material, müssen als kleine Fliesen aneinandergeklebt werden, so dass die Spulen leicht brechen“, sagt Mauricio Esguerra, CEO und Gründer des Münchner Start-ups Magment. Intis hat die Ladeleistungen inzwischen auf 22 Kilowatt (KW) erhöht und experimentiert mit 60 KW. Das würde Ladetempi wie mit einem Kabel ermöglicht.

Vor allem Verkehrsbetriebe interessieren sich für die Technik: Busse fahren im Gegensatz zum privaten Pkw meist die immer selbe Strecke. Und die Disponenten der Betreiber wissen ganz genau, wo ihre Busse wie lange halten oder parken. Mittels induktiven Ladens könnten die Busse also immer einen kleinen Teil Strom nachladen, wenn sie gerade sowieso stehen. Der Lithium-Ionen-Akkutechnik kommt das entgegen, denn die Akkus laden besonders effizient, wenn sie nicht ganz leer gefahren werden, sondern immer nur geringe Strommengen nachladen, dafür aber oft.

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