Ein Mercedes mit einer 300 im Namen. Da werden Erinnerungen an Legenden aus Stuttgart-Untertürkheim wach. Die ersten Repräsentationslimousine nach dem Zweiten Weltkrieg war der Mercedes 300. Ebenso unvergessen sind der 300 SE, auch als „Heckflosse“ bekannt und natürlich der Flügeltürer 300 SL, die Sportwagen-Ikone seiner Zeit.
Jetzt steht wieder ein 300er Mercedes auf dem Parkplatz. Mit seinen namensgebenden Vorgängern hat der neue Wagen nur noch den Stern auf der Haube gemein, die 300 steht längst nicht mehr für einen 3-Liter-Motor. Waren die historischen 300er allesamt Statussymbole seiner Zeit, die in Sachen Luxus oder Leistung neue Maßstäbe setzten, soll der C 300 h vor allem eines sein: ein Sparmobil.
Verpackt unter einem hübschen und gleichsam auch unauffälligen Dienstwagen-Kleid steckt im C 300 h ein Hybrid. Der bekannte 2,1-Liter-Diesel mit vier Zylindern und 204 PS (wird als 250 d verkauft) erhält Unterstützung von einem 27 PS starken Elektromotor. Damit soll der Verbrauch um 0,7 Liter auf nur noch 3,8 Liter (99 Gramm CO2) sinken, die Leistung gleichzeitig von den erwähnten 204 auf 245 PS steigen. Werte, die eines 300er würdig klingen.
Den Sechszylinder-Diesel gibt es nicht mehr
Damit bildet der 300 h die Diesel-Speerspitze der aktuellen C-Klasse, ein Selbstzünder mit sechs Töpfen ist derzeit nicht im Angebot. Soviel vorneweg: Mit der Leistungsentfaltung, Souveränität und Laufruhe des Diesel-Hybrids vermisst man den Sechszylinder nicht wirklich.
27 Elektro-PS klingen nicht nach sonderlich viel, um nachhaltig Eindruck zu hinterlassen. Nach dem ersten Anfahren scheint sich das zu widerlegen: Vollkommen lautlos und vibrationsfrei rollt der Benz aus dem Wohngebiet. So sieht der Premium-Anspruch 2015 aus, mag man sich schon fast denken.
Die entscheidenden Fragen
Mit 4,70 Metern groß, aber nicht zu lang. Platz für vier und 490 Liter Gepäck. Dazu ein sparsamer Motor. Zudem gibt es die ganze Bandbreite von relativ sportlich bis sehr komfortabel. Mehr geht eigentlich nicht.
Kein Ausstattungsmerkmal, sondern das Gefühl, das eine gut ausgestattete C-Klasse vermittelt. So viel Entspannung muss man in einem Mittelklasse-Auto erst einmal erleben. Audi A4, BMW 3er oder der aufmüpfige Neuzugang Jaguar XE bieten dieses Gefühl nicht.
Wie wenig der Hybrid letztendlich beim Sparen hilft. Beim Beschleunigen ist die zusätzliche Elektro-Unterstützung spürbar, an der Tankstelle leider nicht.
Nein. Die 3.000 Euro Aufpreis im Gegensatz zum C 250 d können Sie sich sparen.
Im einem Moment fast lautlos. Das S-Bahn-artige Surren anderer Elektroautos werden Sie im C 300 h nicht hören – sobald Sie etwas mehr Gas geben, springt nämlich sofort der Diesel mit an. Der knurrt gut hörbar, aber nicht zu laut vor sich hin.
Grün, aber nicht grün genug. Zumindest nicht für den Anspruch eines Hybriden. Der Verbrauch bewegt sich exakt auf dem Niveau eines 250ers – den Unterschied macht nur der Gasfuß des Fahrers, nicht die Technik.
Die Tatsache, dass Mercedes bei der C-Klasse gleich zwei Hybride im Angebot hat. Mal mit Diesel, mal mit Benziner. Mal mit Stecker, mal ohne. Auch wenn es bei der Ausführung im Diesel-Fall noch Luft nach oben gibt?
Sein Chef hat einen C 250 Diesel als Dienstwagen, sagt er. Mitgefahren ist er auch schonmal. Beeindruckt ist er schon, als wir zum ersten Mal elektrisch aus dem Wohngebiet fahren. Dass der Aha-Effekt aber an der ersten Kreuzung aufhört und dafür 3.000 Euro kostet, winkt er dankend ab.
Bei einem Mittelklasse-Kombi aus deutscher Herstellung? Exakt einer: Ein Passant mit fetten Kopfhörern, der aus Versehen vor die lautlos dahinrollende C-Klasse gelaufen ist. Bei der Lautstärke seiner Musik hätte er aber wohl auch die 500-PS-Rakete C 63 AMG überhört.
Das erste böse Erwachen folgt aber an der ersten Ampel. Lässt man den Wagen nicht langsam aus der Garage oder die 30er-Zone gleiten, sind 27 PS doch nur 27 PS. Soll heißen: Will man etwas schneller als ein Elektro-Rollstuhl beschleunigen, springt sofort der Diesel mit an. Wer im C 300 h rein elektrisch auf Tempo kommen will, sollte das möglichst nur auf vollkommen freien Straßen tun. In allen anderen Fällen werden sie zum rollenden Verkehrshindernis.
Bis Tempo 35 geht das gut, darüber brauchen Sie die Kraft des Diesels. Selbst wenn Sie durch eine 30er-Zone fahren, ist nach wenigen hundert Metern Schluss: Mehr gibt der kleine Akku nicht her. Kein Wunder also, dass die Daimler-Ingenieure beim C 300 h auf einen reinen Elektro-Modus vorsorglich verzichtet haben.
Die Aufgabe des Elektromotors ist hier auch nicht der alleinige Antrieb, sondern die Unterstützung des Dieselmotors: Beim Beschleunigen mit ein paar Newtonmetern zusätzlichem Drehmoment unter die Arme greifen oder aber beim Dahinrollen, im Fachjargon „Segeln“ genannt, den Wagen für kurze Zeit auf Tempo zu halten.
Zumindest Ersteres lässt sich auch genau in Zahlen ausdrücken: Mit dem kleinen Elektro-Boost geht es in 6,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h, zwei Zehntel schneller als der C 250 d ohne den Extra-Punch. Letzteres lässt sich vor allem im Stadtverkehr erleben: Wenn die C-Klasse mal 50 Stundenkilometer schnell ist, reichen die 27 PS aus, um den Wagen rein elektrisch auf diesem Tempo zu halten. Nur eben beschleunigen ist nicht drin.
Hybrid-Aufpreis rechnet sich nicht
Was man gerade will – super-öko oder super-sportlich – lässt sich in fünf Stufen am Agility-Control-Schalter auswählen. Je nach Modus schaltet die serienmäßige Sieben-Gang-Automatik, in deren Gehäuse der kleine Elektromotor mit eingebaut ist, früher oder später. Wer die Luftfederung Airmatic für 1.416 Euro geordert hat, wird noch mit einem mal komfortablen, mal sportlichen Fahrwerk belohnt.
Gerade im Sport-Modus hat der C 300 h mit den schlappen und lustlosen Spar-Dieseln der vergangenen Jahre wenig gemeinsam. Angesichts von 500 Newtonmetern bei gerade einmal 1.600 Umdrehungen suchen die Hinterreifen nach jeden bisschen Haftung, bereits beim kleinsten Anflug von Nässe verlieren sie diesen meist. Auch sonst erinnert wenig an einen 4,70 Meter langen 1,8-Tonner. Auf der Landstraße müssen sich einige Sportwagen in Acht nehmen, wenn ein fähiger Fahrer in der Hybrid-C-Klasse von hinten naht.
Das Fahrtenbuch
Fast ein Jahr ist es her, seit ich die C-Klasse-Limousine gefahren bin. Sofort kommt alles vertraut vor – bis ich den Motor anlasse. Wegen des Hybrids spürt man davon nämlich exakt nichts. Nur ein Lämpchen im Display zeigt dem Fahrer an, dass der Hybrid jetzt bereit zum losrollen ist.
Noch nicht einmal aus dem Parkhaus rausgefahren und schon der zweite Eintrag. Lautlos und rein elektrisch rollt der C 300 h durch die Tiefgarage – bis zur Ausfahrt. Ja, die Rampe ist steil. Aber auch nicht übermäßig steil. Für die C-Klasse aber zu steil: Mit den 27 Elektro-PS kommt sie da nicht hoch – schon ist der Diesel an.
Diese An-Aus-Beziehung des Diesels mit seinem Elektro-Helfer verwirrt auch nach einigen Kilometern noch. Mit der Zeit kann ich mich zwar darauf einstellen, wann vermutlich welcher Motor das auto antreibt, ganz genau weiß man es aber nie. Über allem schwebt die Frage, ob das jetzt wirklich sparsam ist. Vermutung: Eher nicht.
Außentermin, Autobahnfahrt. In der Baustelle mit Tempo 80 ruft sich der Hybrid nochmals in Erinnerung, wenn der Elektromotor für kurze Zeit ausreicht, um die Geschwindigkeit zu halten. Ansonsten: Ist ein guter Diesel.
Je länger man mit dem C 300 h fährt uns mit je mehr Leuten man sich darüber unterhält, wird eines klar: Super Auto, schwacher Hybrid. Für viele Dienstwagenfahrer ist der noch teurere Benzin-Hybrid C 350 e keine Alternative. Der Mehrwert des Diesel-Hybrid aber noch zu gering.
Der C 300 h wird so zu einem Paradebeispiel dafür, welchen Einfluss bei aller Hightech-Sparbemühungen der Autobauer letztendlich immer noch der Fahrer hat – weil es den 2,1-Liter-Diesel eben mit und ohne Elektromotor zu kaufen gibt. Fährt der C-Klasse-Lenker im Eco-Modus vorausschauend, beschleunigt sanft und lässt häufig rollen – ähm segeln –, ist der Normverbrauch von 3,8 Litern zwar weiterhin utopisch, fünf Liter sind aber machbar. Lässt er sich aber von der Drehmoment-Wucht verführen und tritt öfters das Gaspedal durch, bekommt er zwar Sportwagen-Fahrleistungen, das Display zeigt dann aber auch Verbräuche jenseits der sieben Liter an.
Rechnen wird sich der Hybrid wohl nie
Klingt soweit alles in Ordnung, hat aber nur einen Haken: Fast dasselbe haben wir bereits vor einem Jahr beim Test der C-Klasse-Limousine geschrieben. Angetrieben wurde der Testwagen damals von besagtem 204-PS-Diesel – ohne Elektromotor. Die Zahlen ähneln sich frappierend: Ob Hybrid oder nicht macht kaum einen Unterschied.
Der Fahrer und sein Gasfuß sind entscheidender für den Verbrauch als ein knapp 3.000 Euro teures Elektro-Paket. Ob der mindestens 48.820 Euro teure Diesel-Hybrid wirklich eine Ersparnis bringt, hängt auch vom Einsatz ab: Wer häufig in der Stadt und in Wohngebieten unterwegs ist, spürt den Elektro-Effekt deutlich stärker als der Langstreckenfahrer, der mit 150 über die Autobahnen düst.
Rechnen wird sich der Hybrid-Aufpreis wohl nie. Die Verbräuche – und damit die Kraftstoffkosten – sind mehr als vergleichbar, bei der Kfz-Steuer ist der Hybrid wegen seines Norm-CO2-Ausstoßes von 99 Gramm (statt 117) in Deutschland 36 Euro pro Jahr billiger, auf der anderen Seite verlangt die Versicherung für den teureren Hybrid ein paar Euro mehr. Sollte Ihnen das triumphierende Gefühl, lautlos und ökologisch korrekt am staunenden Nachbarn vorbeizufahren, 3.000 Euro wert sein, dann greifen sie zum Hybrid. Ansonsten: Der 250er-Diesel tut’s genauso.
Anders sieht die Rechnung aus, deren Besteuerung stärker auf die CO2-Emissionen ausgerichtet ist. Hier kann im Zweifelsfall jedes Gramm zählen – gerade jedes Gramm unter der 100er-Marke. In Deutschland aber schenken sich Diesel und Hybrid im Betrieb kaum etwas.
Wie Daimler 2014 abgeschnitten hat
Absatz: 1,722 Millionen Fahrzeuge
Umsatz: 73,6 Milliarden Euro
Ebit: 5,853 Milliarden Euro
Umsatzrendite: 8,0 Prozent
Quelle: Daimler-Geschäftsbericht
Absatz: 495.700 Fahrzeuge
Umsatz: 32,4 Milliarden Euro
Ebit: 1,878 Milliarden Euro
Umsatzrendite: 5,8 Prozent
Absatz: 294.600 Fahrzeuge
Umsatz: 10,0 Milliarden Euro
Ebit: 0,682 Milliarden Euro
Umsatzrendite: 6,8 Prozent
Absatz: 33.200 Fahrzeuge
Umsatz: 4,2 Milliarden Euro
Ebit: 0,197 Milliarden Euro
Umsatzrendite: 4,7 Prozent
Verleaste oder finanzierte Fahrzeuge: 3,3 Millionen Fahrzeuge
Gesamtes Vertragsvolumen: 99,0 Milliarden Euro
Ebit: 1,387 Milliarden Euro
Eigenkapitalrendite: 19,4 Prozent
Absatz: 2,5 Millionen Fahrzeuge
Umsatz: 129,9 Milliarden Euro
Ebit: 10,8 Milliarden Euro
Ergebnis: 7,3 Milliarden Euro
Dividende: 2,45 Euro je Aktie
Dienstwagen-Fahrern kann der Unterschied einigermaßen egal sein, im Leasing macht der Hybrid-Aufschlag rund 25 Euro pro Monat aus. Ist nicht viel, andererseits gibt es für diesen Monats-Betrag auch einiges an Ausstattung. Ein Neuwagenpreis von 60.000 Euro ist mir ein paar Kreuzchen in der Aufpreisliste schnell erreicht, 70.000 Euro sind auch kein Problem.
Komfortabler Alltags-Sportler
Kommt man mit der C-Klasse in diese Preis-Regionen, steht aber auch das Rundum-Wohlfühl-Paket auf dem Parkplatz. Seien es der pulssenkende Abstandstempomat, die klimatisierten Ledersitze, die statte Sound-Anlage oder das intelligente Lichtsystem mit Voll-LED-Scheinwerfern: Wenn man will – und das Portemonnaie es hergibt – bleibt kaum ein Wunsch offen.
An seinen sonstigen Qualitäten hat die C-Klasse nichts eingebüßt – im Gegenteil, als Kombi merzt sie sogar einige Schwächen der Limousine aus. So bleibt es für Großgewachsene auf der Rückbank an den Knien nach wie vor eng, aber am Kopf geht es spürbar luftiger zu, da die Dachlinie nicht wie bei der Limousine schnell abfällt. Mit 490 Litern ist der Kofferraum zudem ausreichend groß, auch wenn er an das Maß eines VW Passat bei weitem nicht herankommt.
Erhalten geblieben ist das rundum entspannende Fahrerlebnis. Trotz einem ordentlichen Schuss Agilität bleibt der Feder-Komfort nie auf der Strecke, wie es eben zu einem Reise-Kombi passt. Auf der Autobahn bleibt es im einstigen Baby-Benz oberklasse-artig leise, die bequemen Sitze tragen das Ihre zur entspannten Grundstimmung bei.
Hybrid sollte stärker werden
An dem Testwagen bleiben nur drei kleine Makel: Das Wurzelnuss-Furnier glänzt so künstlich stark, dass es fast wie ein billiges Plastik-Imitat wirkt. Das offenporige Eschenholz oder eine neutrale Alu-Blende wären hier wohl die bessere Wahl. Zudem zeigen die sandbeigen Ledersitze bei einem nicht einmal 10.000 Kilometer alten Auto bereits deutliche Verfärbungen, vor allem am Fahrersitz. Zu guter Letzt wirkt das Navi-System mit seinem Zentralcontroller und tablet-artigen Display im Vergleich zur Konkurrenz nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Dem Vernehmen nach wird Mercedes mit dem kommenden Facelift diese Baustelle angehen.
Wenn die Techniker schon dabei sind, können sie auch am Hybrid noch Hand anlegen. Zum Beispiel mit dem 82 PS starken Elektromotor aus dem anderen C-Klasse-Hybrid, dem C 350 e. Im Gegensatz zum 300 h arbeitet im „e“ der Elektromotor mit einem Benziner zusammen (Vierzylinder mit 211 PS). Und der fast noch größere Unterschied: der C 350 e ist nicht nur ein Hybrid, sondern ein Plug-In-Hybrid. Er hat also einen Kabelanschluss, damit der deutlich größere Akku auch an der Steckdose geladen werden kann.
Dann würde der Diesel-Hybrid auch zu einer echten Alternative – rein elektrisch durch die Großstadt, mit der Kraft zweier Herzen auf der Landstraße, ein sparsamer Diesel auf der Autobahn. Mit seinem 27-PS-Elektromotörchen verkommt der Hybrid im C 300 h aber zu einer verbesserten Start-Stopp-Automatik mit Anfahrhilfe – oder aber zu einem 3.000 Euro teuren Feigenblatt.