Mobilität 2025 In Megacities entsteht der Verkehr der Zukunft

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„IT-Konzerne sind besser aufgestellt als Autobauer“

Daimler hat mit seiner Tochter „Moovel“ und der Beteiligung an MyTaxi bereits heute solche Apps im Angebot. Ist das ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz?
Ja und Nein! Ja, sie sind im Vorteil gegenüber anderen klassischen Automobilkonzernen, also der etablierten „Hardware-Welt“. Nein, sie sind weit im Rückstand zu den weltweit skalierenden Uber & Co., also den neuen Angreifern aus der „Software-Welt“. Der Nachteil der Automobilkonzerne ist, dass sie in ihrer klassischen Strategie denken, dass ihre bestehende Markenwelt nun auch noch mit einer App oder einem Sharing-Angebot ergänzt werden muss.

Die Angreifer hingegen ergänzen nichts, sondern brechen markenübergreifend die bisherigen Regeln der Mobilität und treiben neue Regeln in den Markt. Automobilkonzerne müssen schnellstens auch zu Rulebreakern werden. Sie müssen ihre eigenen Geschäftsmodelle angreifen.

Was die neuen Cockpits können
Tesla Der Elektroautobauer Tesla hat schon bei seinen ersten Fahrzeugen großen Wert auf das Infotainment gelegt - also die gute Bedienbarkeit von Musik-Diensten, Navigationsgerät, Kommunikation und Serviceinformationen zum Fahrzeug. Nun ist dem Unternehmen in den USA ein neuer Coup gelungen. In Kooperation mit dem Mobilfunkanbieter AT&T sollen die Elektroautos mit einem Zugang zum Highspeed-Internet ausgestattet werden. Damit wäre nicht nur ruckelfreies Webradio und Surfen im Internet möglich. Auch Verkehrsinformationen für das Navigationssystem ließen sich in Echtzeit abrufen. Und bliebe der Wagen stehen, könnte eine Service-Hotline per Netz eine Ferndiagnose des Motors durchführen. Quelle: REUTERS
Kia UvoDas Infotainmentsystem von Kia lässt sich per Sprachsteuerung und Touch steuern. Die erste Variante des Systems entwickelten die Koreaner gemeinsam mit Microsoft. Die aktuelle Version setzt auch auf mobile Dienste und baut auf Googles Betriebssystem Android auf. Dadurch kann das System zum Beispiel auf die Karten und Informationen der Plattformen Google-Maps und Google-Places zugreifen. Steuern lässt es sich sich zusätzlich über Android- und Apple-Smartphones. Quelle: Presse
Audi TabletWie sehr die Welt der mobilen Rechner in die der Automobilbranche übergreift, zeigt ein neues Produkt aus dem Hause Audi. Erst kürzlich stellte der Autobauer auf der Elektronik-Messe CES in Las Vegas ein eigenes Tablet vor. Unter dem Titel "Audi Smart Display" soll das Gerät die Bedienung der Infotainment-Angebote im Auto erleichtern. Denn während Nutzer Tablets intuitiv bedienen können, tun sich viele mit den umfassenden Möglichkeiten von Infotainmentprogrammen im Auto noch schwer. Das Tablet hat einen 10 Zoll großen Display, der sich ganz einfach mit dem Infotainment in neuen Audi-Modellen verbinden lässt. Außerdem bietet es einen direkten Zugriff auf Googles Playstore und damit auf alle Android-Apps für Tablets. Quelle: Presse
Audi und GoogleGleichzeitig haben Google und Audi erst kürzlich auf der CES in Las Vegas bekannt gegeben, künftig miteinander kooperieren zu wollen. Damit sollen alle Audi-Bordsysteme auf dem Betriebssystem Google Android basieren. Auch in den neuen Modellen von General Motors, Honda und Hyundai wird künftig Android als Infotainmentplattform verbaut.  Quelle: AP
Infiniti InTouch Das neue Infotainment-System der Luxusmarke wurde auf der Elektronik-Messe CES vorgestellt. Das System macht es möglich das Smartphone mit dem Bordcomputer zu verbinden. Somit kann der Fahrer über das Programm auch im Fahrzeug direkt auf seine Kontakte, E-Mails und einige Apps zugreifen. Nachrichten liest einem das Programm auf Wunsch laut vor. Musik kann auch per Sprachsteuerung ausgewählt werden. Besonders praktisch: Auf der Infiniti-Plattform lassen sich sogar die Sitz- und Spiegeleinstellungen von bis zu vier Fahrern speichern. Quelle: REUTERS
Nokias KartendienstAuch Nokia versucht sich einen Platz im Auto zu sichern. Seit Jahren bieten die Finnen Kartendienste für den Verkehr an. Im Sommer hat der einstige Handy-Riese hunderte Millionen Euro in die Hand genommen, um die Dienste zu erweitern. Bisher ist die Plattform "Here" so ausgelegt, dass sie neben der Kartendienste auch eine Integration von Musik und Internetangeboten vorsieht, wie zum Beispiel der ortsbezogene Dienst Foursquare. Eingebunden ist außerdem eine "Auto-Cloud", über die der Fahrer aktuelle Informationen zu Spritpreisen oder freien Parkplätzen abrufen kann. Die Autobauer können für ihre Produkte selbst entscheiden, welche Serviceangebote von Nokia sie einbinden wollen. Quelle: dpa
BMW i3Das Infotainmentsystem des deutschen Elektroautos lässt sich sogar per Smartwatch Samsung Galaxy Gear steuern. Damit hat der Autofahrer Informationen wie den Kilometerstand, den Batteriestand oder den Parkstandort auf der Uhr gespeichert und so immer dabei. Auch ob Fenster geöffnet oder geschlossen sind, lässt sich mit einem Blick aufs Handgelenk überprüfen. Besonders praktisch: Per Spracherkennung lassen sich Klimaanlage und Heizung auch aus der Entfernung steuern. Somit ist der Wagen im Winter schon vorgeheizt und die gefrorene Scheibe getaut, noch ehe der Fahrer das Auto überhaupt aufgeschlossen hat. Quelle: dpa

Seit Jahren kommt mehr und kompliziertere Technik in die Autos – auch ohne Selbstfahr-Technik. Die Neuwagenkäufer werden aber immer älter und wollen sich zum Teil gar nicht mehr auf diese Technologien einlassen. Wie können die Autobauer den technologischen Wandel an die Nutzerbedürfnisse anpassen?
Die Frage ist, wie die Autobauer an dieses Thema herangehen. Als Ansammlung von klassischen Automobil-Ingenieuren werden einige versuchen, möglichst viele Tasten und Hebel logisch und gut erreichbar anzuordnen, damit der Mensch jedes dieser unzähligen Systeme kontrollieren kann. Oder sie wählen einen anderen Ansatz, dass das Auto sowieso alles besser kann und schneller entscheiden kann als der Mensch.

Also nehmen Sie dem Menschen schlichtweg die Macht ab, indem es keine Knöpfe und kein Lenkrad mehr gibt. Das ist die Komplexitätsreduktion auf ein Minimum – und die werden wir meiner Meinung nach immer mehr im Markt sehen.

Wenn der Ansatz des klassischen Auto-Ingenieurs der falsche ist, haben die IT-Firmen dann größere Chancen als die Autobauer, bei denen erst ein Umdenken stattfinden muss?
Vermutlich wird das eher durch die Apples und Googles dieser Welt in den Markt getrieben. Sie haben in den letzten Jahren viele Erfahrungen gesammelt, wie man Komplexität für den Kunden reduziert und wie man damit Geschäfte macht. Die Automobilkonzerne verdienen derzeit aber ihr Geld damit, die Komplexität zu erhöhen, dass es für den einzelnen nicht mehr beherrschbar ist und er in die Werkstatt laufen muss. Ich vermute, dass die Software-Unternehmen besser auf die Situation, die uns erwartet, eingestellt sind.

Wo Netzwerke es Hackern leicht machen
GoPro CamDie Action-Kamera Go Pro Hero 3 lässt sich am Helm, der Kleidung oder am Surfbrett befestigen. So entstehen spektakuläre Sport-Aufnahmen. Diese lassen sich mit ein paar wenige Knopfdrücken auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken teilen. Dafür ist die Kamera internettauglich. Und genau hier liegt die Schwäche der Kamera. Hacker haben herausgefunden, dass sich die Kamera knacken lässt. Danach kann man sie ganz einfach mit einer Fernbedienung steuern. Besonders gefährlich ist das, weil die Kamera auch vom Militär und Sicherheitskräften genutzt wird. Quelle: dapd
Empfindliche HerzschrittmacherÜber 75.000 Menschen in Deutschland haben einen elektronischen Herzschrittmacher implementiert. Diese Geräte lassen sich heutzutage drahtlos nachstellen sowie die darauf erfassten Daten herunterladen. Über die kabellose Schnittstelle wird das Gerät aber auch anfällig. Der Hacker Barnaby Jack hat gezeigt, dass sich der Herzschrittmacher aus bis zu neun Metern Entfernung manipulieren lässt. Quelle: AP
Hacker wissen, so Sie sindJe 60 Euro kosten die Sensoren, die der Hacker Brendan O'Conner zu Testzwecken in der Nachbarschaft verteilt hat. Diese sammeln Signale von Tablets oder Smartphones ein, die dann wiederum in einer Karte angezeigt werden können. Daraus lassen sich komplette Bewegungsprofile der jeweiligen Geräte erstellen. Dass das technisch möglich ist, zeigte auch schon eine Visualisierung von Handy-Daten des Grünen-Politikers Malte Spitz. Er stellte schon vor Jahren seine Smartphone-Daten zur Verfügung, die genau zeigen, wo er sich zu welchem Zeitpunkt aufgehalten hat. Quelle: REUTERS
Anfällige KraftwerkeEin Team von drei Hackern hat eine Sicherheitslücke in einem Funksystem gefunden, das oft auch in Kraftwerken eingesetzt wird. Dadurch könnten Angreifer in einem Umkreis von 65 Kilometern, Daten auslesen. Sogar die Abschaltung des Kraftwerks wäre auf diesem Weg möglich. Quelle: dpa
Mobilfunkverbindungen ausspionierenBesonders anfällig für Hackerangriffe sind die sogenannten Femtozellen. Damit lassen sich Mobilfunknetze verstärken, zum Beispiel um den Empfang in Häusern zu verbessern. Sobald sich Smartphone, Handy, Tablet und Co mit der Zelle verbinden, laufen alle Daten, Informationen und Gespräche darüber. Wurde eine GSM- oder CDMA-Femtozelle gehackt, lassen sich also zum Beispiel Telefonate abhören. Nutzer haben kaum eine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Vor allem, da sich viele mobile Endgeräte automatisch und ohne Rückfrage mit einer Zelle verbinden. Quelle: dpa
Smart-TV Die Geräte im Haushalt werden immer stärker mit einander vernetzt. Smart-TV, ferngesteuerte Heizungsanlagen oder Waschmaschinen bieten Hackern so ganz neue Angriffsflächen. Erst kürzlich ist es gelungen, die Funktionen eines Internet-Fernsehers auszunutzen und die Person vor dem Fernseher per Webcam und Mikrofon auszuspionieren. Auch die Heizung lässt sich ungefragt hochstellen oder Lampen anstellen und Türen öffnen. Im August ist es Hackern in Japan gelungen, hochautomatisierte Luxustoiletten zu manipulieren. Quelle: dpa
Auto-CockpitDie Armarturen in Autos werden immer mehr zu regelrechten Cockpits. Die elektronischen Hilfen im Fahrzeug werden von Jahr zu Jahr mehr. Doch auch zentrale Funktionen wie die Bremsen oder der Motor werden über einen regelrechten Bordcomputer gesteuert. Der Hacker Chris Valasek hat gezeigt, wie sich diese Technik austricksen lässt, um zum Beispiel das Lenkrad wild rotieren zu lassen oder einen vollen Tank vorzugaukeln. Quelle: dpa

Sie haben auf Ihren Vorträgen auch Kontakt zur Autobranche, werden oft von den Unternehmen gebucht. Wie ist das Feedback der Branche auf solche Thesen?
Ich bekomme von den Autobauern oft gesagt, dass das so nicht gehen wird. In jeder Branche um sie herum geht es aber. Der einzige Grund ist, dass sie es nicht wollen. Wenn andere kräftige Player in den Markt herein kommen, dann werden sie es einfach müssen.

Die größte Schwierigkeit dabei ist keine technische, sondern eine mentale. Ingenieure die 20 oder 30 Jahre lang an bestimmte Grundregeln geglaubt haben, sollen plötzlich die alten Regeln vergessen und neue erfinden. Schwer! Nicht umsonst will die Branche von uns Innovationsberatern als erstes keine neuen Produktideen, sondern „Learn to unlearn“-Programme für ihre Führungskräfte. Und dann geht es auch irgendwann.

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