Mobilität Deutschlands schnellste Städte

Seite 5/6

Eine hervorragende Basis

37 Prozent schneller fließt der Londoner Innenstadt-Verkehr, nachdem Siemens die Stadt mit neuen Bahnen, einem Mautsystem und Leittechniken ausgerüstet hat. Quelle: Laif/Hans-Christian Plambeck

In der Logik der Mobilitätsstudie von ADL ist Siemens ein klassischer „Dell der Mobilität“: ein Unternehmen, das – wie Tausende deutscher Mittelständler auch – für das große Ganze der städtischen Mobilität technische Komponenten liefert. Es braucht aber andere Spieler am Markt, beispielsweise Städte oder Autobauer, die diese Komponenten zu einem kompletten Mobilitätsangebot zusammenfügen.

Mit dem Dell-Status will es Busch aber nicht bewenden lassen. Der promovierte Physiker peilt für seine Sparte eine „Mischung aus Apple- und Google-Modell“ an: „Unsere Technologien sind eine hervorragende Basis, aber ebenso wichtig ist, dass Siemens die Technik mit Software und Dienstleistungen zu kompletten Mobilitätslösungen zusammenfügt. Das werden wir in Zukunft massiv ausbauen.“ Wie so etwas aussehen kann, zeigt Siemens in London: Ein Paket aus Bahnen, Mautsystem und Verkehrsleittechnik beschleunigte den Verkehrsfluss um 37 Prozent.

Städte bewegen sich

„Die deutschen Großstädte befinden sich noch in einem Dornröschenschlaf“, sagt ADL-Berater Lerner. „Doch sie werden sich nicht auf Dauer die Butter vom Brot nehmen lassen.“ Oberbürgermeister liebäugeln inzwischen mit der Google-Strategie, sprich: der intelligenten Vernetzung aller Verkehrsträger für ihre Bürger. Niedersachsens Hauptstadt etwa bietet mit der Karte „Hannovermobil“ ein Jahresabo für den Nahverkehr, eine Bahncard25, die Mitgliedschaft für das Carsharing und 20 Prozent Ermäßigung auf Taxifahrten. 4.000 Bürger nutzen die Karte.

Langsam erkennen Politiker Mobilität als Wahlkampfthema. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster lässt gerade einen Masterplan Mobilitätskarte erarbeiten. Die Idee erinnert an Octopus aus Hongkong. Die Karte gilt für Bahnen, Busse, Carsharing wie Flinkster und Stadtmobil sowie elektrisch betriebene Mietfahrräder. Hinzu kommen Rabatte bei Taxifahrten. „Wir wollen die Mobilitätskarte auch mit Zahlfunktionen ausstatten, um sie etwa in Restaurants einzusetzen“, sagt Schuster. 2013 sei der frühstmögliche Start, da Techniken verknüpft werden und tarifliche Abstimmungen erfolgen müssten.

Der Kampf ums Geld ist ein Hindernis für die Entwicklung zur mobilen Stadt. Das offenbarten auch die Vorbereitungen des Berliner Verkehrstests. Bei der für drei Monate eingeführten Mobilitätskarte für Bahn, Carsharing und Mietrad gab es anfangs Bedenken der Anbieter des Nahverkehrs. Sie befürchteten, dass Carsharing-Autos den Busverkehr ersetzen könnten. Stadtbezirke wollten keine Abstellflächen zur Verfügung stellen. „Das Sektordenken war zu Beginn noch stark ausgeprägt“, sagt Projektleiter Frank Wolter vom InnoZ. Am Ende rückte man zusammen.

Die notorische Unterfinanzierung des Nahverkehrs wird der Weiterentwicklung dauerhaft im Weg stehen. Bundesweit fehlten bis 2015 Infrastrukturmittel von 2,4 Milliarden Euro, sagt Jürgen Fenske, Chef der Kölner Verkehrs-Betriebe und Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Zugleich wolle die Bundesregierung die Mittel für kommunale Infrastrukturversorgung für Neuinvestitionen von heute 1,3 Milliarden Euro pro Jahr bis 2019 auf null abschmelzen. Der VDV fordert 1,9 Milliarden Euro pro Jahr.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%