Musks Vorbild Nikola Tesla würde jetzt seine Tesla-Anteile verkaufen

Nikola Tesla, so lapidar drückte Musk es mal in einem Interview aus, „verdiene ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, als er bekommt“. Quelle: imago images

Elon Musk huldigt mit dem Namen seines Autokonzerns einem der größten Technikpioniere aller Zeiten. Wenn er dessen Ideale ernst nehmen würde, müsste er sich jetzt von seinem Unternehmen abwenden.

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Da kann Elon Musk sich noch so abmühen: An die Dramatik der Vita seines erklärten Vorbilds Nikola Tesla wird er sein eigenes Leben kaum noch heranbringen können.

Mag Musk auch in eher einfachen Verhältnissen aufgewachsen und in der Schule gemobbt worden sein, weshalb er sich mehr und mehr in seinen Computer vertiefte. Was ist das schon gegen den Immigranten Tesla, geboren als zweites von fünf Kindern eines Priesters im Grenzland der KuK-Monarchie auf dem nördlichen Balkan, der es in den USA zum Wirtschaftsstar mit Wohnsitz im Grandhotel Waldorf Astoria brachte und dennoch einsam starb? Aus dem Niemandsland im heute kroatischen Velebit-Gebirge schaffte es der unermüdliche Erfinder nach New York, heuerte beim berühmtesten Innovator seiner Zeit, Thomas Edison an, nur um erst von diesem an seiner Arbeit gehindert und danach mehrfach von Geschäftspartnern der Früchte seiner Ideen beraubt zu werden. Zum Zeitpunkt seines Todes war er fast in Vergessenheit geraten.

Tesla, so lapidar drückte Musk es mal in einem Interview aus, „verdiene ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, als er bekommt“. Auch deshalb lehnte Musk den Namen seines Unternehmens an der historischen Figur Tesla an. Tatsächlich steht das Leben und Streben des Nikola Tesla für viele der Ideale, die auch Musk in den vergangenen knapp zwei Jahrzehnten seit seinem Ausstieg bei Paypal 2002 verkörpert. Wie Tesla geht es Musk mit seinen Projekten darum, Menschheitsträume zu erfüllen.

So ist der Autokonzern Tesla angetreten, den Nachweis zu erbringen, dass die Zukunft der individuellen Mobilität elektrisch sei. Mit seinem Unternehmen SpaceX hat er die Raumfahrt privatisiert, angetrieben aber wird das Projekt von einem viel größeren Ziel: dem Flug zum Mars. Musks Hyperloop schließlich soll das Rohrpost-Prinzip des schwerelosen Transports in einem Kanal auf die menschliche Fortbewegung übertragen. Projekte, wie sie auch von Tesla, geboren 1856, stammen könnten.

Der hatte sich zunächst dem Feld der Elektrizität verschrieben. Noch als angestellter Telegrafenamtstechniker in Budapest hatte er das Konzept des Wechselstroms entworfen, das sowohl in Sachen Effizienz als auch Störungsanfälligkeit dem damals gebräuchlichen Gleichstrom überlegen war. Um seiner Idee zum Durchbruch zu verhelfen, siedelte Tesla 1884 nach New York über und nahm eine Anstellung beim Unternehmen von Thomas Edison an.

Später wendete sich Tesla der Umsetzung eines Traums zu, der bis heute Vision geblieben ist: die Übertragung von Energie über die Luft. Ein riesiger Funkturm, den er von 1899 an auf der Halbinsel Long Island zu errichten begann, sollte Schiffe, Fahrzeuge und Boote über die Luft mit Energie versorgen. Auch wenn er die grundsätzliche Machbarkeit seiner Idee über kurze Distanzen beweisen konnte, scheitert die Technik bis heute daran, nennenswerte Entfernungen zu überbrücken. 

Aus diesem Vorhaben aber leitete Tesla Dutzende weitere ab, deren Machbarkeit er auch demonstrieren konnte. So führte Tesla 1898 im New Yorker Madison Square Garden ein Boot vor, das mittels Radiowellen über eine Fernbedienung gelenkt wurde – quasi die erste Drohne der Welt.

Vollends am Vorbild Tesla orientiert hat sich im 20. Jahrhundert dennoch niemand – und das nicht ohne Grund. Denn einen ebenso festen Platz in dessen Leben wie die Erfindungsgabe hatte auch der berufliche Misserfolg.

Edison, auf den Tesla zunächst seine Hoffnungen gesetzt hatte, blockierte seine Technologie mehr, als dass er sie förderte, um den Absatz seiner eigenen Gleichstrommotoren nicht zu gefährden. Erst nachdem Tesla mit ihm gebrochen hatte und nach einigen Fehlgriffen im Industriellen George Westinghouse einen Finanzier gefunden hatte, konnte er seine Ideen umsetzen.

Sein gigantisches Funkturm-Projekt scheiterte, als ein anderer Investor im plötzlich die Unterstützung versagte, so dass Tesla letztlich die gesamte Versuchsanlage verkaufen musste, um seine Rechnung im New Yorker Hotel Waldorf Astoria zu begleichen. Die Patente auf die Technologie hatte er obendrein verloren. Erst viel später erkannte ein Gericht an, dass sie eigentlich Tesla zustanden. Da war dieser bereits gestorben.

Sobald sie Erfolg hat, wird eine Innovation uninteressant

Die Lebensentscheidungen des unglücklichen Erfinders Tesla folgen dennoch einem Muster, das auch die Faszination der vom Glück verfolgten Unternehmerfigur Musk ausmacht: Die Idee steht über dem Profit. In Edisons Firma wurde Teslas Erfindung blockiert, eine auskömmliche Vergütung bekam er dennoch. Trotzdem brach er mit Edison, war zwischenzeitlich ganz ohne Einkommen und suchte unermüdlich weiter nach Möglichkeiten, seine Idee in die Realität umzusetzen, was ihm mit dem Partner Westinghouse dann auch endlich gelang. 

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Ebenso radikal war Tesla damit, selbst auf Gewinne zu verzichten, um einer Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Als die  Wechselstrom-Technik kurz vor dem Marktdurchbruch stand, drohte seinem Partner Westinghouse das Geld auszugehen. Also verzichtete Tesla gegen eine Einmalzahlung auf alle weiteren Lizenzansprüche, um das Scheitern abzuwenden.

Diesem Grundsatz, die Umsetzung einer Idee über den finanziellen Erfolg zu stellen, ist auch Musk bisher so konsequent gefolgt wie schon lange kein Unternehmer mehr. Das erkennen selbst Kritiker an. So hat Musk zunächst viele Millionen aus seinem Privatvermögen in den Autohersteller Tesla investiert, bevor der zum ersten Mal Gewinne schrieb. Ähnlich hält er es bei SpaceX, wo die Gewinne frühestens in den kommenden Jahren zu erwarten sind. Und bei Hyperloop, wo es noch vollkommen in den Sternen steht, ob dabei jemals Gewinne entstehen mögen.

Der größte Effekt aber ließe sich mit dieser Methode genau jetzt erzielen. Musks seinerzeit visionäres Ziel, der Elektromobilität am Markt zum Durchbruch zu verhelfen nämlich, hat das Unternehmen Tesla 2020, dem Jahr wo alle großen Autobauer ihre Fabriken auf die Herstellung von E-Autos umrüsten, endgültig erreicht. Und ist zugleich so wertvoll wie nie: Mit 480 Milliarden Dollar ist das Unternehmen Tesla derzeit an der Börse bewertet, Musks Anteile summieren sich allein auf knapp 100 Milliarden. Eine Summe, mit der sich vielleicht sogar der Flug zum Mars realisieren lassen könnte.

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