Preiswerte Autos gefragt Sparautos ab 6000 Euro überrollen Deutschland

Lange galt allein das Premiumsegment für die Autohersteller als Gewinngarant. Doch nun soll der Markt für Billigautos schneller wachsen– nicht nur in Schwellenländern, sondern auch in Europa. Das verändert die Branche. Aber wie baut man billige Autos, ohne an Sicherheit und Umweltverträglichkeit zu sparen?

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Das 5.000-Euro-Auto - Mit dem Dacia Logan kam 2004 das erste

Es war ein Erfolg, der so eigentlich nicht geplant war. 1999 kaufte der französische Autokonzern Renault alle Anteile des rumänischen Herstellers Dacia. Ziel des Zusammenschlusses war es, unter der Marke preiswerte Autos für die wachsenden Märkte in Osteuropa zu bauen. Ohne Klimaanlage, Servolenkung und anderen High-Tech-Schnickschnack. Ein wenig sollten die neuen Dacias so sein, wie westeuropäische Autos vor 40 Jahren waren: robust, praktisch, zuverlässig. Mehr nicht. 2004 kam der Dacia Logan auf den Markt, das erste Produkt der neuen Zusammenarbeit.

Das 5.000-Dollar-Auto, wie der Wagen damals genannt wurde, war vom Start weg ein Erfolg. Aber nicht nur in Rumänien, Ungarn oder Russland. Die Renault-Konzernstrategen stellten verblüfft fest, dass der Logan plötzlich auch bei Händlern in Paris, Amsterdam und Berlin auftauchte. Die hatten sich den Logan als Grauimport auf verschlungenen Wegen im Osten besorgt. Der damalige Renault-Chef Louis Schweitzer, der zum Schutz von Renault einen Verkauf von Dacia im Westen blockiert hatte, musste einlenken: 2005 brachte der Konzern die Billigmarke auch in Deutschland in die Läden.

Die Krise der Autobauer

Der Erfolg hält bis heute an. Ganz neue Zahlen zeigen, dass in den ersten neun Monaten 2012 in Deutschland zwölf Prozent mehr Dacias zugelassen wurden als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Und das in einem Markt, der infolge der Euro- und Schuldenkrise in schweren Turbulenzen steckt: PSA Peugeot-Citroën, Fiat und Opel kämpfen ums Überleben. Selbst der Riese Ford muss Autofabriken schließen. Sie alle haben zu lange zu teure Allerweltsautos produziert.

In dieser Krise fällt der Blick auf den Dacia Logan, dem ersten Vertreter einer neuen Fahrzeuggeneration: Nach seinem Vorbild konzipieren nun fast alle Autohersteller neue Billigautos. Experten rechnen damit, dass diese in den nächsten fünf Jahren sowohl Asien und Lateinamerika – aber auch Europa überschwemmen werden.

Doch der neue Billigboom wird wahrscheinlich weitgehend ohne die Arbeiter in deutschen Autowerken stattfinden. Sie sind rund neun Mal teurer als etwa ihre rumänischen Kollegen und passen damit nicht in die Kalkulationen der neuen Fahrzeugklasse.

Übersicht, welcher Autobauer wo in Europa produziert (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

So rechnen Hersteller in aller Welt. Renault will seinen Dacia-Erfolg mit der Kultmarke Lada in Russland wiederholen: 2013 kommt die Stufenhecklimousine Granta heraus. In Japan wiederum wird Renault-Partner Nissan die Marke Datsun wiederbeleben, um unter diesem Label Billigautos anzubieten. Daneben setzen auch Toyota, Honda, Kia, Hyundai, Suzuki und die General-Motors-Tochter Chevrolet auf das Low-Budget-Segment.

Selbst Volkswagen – dessen Käfer mit einem geplanten Verkaufspreis von unter 1.000 (Reichs-)Mark einst als Preisbrecher konzipiert war – bewegt sich: Nach dem Scheitern der Beteiligung an Suzuki arbeitet in Wolfsburg ein Team um Ex-Opel-Chef Hans Demant an einem neuen Wagen, der billiger werden soll als der knapp 10.000 Euro teure Volkswagen up.

Beginn einer Zeitwende

Einfach ist gut genug - Schon 1980 bot Fiat mit dem Panda ein Auto mit spartanischer Grundausstattung an - Und feierte weltweit Erfolge Quelle: Presse

Details über den Low-Budget-VW, der ab 2015 für 6.000 bis 8.000 Euro auf den Markt kommen soll, verrät der Konzern nicht. Aber so viel immerhin sickerte durch: Das Auto wird in drei Karosserievarianten angeboten und die Plattform eines Polo-Vorgängermodells nutzen, die derzeit noch in Brasilien im Einsatz ist.

Einfach ist gut genug: So lautet jetzt das Motto der lange aufs Premiumsegment fokussierten Industrie.

Einen solchen Einfach-Wagen fährt der Design-Professor Paolo Tumminelli schon lange – einen 30 Jahre alten Fiat Panda. Der gebürtige Italiener hängt an der kantigen, weißen Kiste mit der spartanischen Ausstattung: keine elektrischen Fensterheber, keine Servolenkung, keine Airbags und keine Klimaanlage. Warum für etwas bezahlen, was er nie oder nur selten nutzt?

Die populärsten Dienstwagen der Deutschen
Platz 1: VW-PassatJährlich werden von den 6850 Mitarbeitern in Zwickau bis zu 300.000 Fahrzeuge vom Typ Passat und Golf gebaut. Das Modell wurde zwischen Januar und September 35.836 Mal als Pkw in einer Unternehmensflotte neu zugelassen. Mit 59,7 Prozent ist das Auto damit das am häufigsten als Dienstwagen zugelassene Modell. Quelle: dapd
Platz 2: Audi A6Besonders beliebt in Deutschland bleibt der Audi A6. Das Modell wurde zwischen Januar und September 22.913 Mal zugelassen. Quelle: obs
Platz 3: Audi A4Der Audi A4 wurde während den ersten neun Monate 2012 sogar 23.233 Mal im Flottengeschäft neu zugelassen. Da der Anteil der Dienstwagen an den Pkw-Zulassungen jedoch nur bei 56 Prozent Prozent liegt, landet das Modell auf dem dritten Platz. Quelle: obs
Platz 4: BMW 5erDer Vorstandsvorsitzende der BMW AG, Norbert Reithofer, präsentierte im März 2012 beim Autosalon im Palexpo Messegelände in Genf den damals neuen 5er BMW. 16.991 Mal wurde das Modell von Januar bis September 2012 als Pkw einer Unternehmensflotte zugelassen. Quelle: dpa
Platz 5: Audi A5Der Audi A5 wurde 7380 Mal zum Dienstwagen, was einem prozentualen Anteil von 42,1 Prozent an den Pkw-Zulassungen als Dienstwagen entspricht. Quelle: gms
Platz 6: Skoda OctaviaDer Skoda Oktavia wurde 13.300 Mal als Auto im Flottengeschäft zugelassen. Das entspricht einem Anteil der Dienstwagen an den Pkw-Zulassungen von 36,1 Prozent. Quelle: obs
Platz 7: Mercedes E-KlasseDaimlerChrysler setzt seit 2010 auf die runderneuerte E-Klasse von Mercedes-Benz: Bei den Pkw-Neuzulassungen im Flottengeschäft von Januar bis September wurden 10.076 Wagen dieses Modells dabei. Quelle: AP

Und obwohl der Wagen nur 3,38 Meter lang ist, bietet er Platz für vier Erwachsene. Der Kofferraum schluckt bei Bedarf einen Kühlschrank, und die Sitze lassen sich notfalls auch zum Bett umbauen; man weiß ja nie. Damit hat der Panda „alles, was ein Auto braucht – und obendrein Charakter“, findet der Designer.

Als Tumminelli vergangene Woche 200 Erstsemester-Studenten an der Köln International School of Design zu seiner Vorlesung „Oberflächlichkeit des Designs“ begrüßte und ihnen von seinem Panda vorschwärmte, machte er aber eine bemerkenswerte Erfahrung: Auf seine Frage, wer aus der Runde noch ein Auto besitze, meldeten sich nur noch drei Studenten.

„So wenig waren es noch nie“, bemerkt Tumminelli. Verstehen kann er die jungen Leute ja: Auto, Steuer, Versicherung, Parkplatz und Reparaturen sind teuer. Und für Großstädter ist das eigene Auto oft ohnehin überflüssig. Mit Fahrrad, Bus und Bahn kommen sie meist schneller ans Ziel.

Das sind die sparsamsten Autos
Mercedes SL 63 AMGLeistung: 537 PS Hubraum: 5,5 Liter Verbrauch: 9,9 Liter Benzin/100 Kilometer Preis: ab 160.000 Euro Besonderheit: Weniger Hubraum, mehr Leistung, vier Liter weniger Verbrauch als Vorgänger
Ford Focus 1.0 EcoboostLeistung: 100/125 PS Hubraum: 1,0 Liter Verbrauch: 4,8/5,1 Liter Benzin/100 Kilometer Preis: ab 18.050 Euro Besonderheit: Der erste Drei-Zylinder-Motor in der Golf-Klasse Quelle: Ford
VW Polo BlueGTLeistung: 140 PS Hubraum: 1,4 Liter Verbrauch: 4,7/ Liter Benzin/100 Kilometer Preis: k.A. Besonderheit: Zylinderabschaltung Quelle: Volkswagen
BMW M 550dLeistung: 381 PS Hubraum: 3,0 Liter Verbrauch: 6 Liter Benzin/100 Kilometer Preis: ab 80.000 Euro Besonderheit: drei Turbolader, mehr Power, spontaneres Ansprechen bei niedrigen Drehzahlen Quelle: BMW
Audi A3 1.8 TLeistung: 160 PS Hubraum: 1,8 Liter Verbrauch: 5,6–5,2 l/100 km Preis: ab 26.000 Euro Besonderheit: 50 Kilo leichter, 20 Prozent weniger Verbrauch Quelle: Audi

Hauptsache billig

Für Tumminelli sind dies Anzeichen einer Zeitenwende. Zwar herrscht in den boomenden Schwellenländern noch die alte Euphorie: So wuchsen die Automärkte vergangenes Jahr in China, in Russland und Brasilien zweistellig, während der Absatz in Westeuropa um 1,7 Prozent zurückging. Seit dem Jahreswechsel hat sich die Talfahrt auf diesem gesättigten Markt beschleunigt: Ende September betrug das Minus in Westeuropa fast acht Prozent. Und auch der deutsche Automarkt schrumpft – im September um fast elf Prozent. „Trotz einer guten Inlandskonjunktur sind die Deutschen preissensitiver beim privaten Autokauf geworden“, beobachtet der Chefanalyst der Unternehmensberatung Polk, Ulrich Winzen. „Statt eines Neuwagens kaufen sie lieber Halbjahreswagen oder Leasingrückläufer.“

Hauptsache billig. Von der Entwicklung profitieren vor allem die Anbieter der Low Budget Cars, die über niedriges Prestige, aber hohen Nutzwert verfügen – wie der Dacia Sandero, der Skoda Citigo, der Kia Picanto oder der neueste Fiat Panda. Sie sind , ab Werkals Tageszulassung oder mit Rabatt schon für weniger als 8.000 Euro zu haben.

Premiumautos sind für viele unbezahlbar

Die Top Ten der billigsten SUVs
Sogenannte "Sport Utility Vehicles (SUV)" werden in Deutschland immer beliebter. Ein Beleg dafür ist der Gesamtbestand an diesen Möchtegern-Geländewagen, der sich laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) von 2008 bis 2012 auf über zwei Millionen Fahrzeuge fast verdoppelt hat. Gründe für die Beliebtheit vieler auch als „Crossover“ bezeichneter Fahrzeuge (wie denn hier abgebildeten Subaru Forester): Ein im Vergleich zu entsprechenden Limousinen größeres Platzangebot, die Variabilität eines Kombis im Innenraum, eine bessere Übersichtlichkeit und die dank erhöhter Bodenfreiheit ausgeprägtere Fähigkeit, sich auch abseits befestigter Straßen zu bewegen. Aber natürlich spielt auch der Preis eine wichtige Rolle. Viele SUV sind kaum mehr teurer als Vertreter der Golf-Klasse; das beweist die folgende Top 10 der günstigsten SUV. Allerdings müssen Sparfüchse auch bereit sein, auf Vierradantrieb zu verzichten ... Quelle: PR
Auf Platz 10 der presiwertesten SUV in Deutschland fährt der Skoda Yeti 1,2 Easy mit klassischer Geländewagen-Form, ebener Dachpartie und Steilheck, für 18.390 Euro. Der 1,2-Liter Benziner leistet 77KW/105 PS. Der Skoda überzeugt durch sein variables Innenraumkonzept und einige praktische Details wie 12-Volt Steckdosen in Mittellehne und Kofferraum sowie Verzurr-Ösen zur Ladungssicherung. Mit 18 Zentimetern Bodenfreiheit und den Fahrassistenz-Systemen ESP und ASR ist der Yeti auch auf unbefestigten Straßen sicher unterwegs. Quelle: PR
Platz 9 geht an das sogenannte "Urban Cross Car" Suzuki SX4. Formal ist er ein 4,12 Meter langer höher gelegter Kombi, mit 1,6-Liter Motor und 88 kW/120 PS. Als Fronttriebler kostet der Japaner 16.890 Euro und verbraucht 6,2 Liter Super auf 100 Kilometern. Für 1.500 Euro Aufpreis bietet Suzuki auch eine Allrad-Variante an. Quelle: PR
Der Daihatsu Terios 1,5 in klassischer Geländewagen-Form belegt mit 16.490 Euro Grundpreis Platz 8. Der frontgetriebene Japaner ist bereits in der Basis-Variante üppig ausgestattet, mit elektrischen Fensterhebern vorn und hinten, Klimaanlage, CD-Radio und Zentralverriegelung mit Fernbedienung, und bietet 19 Zentimeter Bodenfreiheit. Der Vierzylinder leistet 75 kW/102 PS und verbraucht 7,1 Liter auf 100 Kilometern. Die Allradvariante in der Ausstattung "Top" kostet 21.490 Euro. Quelle: PR
Auf Platz 7 fährt mit 15.790 Euro der höhergelegte Mini-Van Fiat Sedici 4x2 "Pop" vor. Nebelscheinwerfer, eine Dachreling und 17,5 Zentimeter Bodenfreiheit unterstreichen den Offroad-Look. Auch der Italiener ist optional mit Allrad-Antrieb erhältlich, Kostenpunkt: 17.790 Euro. Beide Modelle haben einen 1,6-Liter-Benzinmotor mit 88 kW/120 PS. Quelle: PR
Der Nissan Juke "Visia" für 15.690 Euro sichert sich Platz 6 der günstigsten SUV. Als Mischung aus Geländewagen und Coupé, mit steil abfallendem Schrägheck und 18 Zentimetern Bodenfreiheit, ist er primär auf Fahrspaß getrimmt. Die Mittelkonsole ähnelt einem Motorrad-Tank und es stehen serienmäßig drei Fahrprogramme, Eco, Normal und Power, zur Verfügung. Je nach Modus verändern sich zum Beispiel die Drosselklappenstellung, die Drehmomentabgabe und die Schaltpunkte des Getriebes. Der 1,6-Liter-Vierzylinder mit 86 kW/117 PS verbraucht sechs Liter Super auf 100 Kilometern. Quelle: PR
Ein alter Bekannter schafft es auf Platz 5. Das Spaß- und Freizeitmobil Jimny, als Nachfolger des seit Anfang der 1970er produzierten Suzuki LJ, gehört zu den geländegängigsten SUV. Er bietet 19 Zentimeter Bodenfreiheit, kurze Überhänge vorn und hinten, einen manuell zuschaltbaren Allrad-Antrieb und Geländeuntersetzung. Der 1,3-Liter-Vierzylinder leistet 63 kW/86 PS und verbraucht 7,1 Liter auf 100 Kilometern. Quelle: PR

Der Trend zu kleineren und preiswerteren Autos wird sich noch verschärfen. Schon weil sich viele Kunden Premiumautos aus deutscher Produktion nicht mehr leisten können: Der durchschnittliche Neuwagenpreis hat sich laut Berechnungen des Car-Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen in den vergangenen 25 Jahren auf knapp 26.000 Euro mehr als verdoppelt.

Damit halten die meisten Einkommen nicht Schritt. 1980 mussten deutsche Arbeitnehmer 9,4 Monate arbeiten, um ein solches Durchschnittsauto für fast 26.000 Euro kaufen zu können. Heute müssten sie dafür laut CAR fast 16 Monate schuften. Viele entscheiden sich da lieber für den Kauf eines Billigautos.

SUV für 11.000 Euro

„Die Bereitschaft, sich für ein neues Auto zu verschulden, ist deutlich gesunken“, sagt Christoph Stürmer vom Branchendienst IHS Automotive in Frankfurt. „Damit wächst der Bedarf an einfachen Autos zu günstigen Preisen.“ Willi Diez, Leiter des Instituts für Wirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen, sieht „allein in Europa ein Marktpotenzial für Billigautos von bis zu 20 Prozent“. Bei rund 13,2 Millionen Pkws, die laut IHS-Prognose 2012 in Westeuropa neu zugelassen werden, wären das rund 2,6 Millionen Autos.

Noch größere Potenziale haben die Low-Budget-Autos freilich auf den Märkten in Südostasien, China, Indien, Südamerika und Afrika. Schon heute werden im Billigsegment unter 10.000 Euro weltweit mehr als acht Millionen Autos verkauft – rund 13 Prozent der Gesamtproduktion.

Günstig, aber nicht billig

Für Ferdinand Dudenhöffer, den Leiter des CAR, gibt es keinen Zweifel: Das Automobil der Zukunft ist preisgünstig. Er rechnet mit einer Vervierfachung des Weltmarktes für Low-Budget-Fahrzeuge von 6,5 Millionen im vergangenen Jahr auf 25 Millionen Autos im Jahr 2030. Dudenhöffer zählt dabei allerdings nicht nur Pkws zu Verkaufspreisen unter 7.000 Euro mit, sondern auch Billig-SUVs wie den Dacia Duster. Der ist mit einem Einstiegspreis von 10.990 Euro mehr als ein Drittel billiger als wichtige Konkurrenten in der Klasse wie der Skoda Yeti, der mindestens 18.000 Euro kostet.

Mag sein, dass auch Automanager bei VW bei dem Wort Billigauto unwillig das Gesicht verziehen, ähnlich wie Renault-Dacia-Deutschland-Chef Achim Schaible oder Hyundai-Deutschland-Chef Markus Schrick. Billig klingt zu sehr nach wertlos.

von Jürgen Rees, Franz W. Rother

In Teilen haben sie recht. Das preisgünstigste Auto der Welt, der indische Tata Nano, gilt als abschreckendes Beispiel: schwammiges Fahrwerk, simples Billigplastik, Kurzschlüsse in der Elektrik und ein Motor, der anfangs so heiß wurde, dass er in mehreren Fällen die Papiergirlanden in Brand setzte, mit denen die Käufer ihr neues Auto feiern wollten. Da nützt auch der Kampfpreis von umgerechnet 2.000 Euro wenig. Der Absatz blieb mit 70. 000 Stück im Jahr 2011 weit hinter den Erwartungen zurück. Tata hatte auf eine Jahresproduktion von einer Million Exemplaren gehofft.

Damit haben die Hersteller ihre Lektion gelernt: Viele Kunden wollen zwar ein preiswerteres Auto, aber keine billige Kiste.

Wo beim Billigauto gespart wird

Mäßiger Erfolg - Der Tata Nano ist mit 2.000 Euro das billigste Auto der Welt Quelle: AP

Die Erkenntnis haben die Entwickler bei der neuen Low-Budget-Klasse umgesetzt: „Der Automobilbau hat ein so hohes Niveau, dass heute niemand im Billigauto Angst um sein Leben haben muss“, sagt Hochschuldozent Diez. Die neuen Modelle verfügen selbstverständlich über Airbags, ABS und Abgas-Katalysator – alles erprobte Techniken, die das Autofahren sicher und umweltverträglich machen.

Aber wie sieht ein erfolgreiches Billigauto aus? Wie ist es technisch möglich, dass Kunden heute so billig an Autos kommen wie seit Jahren nicht – und dennoch sicher unterwegs sind?

Kantige Karosserie

Egal, ob Tata Nano, Toyota Etios, Dacia Sandero, Lodgy, Peugeot 301 oder Nissan Pixo: Hingucker sind die Sparmobile nicht. Der Grund dafür ist die „eingebaute Hässlichkeit“, glaubt Designexperte Tumminelli.

Tatsächlich stehen die Gestalter der Billigwagen vor einem Dilemma: Die Karosserie soll möglichst preisgünstig zu fertigen sein und ihr Design gebührenden Abstand zu den teureren Autos im Konzern signalisieren. Andererseits kaufen auch preissensible Kunden keine Autos, für deren Aussehen sie sich schämen müssen.

Design transportiert zudem Markenbewusstsein. Moderne Autos wie der 3er-BMW oder die Mercedes A-Klasse haben jede Menge Linien und Kanten im Außenblech. Teilweise dient dies der Aerodynamik. Vor allem aber wollen die Designer das Fahrzeug so aufregend und unverwechselbar machen.

Welche Autos ihre Fahrer glücklich machen
Premiummarken bekommen von ihren Kunden Bestnoten bei der Zufriedenheit mit dem Auto. Das ist das Ergebnis des ADAC-Kundenbarometers 2012, einer Online-Umfrage unter 20.000 Personen. Abgefragt wurden unter anderem Fahreigenschaften, Verarbeitung, Preis-Leistungs-Verhältnis sowie die Servicequalität. Auch „Markentreue“ war Gegenstand der Untersuchung. Ergebnis: Mercedes-Fahrer wechseln ihre Marke am seltensten (62% Markentreue). Ähnlich treue Fahrer haben VW (55%) und Suzuki (49%). Die beste Bewertung insgesamt erhielt aber BMW. Dahinter rangiert Audi. Es folgen Mini, Mercedes-Benz und Volvo. Schlusslicht ist Chevrolet. Die Ergebnisse im Detail, nach Fahrzeugsegmenten gestaffelt. Wir beginnen mit den Kleinstwagen ... Quelle: PR
ADAC-Sieger in Sachen Kundenzufriedenheit bei den Neuwagen 2012Kategorie Kleinstwagen, die Plätze 1 bis 6:Platz 1: Smart fortwo, Punkte: 69,8 Platz 2: Toyota Aygo, Punkte: 68,9 Platz 3: Fiat 500, Punkte: 68,0 Platz 4: Renault Twingo, Punkte: 66,4 Platz 5: Hyundai i10, Punkte: 65,5 Platz 6: Citroen C1, Punkte: 65,0 Quelle: PR
ADAC-Sieger in Sachen Kundenzufriedenheit bei den Neuwagen 2012Kategorie Kleinstwagen, die Plätze 7 bis 12:Platz 7: Kia Picanto, Punkte: 64,3 Platz 8: Ford Ka, 63,2 Platz 9: Fiat Panda, Punkte: 61,8 Platz 10: Chevrolet Spark, Punkte: 61,5 Platz 11: Suzuki Alto, Punkte: 59,5 Platz 12: Chevrolet Matiz, Punkte: 51,8 Quelle: PR
ADAC-Sieger in Sachen Kundenzufriedenheit bei den Neuwagen 2012Kategorie Kleinwagen, die Plätze 1 bis 7:Platz 1: Audi A1, Punkte: 78,2 Das gute Markenimage strahlt auch auf die kleinen Premiumautos ab. Die Kunden vergeben erneut Top-Noten für einen Ingolstädter. Platz 2: Mini, Punkte: 78,1 Platz 3: VW Polo, Punkte: 75,3 Platz 4: Honda Jazz, Punkte: 73,4 Platz 5: Toyota Yaris, Punkte: 72,7 Platz 6: Mazda2, Punkte: 71,3 Platz 7: Skoda Fabia, Punkte: 70,9 Quelle: PR
ADAC-Sieger in Sachen Kundenzufriedenheit bei den Neuwagen 2012Kategorie Kleinwagen, die Plätze 8 bis 14:Platz 8: Ford Fiesta, Punkte: 69,5 Platz 9: Dacia Sandero, Punkte: 69,4 Platz 10: Seat Ibiza, Punkte: 68,8 Platz 10: Nissan Micra, Punkte: 68,8 Platz 12: Hyundai i20, Punkte: 68,3 Platz 13: Suzuki Swift, Punkte: 67,3 Platz 14: Peugeot 207, Punkte: 66,8 Quelle: PR
ADAC-Sieger in Sachen Kundenzufriedenheit bei den Neuwagen 2012Kategorie Kleinwagen, die Plätze 15 bis 21:Platz 15: Mitsubishi Colt, Punkte: 66,3 Platz 16: Opel Corsa, Punkte: 64,2 Platz 17: Citroen C3, Punkte: 64,1 Platz 18: Renault Clio, Punkte: 63,9 Platz 19: Peugeot 206+, Punkte: 62,8 Platz 20: Fiat Punto / Grande Punto, Punkte: 60,4 Platz 21: Chevrolet Aveo, Punkte: 59,3 Quelle: PR
ADAC-Sieger in Sachen Kundenzufriedenheit bei den Neuwagen 2012Kategorie Untere Mittelklasse, die Plätze 1 bis 8:Platz 1: Audi A3, Punkte: 79,6 Nur der hohe Kaufpreis schmerzt die Käufer des Audi A3. Ansonsten sind die befragten ADAC-Mitglieder, von denen 2012 rund 20.000 bei der Studie ihre Stimme abgaben, rundum zufrieden. Platz 2: VW Scirocco, Punkte: 79,2 Platz 3: BMW 1er-Reihe, Punkte: 77,0 Platz 4: VW Golf, Punkte: 75,4 Platz 5: Mercedes A-Klasse, Punkte: 75,1 Platz 6: VW Eos, Punkte: 74,7 Platz 7: Mazda3, Punkte: 74,5 Platz 8: Toyota Auris, Punkte: 73,0 Quelle: PR

Das Problem: Jedes Designelement bedeutet, dass die Bleche umgeformt werden müssen. Bis zu fünf Mal passiert das bei neuen Autos wie dem genannten 3er-BMW oder dem Golf 7. Das ist teuer.

Bei günstigen Autos wie dem Dacia müssen drei Arbeitsgänge reichen. VW will bei seinem Budget Car sogar nur mit zwei Umformungen auskommen. Die Sparsamkeit spiegelt sich in der Außenhülle der Wagen wider: Weniger Kanten bedeuten klarere Formen. Das muss kein Nachteil sein, findet Tumminelli mit seinem Faible für die Optik des alten Panda. Vielleicht entsteht in der neuen Billigklasse dadurch ja sogar eine neue Generation von Retro-Autos.

Ältere Plattformen

Wie baut man ein Billigauto? Nicht durch den Griff in die Trickkiste. Sondern durch einen Griff ins Teileregal. Volkswagen und Toyota haben das Prinzip Baukasten in den vergangenen Jahren perfektioniert. Fast alle Teile, Lichtmaschinen, Getriebe oder Lenkungen können in verschiedenen Modellen genutzt werden.

Volkswagen hat sogar einen modularen Baukasten entwickelt, der die Plattformen und Komponenten der Modellreihen vereinheitlicht. Der neue Golf 7 und der neue Audi A3 etwa nutzen diesen Baukasten bereits, was die Herstellung der Fahrzeuge um rund 20 Prozent billiger macht.

Aber auch die alten Plattformen werden nicht weggeschmissen: „Wer kann sich das schon erlauben?“, fragt VW-Chef Martin Winterkorn. Samt den Werkzeugen könnten sie für den Bau neuer Billigautos an anderen Standorten genutzt werden – aus einem Audi A4 wurde auf diese Weise bereits 2009 ein Seat Exeo.

Einfache Technik

32 Prozent Rabatt sind drin
Im deutschen Automarkt ist die Rezession längst angekommen. 435 Rabattaktionen boten die Hersteller den Neuwagenkäufern im September, 72 mehr als noch im August. Mittlerweile greifen auch die Premium-Marken zu „Sieger-Prämien“ und ähnlichen Angeboten. Handelsblatt Online zeigt, bei welchen Modellen besonders hohe Preisnachlässe winken, wenn man sie online kauft. Inklusive des neuen Golf VII, der erst am 10. November auf den Markt kommt. Die im folgenden genannten Preise und Modellangaben beruhen auf den Daten des Internet-Portals MeinAuto.de und des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen. Quelle: Presse
Im deutschen Automarkt herrscht derzeit ein außerordentlich intensiver Rabattwettbewerb, beobachtet CAR-Institutsleiter und Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer. Dies ist ein deutlicher Indikator, dass die Neuwagenverkäufe in den nächsten Monaten weiter sinken. Haben die südeuropäischen Länder mit ihrer Rezession nun auch den deutschen Automarkt angesteckt? Der Eindruck drängt sich auf, denn in den sechs Jahren, in denen das Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen das Rabattgeschehens im deutschen Automarkt analysiert, wurden noch nie so hohe Incentives gemessen. Eine neue Qualität dieses Rabattwettbewerbs kommt auch durch die Marke Hyundai. Hyundai ist extrem aggressiv im Markt unterwegs und versucht mit sehr hohen taktischen Zulassungen seine Marktanteile weiter auszubauen. Damit pumpt Hyundai hohe Verkaufsförderungsmittel in den Markt, die Hersteller wie Ford, Opel, aber auch Renault, Peugeot und Citroen schwer zusetzen ... Quelle: Presse
CAR hat bei den vier Internet-Vermittlern Autohaus24, carneoo, meinauto und price-optimizer Nachlässe für frei konfigurierbare Bestell-Fahrzeuge ermittelt. Demnach steht der Ford Fiesta derzeit mit 33,6 Prozent Rabatt an der Spitze, vor dem Opel Astra (32,1%) und dem Opel Corsa (31,2%). Die große Überraschung aber sind die neuen Modelle. Der hohe Rabatt des VW Golf VII lässt erahnen, dass bei VW schwierigere Zeiten bevorstehen. Das gleiche gilt auch für die VW Up. Das Fahrzeug ist jetzt knapp neun Monate im Markt - und wird vom Hersteller mit Incentive-Aktionen gestützt. VW ist allerdings nicht allein, auch der neue BMW 3er ist mit 16,4 Prozent überraschend hoch im Rabatt. Der deutsche Neuwagenmarkt war noch nie so stark im Ausverkauf wie im September 2012. Das zeigen die Anzeigen vieler regionaler Händler ebenso wie der im Durchschnitt gewährte Rabatt bei dem Neuwagenkauf über Internetvermittler bei den 30 meistverkauften Neuwagen .... Quelle: Presse
Im September 2012 warben die Hersteller mit auffallend vielen neuen Aktionen. Bei Kia gibt es bis zum 31. Oktober zu jedem Neuwagen einen Shell-Tankgutschein mit 250 Euro Guthaben und einen Inspektionsgutschein als Beigabe. Der Wert der Inspektionsgutscheine ist Modell-abhängig gestaffelt und liegt zwischen 250 und 800 Euro. Die Sondermodelle „Fifa Worldcup“ Edition für Kia Picanto, Rio, Venga und Sportage können optional mit einer Null-Prozent-Finanzierung über vier Jahre kombiniert werden. Die Preisvorteile aus den Sondermodellen liegen für den Picanto bei 500 Euro (3,5%), für den Venga bei 1.000 Euro (5%). Bei allen vier Modellen sehr lohnenswert ist die Null-Prozent-Finanzierung, die beim Sportage mehr als 4.000 Euro Zinsvorteil bietet. Quelle: Presse
An den Mercedes „Testsiegertagen“, die vom 1. bis 30. September durchgeführt wurden, konnten Kunden doppelt profitieren: Mercedes zahlte 3.000 Euro Gebrauchtwagenüberzahlung für die Modellreihen B, C, E, CLS, SLK und GLK. Zusätzlich wurde eine Sonderfinanzierung über 36 Monate angeboten (ausgenommen CLS). Die Höhe der Gebrauchtwagenüberzahlung war für alle Baureihen identisch, die Zinssätze unterscheiden sich. C-Coupé, E-Klasse-Limousine/ -Kombi: 2,99 Prozent C-Limousine/ -Kombi, SLK, E-Cabrio/ -Coupé: 3,99 Prozent B-Klasse, GLK: 4,99 Prozent Quelle: Presse
Kommen wir zur Top-Ten-Übersicht der Kompaktklasse-Fahrzeuge, die derzeit am höchsten rabattiert werden:Platz 1:Marke & Modell: Opel AstraAusstattung / Motorisierung: 1.4 Selection 64 kW / 87 PSZulassungen: 47.950 (01 - 08/2012)Listenpreis lt. Hersteller: 17.690 EuroInternet-Preis: 11.906 EuroRabatt = 32,7% oder 5.784 Euro Die oben genannten Zahlen auf Basis der Daten von MeinAuto.de zeigen, was bei Online-Neukauf möglich ist. Wie weit die „offiziellen“ Angebote bei Herstellern und Händlern derzeit gehen, ist aber laut dem CAR-Institut auch in den Anzeigen der Tageszeitungen zu beobachten. So das Beispiel eines Opel-Händlers: Dessen Angebot des Sondermodells Opel Astra Fun wird vom Hersteller bereits deutlich subventioniert und gegenüber den „normalen“ Serienmodellen von Opel mit einem Preisvorteil von 3.000 Euro zum Preis von 14.990 Euro angeboten. Der Händler legt noch was drauf und wirbt mit 12.990 Euro im Angebot, bzw. zusätzlichen 2.000 Euro Preisvorteil oder 16 Prozent Zusatznachlass. Der Opel-Sondermodell-Kundenvorteil von 3.000 Euro plus Händler-Rabatt von 2.000 Euro addiert sich zu einem Gesamt-Preisvorteil von 5.000 Euro oder 28 Prozent. Quelle: Presse
Platz 2:Marke & Modell: Citroen C4Ausstattung / Motorisierung: VTi Attraction 70 kW / 95 PSZulassungen: 9.043 (01 - 08/2012)Listenpreis lt. Hersteller: 16.190 EuroInternet-Preis: 11.085 EuroRabatt = 31,5% oder 5.105 Euro Quelle: Pressefoto

Moderne Autos wie der neue Golf 7, der Ford Focus oder die E-Klasse von Mercedes fahren über Schlaglöcher, Querrillen und Längsfugen, fast ohne dass der Fahrer das bemerkt. Selbst die Korrektur ärgster Fahrfehler bringt das Fahrwerk nicht aus der Spur. Der Grund: Meist haben diese Autos sogenannte Mehrlenkerachsen. Die Räder sind an bis zu fünf beweglichen Lenkern aufgehängt und so extrem flexibel. Die Mehrlenkerachse kostet allerdings mindestens 250 Euro mehr als die etwas einfachere und nur geringfügig unkomfortablere Verbundlenkerachse, die VW 1974 als erster Hersteller im Golf 1 einsetzte.

Die gibt es immer noch, und wahrscheinlich merken nur versierte Testfahrer den Unterschied. VW etwa setzt im neuen Golf beide System ein: die Verbundlenkerachse gibt es für die Basismodelle, die Mehrlenkerachse nur für die PS-stärkeren Versionen. Das ermöglicht preiswerte Einstiegsmodelle für den Grundbedarf.

Wenn es noch billiger werden muss, ersetzen Hersteller gerne auch die hintere Scheibenbremse durch simple Trommelbremsen – so etwa Volkswagen beim Kleinwagen VW up und Renault bei den Familienlastern Dacia Dokker und Lodgy.

Daneben kommen in den Spar-Mobilen kaum moderne Sechs-Gang- oder gar neue Automatikgetriebe zum Einsatz, sondern nur deren Vorläufer, die kostengünstigen Fünf-Gang-Schaltungen.

Die Autobauer mit den innovativsten Antriebstechnologien
A Lexus hybrid engine Quelle: dpa
A model's leg hangs out of a Fiat Oubo at the Paris Motor Show Quelle: dpa
People visit the Renault showcase on media day at the Paris Mondial de l'Automobile Quelle: REUTERS
Minister for Industrial Recovery Arnaud Montebourg (C) and Chief Executive of French carmaker PSA Peugeot Citroen Philippe Varin (R), visit "La Francaise de Mecanique" Quelle: REUTERS
A worker cleans a Toyota Yaris car at the Wuhan Motor Show, Hubei province, Quelle: REUTERS
A Hyundai logo is seen on a Hyundai BlueOn electric car Quelle: REUTERS
The 2012 Ford Escape Quelle: dapd

Alte Motoren

Weil Platz und Preis in der Billigklasse mehr zählen als Pferdestärken, findet sich in Autos wie den Budget Cars von VW, Toyota oder Dacia eine besondere Form des Recyclings: Motoren, deren Grundkonstruktionen schon seit Jahrzehnten eingesetzt werden, sind für die Hersteller erste Wahl. Die Motoren haben ihre Robustheit bewiesen, der immense Aufwand für die Entwicklung komplett neuer Triebwerke fällt weg.

Trotzdem glaubt etwa VW, dass auch die Oldies mit geringem Aufwand noch an die strenge Euro-6-Abgasnorm angepasst werden können. Dafür brauche es nicht einmal eine aufwendige Benzindirekteinspritzung in die Zylinder oder teure Turbolader.

Renault zeigt bereits, wie erfolgreich das Prinzip der Wiederverwertung sein kann. Den Familienvan Dacia Lodgy und den neuen Hochdachkombi Dokker etwa bewegen Motoren aus einer früheren Generation des Familienvans Renault Scenic.

Merkt der Fahrer, dass er letztlich angejahrte Technik unter der Motorhaube hat?

Verzicht spielt bei Billigautos die entscheidende Rolle

Eher nicht. Die meisten Kunden erwarten von Einstiegsmodellen wie dem Dacia Lodgy ohnehin nicht mehr als eine automobile Grundversorgung. Denn die Fahrer der Billigautos wollen keine Rekordzeiten auf der Rennstrecke brechen, sondern einfache Mobilitätsbedürfnisse erfüllen.

Ein weiterer Vorteil der Diät: Die Preisbrecher vom Schlage der Dacias oder des Hyundai Eon sind in der Regel deutlich leichter – weil auch die Motoren selbst kleiner und damit leichter sind.

Zweckmäßiger Innenraum

Wer den Familienvan Lodgy von Dacia zum werbewirksamen Einstiegspreis von knapp 10.000 Euro kauft, muss vor allem verzichten: Nicht nur auf Zentralverriegelung, Handschuhfach, Radio und Klimaanlage, sondern auch auf einen Innenraum mit weichen Kunststoffen und edlen Sitzbezügen à la Audi. Stattdessen erwartet den Besitzer ein schlichtes Armaturenbrett aus einem harten – aber immerhin zweifarbigen Kunststoff. Schokoladen-, Bonbon- oder Eisflecken? Kein Problem. Die Plastikblende vermittelt den Eindruck, als wenn sie selbst eine Hochdruckreinigung unbeschadet überstehen würde.

Überhaupt spielt Verzicht eine wichtige Rolle bei der Konstruktion der neuen Preisbrecher: Moderne Assistenzsysteme wie Notbremssysteme oder intelligente Tempomaten finden Kunden nur in den seltensten Fällen in den Fahrzeugen.

Auch haben sie keine große Wahl der Außenfarbe. Selbst elektrische Fensterheber gibt es oftmals nur als Sonderausstattung. Aber wer nur ein funktionierendes Auto braucht, kann gut darauf verzichten. Auf dicke Ledersitze allemal.

Mehr Platz

So viel Kunden bei den neuen Low-Cost-Fahrzeugen auch verzichten müssen – sie haben auch Vorteile: Neben dem Preis profitieren sie oft von einem größeren Platzangebot. Vorreiter dieser Entwicklung ist wiederum Dacia. Der Hersteller zeigt, dass billig nicht zwingend klein bedeutet: Der Familienvan Lodgy beispielsweise bietet mit 2.617 Litern ein fast unschlagbares Stauvolumen. Der Platzhirsch in dieser Klasse, der VW Touran, schafft nur knapp 2.000 Liter, sogar den eine Nummer größeren VW Sharan mit 2.430 Litern übertrifft der Lodgy.

Nun legt Dacia nach: mit einem bei Familien und Handwerkern gleichermaßen beliebten Hochdachkombi mit Schiebetüren namens Dokker, der Anfang 2013 auf den Markt kommt. Damit greift das Unternehmen die Marktführer VW Caddy, Renault Kangoo oder Citroën Berlingo an. Der Dokker lockt mit einem Einstiegspreis von knapp 9.000 Euro. Der günstigste VW Caddy kostet fast doppelt so viel.

Doch so sehr sich die westeuropäischen Kunden über die neue Einsteigerklasse freuen: Die Billigwelle hat gravierende Folgen für den Automobilstandort Deutschland. Das ist „kein Ort für die Produktion von Billigautos“, sagt Experte Diez von der Hochschule Nürtingen-Geislingen.

Handarbeit zum Dumpingpreis

Handarbeit - Im rumänischen Dacia-Werk kostet die Arbeitsstunde weniger als fünf Euro Quelle: AP

Lada produziert in Russland, Toyota und Suzuki in Indien, Dacia in Rumänien und Marokko und VW demnächst in Indien: Die Hersteller der Preisbrecher weichen in Billiglohnländer aus, wo nicht in erster Linie teure Roboter die Autos fertigen, sondern auch Handarbeit durch deutlich geringere Löhne noch bezahlbar ist.

In Rumänien waren die Arbeitskosten 2010 pro Stunde mit 4,50 Euro europaweit mit Abstand am niedrigsten, in Polen kostet die Stunde 7,10 Euro, in Tschechien schon 10,50 Euro und in Deutschland immerhin 30,10 Euro.

Kleinwagen wie der VW Polo, Opel Corsa und Ford Fiesta werden daher längst nur noch teilweise in Deutschland hergestellt – in Zukunft könnten sie komplett aus Korea, der Türkei oder Marokko kommen.

Dort stehen inzwischen Fabriken, die für die Produktion von Billigautos bis ins Detail optimiert sind, wie IHS-Spezialist Stürmer aus eigener Anschauung weiß: „Die funktionieren so einfach wie eine Abfüllanlage für Coca-Cola.“ Die Abläufe sind standardisiert, die Produktionskosten niedrig.

Das erhöht wiederum den Druck auf die Autowerke in Wolfsburg, Köln und an anderen deutschen Standorten. VW-Betriebsratschef Osterloh und Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen, wollen noch keine Gefahr erkennen: Ein Verkauf der Billig-Volkswagen in Westeuropa, sagt VW-Chef Martin Winterkorn, sei „momentan“ nicht geplant.

Doch wir erinnern uns: Auch der Dacia Logan aus Rumänien war ursprünglich nur für Autokäufer in Osteuropa bestimmt.

Das sind die Unterhaltskosten-Sieger 2012
Beim Autokauf zählen nicht nur die Anschaffungs-, sondern auch die Unterhaltskosten. Autos mit wenig Wertverlust und geringem Verbrauch fahren dabei im Schnitt statistisch am besten. Der ADAC hat nun wieder die Folgekosten wie Kfz-Versicherung, Steuer, Werkstatt- und Reifenkosten, Wertverlust sowie Betriebskosten verglichen. Auch die durchschnittliche Haltedauer von vier Jahren und die Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometer gehören dazu. Anhand dieser Daten sowie Betriebskosten und Wertverlust hat der Club die günstigsten und teuersten Neuwagen ermittelt ...(Foto: Toyota Aygo) Quelle: PR
Zu den Top Five der Kleinstwagenklasse gehören neben dem Kia Picanto 1.0 (hier im Bild) in Folge der Toyota Aygo 1.0, der Citroën C1, der Daihatsu Cuore 1.0 und der Nissan Pixo 1.0. Bei diesen Autos liegen die Kosten zwischen 26,2 Cent und 27,5 Cent pro Kilometer. Das mag manch einer nicht gern wahrhaben, es entspricht nach den Kriterien des ADAC für eine Auto-Durchschnittsnutzung aber monatlichen Ausgaben zwischen 328 und 344 Euro ... Quelle: PR
Für die Fahrzeuge der Kleinwagen-Klasse zahlen Autofahrer pro Kilometer zwischen 28 Cent und knapp 30 Cent. Hier geben sich der Dacia Sandero 1.2, der Kia Rio 1.2, der Toyota Yaris 1.0., der Suzuki Swift 1.2 und der Skoda Fabia 1.2. preiswert. Quelle: PR
In der Kleinwagenklasse liegen die monatlichen Kosten laut ADAC zwischen 352 und 372 Euro. (Foto: Skoda Fabia)
In der unteren Mittelklasse betragen die Kilometerkosten für die fünf preiswertesten Wagen 32 bis 38 Cent. Das entspricht 409 bis 472 Euro pro Monat. (Foto: Dacia Logan) Quelle: PR
Unter den Top Five in der unteren Mittelklasse sind in Sachen Unterhaltskosten der Dacia Logan MCV 1.6, Dacia Duster 1.6 LPG, Lada Priora 2171 1.6 LPG, Honda Civic 1.4 und der Honda Insight 1.3 (hier im Bild). Quelle: PR
Die Gesamtkosten für die fünf günstigsten Mittelklassewagen liegen monatlich zwischen 497 bis 546 Euro, also bei rund 40 bis 44 Cent pro Kilometer. Die Top-Platzierten laut ADAC in diesem Segment: Skoda Octavia 1.6 LPG, Nissan Qashqai 1.6, Mitsubishi ASX 1.6, Kia Sportage 1.6 (hier im Bild), und Nissan NV200 1.5 dCi Quelle: PR

Die Angst vor der Kannibalisierung

Zugleich ist die Sorge, dass die Billigmarke den Absatz der Kernmarke kannibalisiert, nicht von der Hand zu weisen. Wie viele Kunden kaufen künftig statt eines VW Golf oder eines Renault Scenic das entsprechende preisgünstigere Modell der Konzern-Billigmarke? „Der Verlust ist größer als null, aber niedriger als zehn Prozent“, sagt Achim Schaible, der Chef von Renault Deutschland.

„Es wird nicht ganz ohne Kannibalisierung gehen“, glaubt Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Aber die Gefahr, nichts zu tun, warnt er, könnte noch größer sein: „Ohne ein eigenes Billigauto-Angebot wechselt der Kunde zur Konkurrenz.“

Wie sich eine solche Strategie erfolgreich umsetzen lässt, zeigt der südkoreanische Autobauer Hyundai. Für den indischen Markt haben die Entwickler einen fünftürigen Kleinwagen auf Diät gesetzt. Der vor wenigen Monaten vorgestellte Zwerg Eon misst lediglich 3,50 Meter. Zum Vorwärtskommen reichen ihm 57 PS.

Kampf um die Kunden

Wo Behördenchefs die größten Dreckschleudern fahren
Der Audi A6 wirf kein gutes Licht auf die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Elisabeth Pott, die Leiterin der Zentrale, fährt ein solchen Dienstwagen - ihre Nutzung verursacht 195g/km CO2-Ausstoß. Immerhin noch weniger als der Schnitt der Autoflotte. Der liegt bei 200g/km. Damit bekommt sie von der Umwelthilfe die rote Karte. Quelle: Reuters
Rote Karte für Gunther Dunkel: Die Autos des Vorstandsvorsitzenden der NordLB haben laut der Untersuchung der Umwelthilfe einen CO2-Austoß von 196g/km. Es gibt allerdings nicht ein personengebundenes Auto für Dunkel, sondern mehrere. Damit liegt die Bank auf den untersten Plätzen. Quelle: dpa
Auch die GEZ - die Gebühreneinzugszentrale - schneidet beim CO2-Außstoß ihrer Fahrzeuge schlecht ab. Geschäftsführer Stefan Wolf hat einen A6 3.0 TDI quattro zur Verfügung. Der Ausstoß liegt bei seiner Nutzung mit 149g/km über den Vorgaben der EU. Der Schnitt der gesamten Flotte liegt sogar bei 161 g/km. Quelle: dpa
Noch mal Audi: Die Chefin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tanja Gönner, fährt einen Audi A6 3.0 quattro und pustet im Schnitt 158 g/km CO2 in die Luft. Auch damit rangiert sie auf den unteren Plätzen - die Deutsche Umwelthilfe vergab dafür die rote Karte. Quelle: PR
Gleich drei Mal ungenügend: Die Chefs der Bundesanstalten für Wasserbau, für Gewässerkunde und für Verbraucherschutz fahren jeweils einen Mercedes Benz E220 CDI. Der CO2 Ausstoß ist lobenswert gering - er liegt bei 129g/km. Allerdings macht die Dienstwagenflotte den Schnitt wieder kaputt. Der liegt bei den Behörden zwischen 156 und 180 g/km. Genug für eine rote Karte von der Umwelthilfe. Quelle: dapd
Eigentlich sollte es die besten Bewertungen bekommen, das Bundesamt für Naturschutz liegt aber nur im Mittelfeld. Zwar liegt die Behördenleiterin Beate Jessel mit ihrem BWM 520d mit 125g/km CO2-Ausstoß unter dem geforderten Schnitt, aber die Dienstwagenflotte der Behörde reißt sie mit durchschnittlich 141g/km CO2 wieder rein. Auch sie landet nur im Mittelfeld. Quelle: Handelsblatt Online
Welches Auto er fährt? Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, macht dazu keine Angaben. Zum CO2-Ausstoß schon: 148g/km verursacht er, die Flotte der Bundesbank hingegen ist deutlich umweltfreundlicher. Sie liegt bei 125g/km. Die Wertung der Umwelthilfe: insgesamt nur mittelmäßig. Quelle: dpa

Damit kostet der Winzling umgerechnet weniger als 4.000 Euro und ist nach dem Tata Nano das weltweit zweitbilligste Auto. Hyundai traut dem Wagen einen Absatz von 150.000 Stück pro Jahr zu.

Das kann VW nicht gefallen. Denn für die globalen Expansionspläne der Wolfsburger sind solche Fahrzeuge eine Bedrohung. Wer erst die Einstiegskunden in den boomenden Schwellenländern gewinnt, hat später auch wohlhabende Kunden im Showroom.

Bis der Billig-VW auf dem Markt ist, versucht der Konzern daher, etablierte Marken auf günstig zu trimmen. So bringt die tschechische Tochter Skoda eine konservativ gezeichnete Stufenhecklimousine namens Skoda Rapid zum Einstiegspreis von knapp 14.000 Euro heraus. Die gleiche Technik nutzt die spanische Schwestermarke Seat für den neuen Seat Toledo, der Ende des Jahres auf den Markt kommt.

Zweiklassengesellschaft

Übersicht zu Deutschlands populärsten Dienstwagen (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Beide Autos markieren eine Trendwende zu deutlich billigeren Modellen. Daimler hingegen und auch BMW können da nicht mithalten: Smart und Mini sind als Lifestyle-Produkte positioniert und mit Preisen jenseits von 10.000 Euro immer noch Luxusprodukte.

„Wir sind auf dem Weg zu einer Zweiklassengesellschaft“, glaubt Polk-Berater Winzen: rustikale Einfachautos für den Massengeschmack – und Premiummobile für die gehobene Oberklasse und die Dienstwagenfahrer. Schon heute sind nach Auswertungen des Branchendienstes Dataforce 60 Prozent aller in Deutschland zugelassenen VW Passat Firmenwagen. Und bei Luxusautos sieht es noch krasser aus: Autos vom Kaliber eines Audi A8 werden nur zu etwa 30 Prozent auf Privatkäufer zugelassen. Das Volk fährt einfache Sparmodelle.

Denn längst ist der Besitz eines Billigautos kein gesellschaftlicher Makel mehr: „Ein Dacia oder Skoda ist längst sozial akzeptiert, ihr Besitz gilt heute fast schon als Beweis von Cleverness“, sagt Ralf Kalmbach, Leiter des Kompetenzzentrums Automotive bei Roland Berger. Einen ähnlichen Wandel erlebten die Aldi-Märkte. Früher kaufte dort, wer rechnen musste – heute, wer rechnen kann.

„Vielleicht“, spekuliert Tumminelli, „sind die Billigautos von heute ja die Normalfahrzeuge von morgen.“

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