Ride Austin Eine Stadt sagt Uber und Lyft den Kampf an

Ride Austin macht Uber und Lyft Konkurrenz Quelle: imago images

Der Fahrdienst Uber steht unentwegt in der Kritik. In Austin will es eine Non-Profit-Organisation mit ähnlichem Geschäftsmodell besser machen und seine Fahrer fair bezahlen. Ein Vorbild für deutsche Städte?

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Es ist voll auf den Straßen Austins an diesem Freitagnachmittag. Mit der South by Southwest (SXSW) hat gerade eines der größten Events begonnen, das die texanische Stadt Jahr für Jahr erlebt. Die Straßen Downtowns werden dadurch noch voller. Wer in diesem Gewusel aus dem Zentrum an den Rand der Stadt oder zum Flughafen muss, hat im Grunde drei Möglichkeiten: In öffentliche Verkehrsmittel steigen, ein Taxi nehmen oder Ridesharing-Dienste wie Uber oder Lyft nutzen.

Ein Dreiklang, der in vielen US-Metropolen Standard ist. In den letzten Jahren aber haben die Ridesharing-Dienste immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ihr Modell: Einmal mit dem Handy einen Fahrer zum aktuellen Standort bestellt, kutschieren die ihre Gäste gegen Bezahlung durch die gesamte Stadt – günstiger als Taxis, bequemer als Bus und Bahn.

Deshalb würde auch ich eigentlich einen Uberfahrer rufen. Eigentlich. Heute drücke ich am Smartphone auf eine andere App.

Die Ride-Austin-App: Fahrer lassen sich per Daumendruck ordern. Quelle: imago images

Denn mit dem Erfolg wuchs auch die Kritik an den Ridesharing-Diensten. Insbesondere Marktführer Uber steht aufgrund von wiederkehrenden rechtlichen Komplikationen und des Vorwurfs der Ausbeutung der eigenen Fahrer regelmäßig unter Beschuss. Für alle, denen das nicht mehr geheuer ist, gibt es in Austin eine Alternative: Ride Austin. Das ist die App einer lokalen Non-Profit-Organisation, die Uber und Lyft den Kampf angesagt hat. Laut eigener Aussage bezahlt sie ihre Fahrer deutlich fairer. Trotzdem verspricht Ride Austin günstige Fahrpreise.

Was vielversprechend klingt, wäre womöglich auch ein Modell für deutsche Städte. Ridesharing ist hier noch nicht wirklich angekommen – Uber ist nur in vier Städten in einer abgespeckten Version verfügbar. Anders als in den USA dürfen private Fahrer im eigenen Auto nicht mal eben Chauffeur auf Zeit sein. Uber vermittelt Fahrgäste lediglich an lizenzierte Mietwagenunternehmen. Eine wirkliche Alternative zum privaten Pkw sind Uber und andere Ridesharing-Dienste dadurch nicht.

Doch dank rechtlichen Lockerungen und somit mehr Wettbewerb könnte es bald soweit sein. Und für die ein oder andere Stadt könnte das gar zu schnell gehen.

Zeit also, sich die vermeintlich faire Alternative einmal anzusehen.

Angenehme Fahrt und fairer Preis?

Auf den ersten Blick unterscheidet Ride Austin sich nicht merklich von Uber oder Lyft: Inmitten von Hochhäusern bestelle ich in der App einen Fahrer zu meinem aktuellen Standort am Straßenrand. Nach nur zwei Minuten biegt er schon in einem gelbgoldenen Toyota Avalon Hybrid in meine Straße ein: Es ist Iuser, ein mit 4,92 von 5 Sternen bewerteter Fahrer von Ride Austin. All das können Ride-Austin-Nutzer schon vor der Ankunft des Autos in der App sehen. Bei der Konkurrenz läuft es nahezu identisch ab.

Bald sind es drei Jahre, die Iuser für Ride Austin durch die Stadt fährt. Jetzt zur Messezeit habe er sehr viele Fahrgäste aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt, erzählt er auf unserer gemeinsamen Fahrt durch die vollen Straßen der texanischen Großstadt.

In seinem Toyota ist es auffallend ordentlich, Iuser hat sein blau-kariertes Hemd akkurat in die Hose gesteckt. Laut eigener Aussage verdient er tatsächlich mehr als seine Kollegen – oder Konkurrenten – bei Uber und Lyft. Wie viel, das möchte er nicht sagen.

Im Toyota Avalon von

Auf die Frage, was Fahrer verdienen, antwortet Ride Austin auf der eigenen Webseite: „Weil Ride Austin eine Non-Profit-Organisation ist, können wir unseren Fahrern einen höheren Anteil des Gesamtpreises zahlen, während wir die Fahrpreise gering halten.“ Auch auf Anfrage der WirtschaftsWoche äußerte sich Ride Austin dazu nicht genauer.

Die spendenbasierte Organisation gibt es seit 2016. Sie wurde gegründet, weil Uber und Lyft sich zu dieser Zeit aus Austin zurückgezogen hatten und die Forderung der Stadt nach einer Fingerabdruck-Datenbank der Fahrer nicht akzeptieren wollten. Seit März 2017 sind Uber und Lyft zurück in der Stadt und Ride Austin ist dadurch alles andere als konkurrenzlos. Andy Tryba, Chef von Ride Austin, hat eine Woche nach der Rückkehr von Uber und Lyft eine erste Bilanz gezogen: Das Auftragsvolumen von Ride Austin sei allein in diesen 7 Tagen um 55 Prozent zurückgegangen. Das zeigt die Dominanz der beiden größten Player auf dem Ridesharing-Markt.

Zurück im gelbgoldenen Toyota: Nach zehn Minuten ist meine Fahrt mit Iuser vorbei: knapp drei Kilometer von der Innenstadt bis ins Universitätsviertel der Stadt. Und der Fahrpreis? 8,17 Dollar für die reine Fahrt, 2 Dollar Trinkgeld für Iuser. Wer möchte, kann seinen Fahrpreis noch aufrunden und die Differenz an Hilfseinrichtungen in der Stadt spenden. In meinem Fall sind das 83 Cent. Insgesamt kostet mich die Fahrt mit Iuser also 11 Dollar – umgerechnet knapp 9,80 Euro. Für mich klingt das erst einmal fair. Auf der Webseite von Uber lasse ich mir den Fahrpreis für die identische Strecke schätzen. Ergebnis: 9,27 Dollar. Ein ziemlicher geringer Unterschied. Gut für Ride Austin. Immerhin empfand ich die Fahrt mit Iuser persönlicher und auch deutlich professioneller als meine bisherigen Fahrten mit Uber – und sie kann preislich also tatsächlich mit dem großen Konkurrenten mithalten.

Wer also etwas Neues ausprobieren möchte und sich bisher ohnehin gegen Uber gesträubt hat, sollte Ride Austin ausprobieren. Für die einfache Beförderung von A nach B tut es ein Fahrer von Uber aber genauso.

Wäre da nicht das Ausbeuter-Image.

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