Wie wichtig Geräusche für das menschliche Gehör sind, kann Ercan Altinsoy vom Lehrstuhl für Kommunikationsakustik an der TU Dresden erklären. „Wir können die Ohren nicht einfach schließen. Wir hören 24 Stunden am Tag. Entsprechend hoch ist die Bedeutung von Geräuschen für die Menschen“, sagt er. „Gewisse Geräusche lösen evolutionsbedingt ähnliche Gefühle aus. Mit dieser Erkenntnis arbeiten auch die Sounddesigner.“
Als konkretes Beispiel nennt er das Brüllen eines Löwen, das zwei Gefühlszustände auslöst: Macht und Angst. Eine Aufgabe von Sounddesignern ist es entsprechend den „Macht-Sound“ zu extrahieren und den „Angst-Sound“ herauszufiltern. So entstehen Töne, die bei den Kunden am Ende ein positives Gefühl auslösen.
Außerdem greifen die Menschen beim Kauf nahezu aller elektronischer Waren auf ihre ganz eigene Sound-Biografie zurück. „Bestimmte Geräusche erinnern den Kunden daran, dass er mit einem Produkt zufrieden war. Hört er das Geräusch wieder, greift er schneller erneut zu“, ist Altinsoy sicher.
Außerdem gibt es Sounds, die ein Gefühl von Qualität vermitteln. „Niemand möchte das Geräusch von schepperndem Metall hören, wenn die Tür ins Schloss fällt. Was die Kunden wollen, ist ein sattes Plopp“, sagt Bernhard Pfäfflin von Porsche. Und Ercan Altinsoy von der TU Dresden weiß: „Funktion und Qualität der Fahrzeugantrieben sind nicht visualisierbar, diese Lücke wird durch Sounddesign geschlossen – schon in Bruchteilen einer Sekunde ist Fahrzeugqualität auditiv bewertbar.“
Sicherheit geht vor
Doch die Geräuschkulisse im Auto dient nicht nur der durchaus wichtigen Industriepsychologie. Sie ist vor allem ein Sicherheitskriterium. Der Mensch reagiert auf Geräusche viel schneller als auf Bilder. Binnen einer Millisekunde ist der Fahrer in der Lage ein Geräusch aufzunehmen, die Verarbeitung von Bildern dauert aufgrund der höheren Datenmenge bis zu 25 Millisekunden. Entsprechend viele Audio-Informationen lassen sich im Auto gleichzeitig aufnehmen. Und das, ohne den Straßenverkehr aus den Augen zu lassen. Gleichzeitig kann der Mensch nur eine gewisse Menge an Informationen gleichzeitig im Gehirn verarbeiten.
Für die Sounddesigner ergeben sich daraus zwei Erkenntnisse: Zum einen müssen die Geräusche einen eindeutigen Zweck erfüllen, zum anderen dürfen sie nicht irritieren oder ablenken. „Zum Beispiel soll der Fahrer beim Schließen eines Fensters hören, dass der Vorgang richtig funktioniert hat und dass das Fenster richtig geschlossen ist“, sagt Tobias Beitz von Daimler. Nur so könne sich der Fahrer wieder voll auf die Fahrbahn konzentrieren. Doch damit das Gefühl der Sicherheit auch eintritt, muss das Geräusch entsprechend hochwertig klingen. Also haben die Designer ein Geräusch entworfen, das genau dieses Gefühl vermittelt. Dafür wurden die einzelnen Bauteile so gebaut, dass genau das Zielgeräusch entsteht, das die Soundentwickler im Vorfeld im Studio bestimmt haben.