Tesla-Fabrik Grünheide Teslas unbezahlte Wasserrechnung

Das Straßenschild steht schon mal, bei der Wasserversorgung für Teslas neue Fabrik in Grünheide aber gibt es Probleme. Quelle: AP

Immer wieder entbrennt Streit um den Wasserverbrauch der neuen Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin. Warum Autofabriken so viel Wasser brauchen – und wie Tesla das Problem nun lösen will.

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Eigentlich ist es eine wasserreiche Gegend, die Region rund um Teslas neue Gigafactory bei Berlin, die der US-Autobauer derzeit im Rekordtempo aus dem Boden stampft. In direkter Nachbarschaft der Baustelle liegen Möllensee, Peetzsee, Werlsee, wo es neben der alteingesessenen Pension „Schildkröte“ seit Kurzem auf einer Insel einen „Nicola-Tesla-Gedächtnisbaum“ gibt. Dann zahlreiche Bäche und Flüsse, darunter die Müggel-Spree im Süden. Und dennoch gibt es immer wieder Streit und Ärger um den Wasserverbrauch des neuen Autowerks. Jüngste Posse: Weil Tesla eine Zahlungsfrist für das Bauwasser verstreichen ließ, offenbar wegen technischer Probleme, stellte der Wasserverband Spree-Erkner kurzerhand die Wasserleitung ab.

Nach den ersten Plänen für das Werk hätte Tesla in der Tat sehr viel Wasser verbraucht - auch mehr als einige andere Autohersteller für eine vergleichbare Produktion. Nach Angaben des zuständigen Wasserverbands hätte Tesla demnach bis zu 372 Kubikmeter Wasser in der Stunde verbrauchen wollen - so viel wie eine Stadt mit 71.000 Einwohnern. Im Gesamtjahr 2021, wenn die Produktion im Werk anlaufen soll, hätten es 18 Millionen Kubikmeter werden können, erlaubt sind dem Verband zufolge derzeit nur knapp 11 Millionen.

Im „Global Water Report“ der Organisation CDP (Carbon Disclosure Project) geben Dreiviertel der Autobauer an, dass die Verfügbarkeit von Wasser ein substanzielles Risiko für die eigenen Aktivitäten beziehungsweise die der Zulieferer darstelle. CDP verteilt auch Noten für den sorgsamen Umgang mit der Ressource. Die Bestnote A erhielten im vergangenen Jahr unter anderem Volkswagen, Ford, GM, Toyota und Hyundai. BMW kam auf ein A-. Mit einem F bewertete CDP Daimler – und Tesla. Beide hatten zu wenige Informationen über ihren Umgang mit Wasser veröffentlicht, um bewertet zu werden, heißt es.

Verbrauch um zwei Drittel reduziert

Doch Tesla hat im Frühjahr auf die herbe Kritik reagiert. Die überarbeiteten Baupläne für die Fabrik bei Grünheide gingen am 1. Juli online. Es waren mehrere tausend Seiten – ein Kurzbericht und Hunderte Unterlagen zur Fabrik, ihren Emissionen, Dutzende Gutachten, die Interessierte einen Monat lang einsehen oder herunterladen konnten. Auch in Gemeindeämtern und Behörden lagen sie aus. Die Änderungen gegenüber den ursprünglichen Plänen sind nicht trivial: Neben einem leicht veränderten Layout der Fabrik, mehr Abholzung und noch mehr Wiederaufforstung andernorts, ging es vor allem um den prognostizierten Wasserverbrauch. Den will Tesla nach den neuen Plänen um bis zu zwei Drittel senken. Unter anderem sollen das ein verbessertes Wasserrecycling und bessere Kühlsysteme möglich machen. Auch der Abwasseranfall ist reduziert.

Statt in der Spitze bis zu 3,3 Millionen sollen in der ersten Ausbaustufe nun nur noch 1,4 Millionen Kubikmeter im Jahr gebraucht werden. In Grünheide will Tesla vom kommenden Sommer an Elektroautos herstellen. In einer ersten Stufe sind 500.000 Elektroautos pro Jahr geplant.

Der Verbrauch kann aber nach den Plänen des Autobauers bei einem weiteren Ausbau des Werks wieder steigen: Im Entwurf für den geänderten Bebauungsplan der Gemeinde Grünheide heißt es: „Perspektivisch müssen zusätzliche 2,15 Millionen Kubikmeter pro Jahr bereitgestellt werden.“

Warum ein Autowerk so viel Wasser braucht

Warum aber benötigen Autowerke überhaupt so viel Wasser? „Drei Viertel des Wassers werden in der Lackiererei verbraucht“, erklärt Frank Herre, Manager beim weltweit führenden Lackiermaschinenhersteller Dürr aus Bietigheim in Baden-Württemberg. Neue Maschinen haben den Ressourceneinsatz gegenüber früher drastisch reduziert. Beim traditionellen Lackieren landet eine Menge Lack nicht auf der Karosserie, sondern daneben, Fachleute sprechen vom Overspray. Der feine Sprühnebel aus zerstäubtem Lack musste bisher mühsam mit großen Wassermengen aus der Luft gewaschen werden. „Heute gibt es zwar dafür auch trockene Verfahren, etwa mit Kalk, aber der Energie- und Ressourcenverbrauch einer Lackiererei ist immer noch hoch“, sagt Herre.

Ecopaint Jet heißt das neue Dürr-System: Statt durch möglichst feines Zerstäuben trägt es den Lack in feinen, zusammenhängenden Strahlen auf, vergleichbar mit einer Regendusche. Ein lasergeführtes Messgerät tastet zunächst das Auto ab; ein Lackierroboter mit 50 Düsen, die eine Software alle einzeln steuern kann, trägt dann den Lack in dünnen Bahnen genau dort auf, wo man ihn haben will. Mit dem neuen Verfahren erreicht Dürr „einen Auftragswirkungsgrad von 100 Prozent“, erläutert der Projektleiter Hans-Georg Fritz. Mit anderen Worten: Die gesamte Lackmenge landet auf dem Auto.


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„Eine der größten Herausforderungen war, zusammen mit unseren Zulieferern einen geeigneten Lack zu finden; auch die Robotik war nicht einfach zu beherrschen“, sagt Fritz, „es dauerte ziemlich lange, bis die Lack-Bahnen gleichmäßig, parallel und randscharf waren.“ Inzwischen ist die Technik erprobt, marktreif und im Einsatz, etwa bei BMW in Dingolfing, bei Audi in Ingolstadt oder bei VW. Die Vorteile für die Autobauer liegen auf der Hand: Das neue Verfahren ist schneller und effizienter, weil es neben dem Lack selbst viel Strom spart und jede Menge Abklebematerial wie Kunststoff-Folien.

Am vergangenen Mittwoch hat Tesla eine große Hürde für die Genehmigung der Fabrik genommen: Tesla habe den Vertrag zur Wassererschließung nun endlich unterzeichnet, sagte die Sprecherin des Wasserverbands Strausberg-Erkner, Sandra Ponesky, in Potsdam. Die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung für die erste Ausbaustufe des Werks ist damit technisch und juristisch unter Dach und Fach. Nun muss Tesla also nur noch seine Rechnungen pünktlich bezahlen.

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