Tesla gegen Sila Nano und Quantumscape Die Jagd nach dem perfekten Akku

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Sila Nano oder Quantumscape: Wem gelingt die Akku-Revolution?

Während Sila Nano daran arbeitet, den Kohlenstoff in der Anode durch eine Siliziummischung zu ersetzen, wagt Quantumscape den im Silicon Valley beschworenen „Moonshot“. Das Start-up hat einen Akku entwickelt, der aus Lithium-Metall besteht und keine klassische Anode mehr benötigt. Da dabei im Gegensatz zur herkömmlichen Batterie kein flüssiger Elektrolyt nötig ist, wird dieser Aufbau auch als Festkörperbatterie bezeichnet.

Dieser Lithium-Metall-Energiespeicher gilt als der Heilige Gral des Akkus, an dem seit mehreren Jahrzehnten geforscht wird. Denn die Festkörperbatterie könnte nicht nur doppelt so viel Energie auf gleicher Fläche speichern, sondern auch leichter sein und sich innerhalb von zehn Minuten voll aufladen lassen. Zudem benötigt sie keine Kühlung und kommt auch mit Minusgraden besser zurecht. VW testet diesen Akku bereits in Fahrzeugen.

Bei Sila Nano ist man nicht bange, dass ihnen Quantumscape mit diesem disruptiven Ansatz das Wasser abgräbt. „Wir wünschen ihnen alles Gute, glauben aber, dass unser Weg der schnellste und effektivste ist“, wiegelt Firmengründer Gene Berdichevsky ab. Zwar könnte seine Silizium-Anode den Lithium-Akkus nur bis zu 40 Prozent mehr Kapazität verleihen. Aber sie wird laut Berdichevsky und seinem Mitgründer Gleb Yushin, der als Professor für Materialwissenschaften am Georgia Institute of Technology unterrichtet, schon in ein paar Jahren bereitstehen und lässt sich vor allem in den schon bestehenden Batteriefabriken einfach integrieren. Tatsächlich werden heute schon, etwa bei Tesla und Panasonic, den Grafit-Anoden Silizium beigemischt, allerdings in geringer Menge von zwischen drei und sechs Prozent des Gewichts der Anode. „Eine gravierende Herausforderung ist, dass das Silizium sich stark ausdehnt, während das beim Grafit nur moderat geschieht“, sagt Martin Winter, Professor an der Universität Münster und international bekannter Experte für Elektrochemie. Beim Ausdehnen des Siliziums werden die Batteriezellen zerstört.

Volkswagens Antwort auf den Tesla Model Y
Die Auslieferung des ID3 hat noch gar nicht so richtig begonnen, da werden die E-Fahrer bereits auf den ID4 eingestimmt. Quelle: Volkswagen
Als erstes SUV mit Stecker soll der ID.4 den Mobilitätswandel der Marke weltweit voranbringen und dem Model Y das Leben schwer machen Quelle: Volkswagen
Der Innenraum wirkt wertiger als beim ID3 Quelle: Volkswagen
Noch vor Weihnachten sollen zu Preisen ab etwa 37.000 Euro die ersten Autos bei den Kunden sein Quelle: Volkswagen
 Wo der ID3 in der schrumpfenden Kompaktklasse antritt, startet der ID4 im Boomsegment der handlichen Geländewagen Quelle: Volkswagen
Nur in zwei Punkten bricht der ID.4 mit den Konventionen seiner Klasse: Für ein SUV dieses Formats ist er ungewöhnlich handlich und wendig, weil die Vorderräder ohne den raumgreifenden Verbrennungsmotor dazwischen deutlich stärker einschlagen können. Und für ein Elektroauto traut er sich dank deutlich mehr Bodenfreiheit mutig auch ins Gelände und meistert in Ehra-Lessien auch jene Schotterpisten, Gruben und Kuppen, auf denen die Niedersachsen ihre Rallye-Autos testen – dabei kommt die Version mit standesgemäßem Allradantrieb erst im nächsten Jahr. Quelle: Volkswagen
Los geht es statt erst einmal mit gleich vier Leistungsstufen für den an der Hinterachse montierten E-Motor von 109 kW/150 PS im Basismodell bis zu 150 kW/204 PS in der vorläufigen Top-Ausstattung. Quelle: Volkswagen

Berdichevsky und Yushin glauben, dass sie mit ihrem Verbundstoff aus Nanopartikeln die Gefahr in den Griff bekommen haben. Ihre Überzeugung und ihre russischen Wurzeln, beide sind Einwanderer, haben sie im Firmennamen verewigt. „Sila“ steht im Russischen für Kraft.

Berdichevsky ist im Silicon Valley als einer der ersten Tesla-Angestellten bekannt. Als Mitarbeiter mit dem Firmenausweis Nummer 7 verantwortete er die Entwicklung des ersten Tesla-Akkus. An seiner Seite hat er Kurt Kelty. Der war elf Jahre lang einer der wichtigsten Batterieexperten bei Tesla. Zuvor hatte Kelty das US-Forschungslab von Panasonic aufgesetzt. Für den Aufsichtsrat hat man den langjährigen General-Electric-Chef Jeffrey Immelt gewonnen.

Bei Quantumscape protzt man ebenfalls mit Tesla-Power und Tech-Prominenz. Im Aufsichtsrat sitzt niemand Geringeres als Tesla-Mitgründer Jeffrey Brian „JB“ Straubel, flankiert von Amazon-Entdecker John Doerr und Sun Microsystems Mitgründer Vinod Khosla. Außerdem erwähnt man gern, dass Bill Gates mitinvestiert hat.

Quantumscape wurde zwar schon vor zehn Jahren von Stanford-Wissenschaftlern gegründet, darunter Fritz Prinz, Professor für Materialwissenschaft und gebürtiger Österreicher. Mitgründer und CEO ist Jagdeep Singh, der mehrere Telekommunikationsausrüster erfolgreich an die Börse geführt hat.

Bis vor Kurzem kommunizierte das Jungunternehmen nur äußerst zurückhaltend. Das änderte sich Anfang September, als Singh eine 37 Seiten starke Investorenpräsentation veröffentlichte und zugleich einen Börsengang über eine Mantelgesellschaft ankündigte, die seinem Unternehmen aus dem Stand eine Bewertung von 3,3 Milliarden Dollar zubilligt.

„Wir haben eine Batterie-Technologie entwickelt, die es in dieser Form in der Welt noch nicht gibt“, prahlt Singh. „Es ist die eleganteste Architektur, die ich je bei einem Lithium-Ionen-Batterie-System gesehen haben“, assistiert Straubel. Gemeinsam mit VW, das mit Frank Blome (Akku-Zar des Konzerns) und Jürgen Leohold (ehemaliger Leiter der Konzernforschung) zwei Vertraute in den Aufsichtsrat entsandt hat, will man bis 2024 eine eigene Batterieproduktion hochziehen.

Prototypen der Sila-Zelle. Hinter dem Start-up steht ein Bündnis von BMW und Daimler. Quelle: PR

Die Technologie, die mit über 200 Patenten geschützt sein soll, wird in der Präsentation nur oberflächlich behandelt. „Wir wollten noch nicht so viel offenlegen“, sagt Singh. Glaubt man ihm, dann ist die industrielle Großproduktion kein Problem. Mehr noch: „Festkörper-Zellen lassen sich in bestehenden Batteriefabriken produzieren“, behauptet Stefan Sommer, Volkswagens Konzernvorstand für Beschaffung, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Das wäre entscheidend, weil in derzeitige Akkufabriken bereits Milliarden von Investitionen geflossen sind, die erst wieder hereingespielt werden müssen.

Branchenexperten bezweifeln, dass die Produktion einfach so umgestellt werden kann. „Es ist ein völlig anderer Produktionsprozess und eine ganz andere Lieferkette“, sagt Analyst Jaffe. Zwar werde es demnächst Festkörper-Akkus geben, „aber sie eignen sich nicht für Autos, weil sie unzuverlässig sind und viel zu teuer in der Herstellung“.

Problematisch sind Kristalle, die sich in der Batterie beim Laden und Entladen bilden können und die Zellen beschädigen. Diese sogenannten Dendriten könnten zu Kurzschlüssen führen. Um das zu vermeiden, muss jede kleinste Unreinheit vermieden werden, die Ausschussquote und Kosten sind entsprechend hoch. „Wir haben das mit einem speziellen Keramik-Material in den Griff bekommen“, sagt Singh. „Unser Akku wird sehr viel günstiger in der Herstellung sein, da wir keine Anode bauchen und auch keine raren Rohstoffe.“ Zunächst werde man sich auf Autos fokussieren, später die Technologie auch für kommerzielle Stromspeicher und Mobiltelefone bereitstellen. Kritik von Skeptikern lässt er abprallen: „Die kennen unsere Technologie nicht“, heißt es dann nur kurz.

„Das ist eine große Sache“

„Herkömmliche Lithium-Ionen Akkus haben zwanzig Jahre gebraucht, um im Preis merklich herunterzukommen“, sagt Analyst Jaffe. Bei Volkswagen ist man jedoch fest überzeugt, dass man sich mittels Quantumscape an die Spitze bei den Akkus setzen wird. „Das ist eine große Sache. Diese Technologie hilft, Volkswagen zum Vorreiter im Batteriegeschäft zu machen“, jubelt Alexander Hitzinger, Chef von VWs Sparte für autonomes Fahren.

Wie geht das Rennen aus? Für Quantumscape spricht, dass auch Toyota für 2025 eine Festkörperbatterie angekündigt hat – allerdings mit einer anderen Technologie. Volkswagen hat sich über Abnahmevereinbarungen wie mit chinesischen Akku-Produzenten CATL sowie Kooperationen wie mit dem schwedischen Akku-Spezialisten Northvolt abgesichert, mit dem man im niedersächsischen Salzgitter eine eigene Produktion errichtet. Hält Quantumscape seine vollmundigen Ankündigungen, dann könnte Volkswagen sich beim Akku von der Konkurrenz absetzen. Der Konzern hat laut Singh das Recht, die Technologie als Erster einzusetzen.

Eins lässt sich sicher sagen: Aus dem in den Siebzigerjahren entwickelten Lithium-Ionen-Akku lässt sich dank Forschungsdoping eine Menge herausholen. Elon Musks größte Bremse wäre damit Geschichte.

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