Vorbildfunktion? Wie Belgien erfolgreich gegen Tacho-Betrug kämpft

Seite 2/3

Ein internationales Problem

Zehn Tipps, wie Sie ein Unfallauto erkennen
Blick auf den LackOb großer Unfall oder kleiner Zusammenstoß – die Folgen lassen sich bei dem erkennen, was direkt ins Auge sticht: dem Lack. Gebrauchtwagenkäufer sollten überprüfen, ob er überall den gleichen Eindruck macht. Gibt es Farbunterschiede, ist er überall gleich durch Witterung und Waschanlagen abgenutzt, gibt es Stellen, die neuer wirken? Gerade bei Metallic-Farben fallen nachlackierte Bereiche durch unterschiedliche Reflexionen auf. Wenn Nachlackierungen zu allem Überfluss stümperhaft vorgenommen wurden, lässt sich das etwa an leichten Farbresten an Fenstern und Gummis erkennen. Quelle: dapd
Spachtelmasse auf der SpurLackierer füllen Beulen und Vertiefungen gerne mit Spachtelmasse auf. Diese können Autokäufer mit einem Lackschichtenstärkemesser aufspüren, der angibt, wie dick der Lack an der jeweiligen Stelle ist. Es lohnt sich besonders an Stellen, die oft von Unfällen betroffen sind, wie Kotflügelspitzen, Radläufen und Heckabschlussblech. Wer kein solches Messgerät zur Hand hat, kann auch auf einen Magneten zurückgreifen: Je dicker Lack und Spachtel, desto schwächer ist die Haftwirkung. Ansonsten hilft auch, zu klopfen.  Dort, wo nicht nur reines Blech zu finden ist, klingt das Klopfgeräusch dumpfer. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Spalten ertastenOb Teile ausgetauscht wurden, lässt sich nicht nur an Lackunterschieden zum restlichen Auto erkennen, sondern auch an den Fugen. Je teurer das Auto ist, desto präziser verlaufen die Spalten. Wenn man mit dem Finger die Fugen entlangfährt, lassen sich möglicherweise unterschiedliche Spaltmaße ertasten. Diese weisen auf einen Austausch von Teilen nach einem Unfall hin. Quelle: dpa
Die Tür kontrollierenOb ein Auto einen Unfall hatte, lässt sich auch daran erkennen, wie gut die Türen schließen. Fallen sie nicht leicht und satt ins Schloss, kann das daran liegen, dass sie nach einem Unfall nicht richtig justiert wurden. Quelle: Volkswagen
Nach der Lenkradstellung schauenSchon ein kräftiger Stoß gegen den Bordstein kann für kleine Stauchungen an Teilen der Lenkung sorgen. Das führt zu einem leicht links oder rechts geneigten Lenkrad. Quelle: Chevrolet
Auf die Abnutzung der Reifen achtenSind Reifen außen beispielsweise stärker abgenutzt als innen, können das Spätfolgen eines Unfalls sein, denn dabei wird öfter die Radaufhängung beschädigt. Falsch repariert, führt das zu so einer ungleichmäßigen Abnutzung. Quelle: dpa/dpaweb
Unter die Motorhaube guckenDie Längsträger, die unter der Motorhaube unter anderem den Motor und die Stoßstange fixieren, können bei einem Unfall beschädigt werden. Bei einem Blick unter die Motorhaube sollten Kunden deshalb nach Stauchungen und Schweißstellen suchen. Quelle: dpa

„Wer einen Gebrauchtwagen kaufen will, kann sich von uns diese Datenübersicht zuschicken lassen. Tauchen Unregelmäßigkeiten auf, deutet das auf Betrüger hin, denen deutlich schneller auf die Schliche gekommen werden kann“, sagt Peelman. Auch internationale Polizeistellen wenden sich im Zuge ihrer Ermittlungen mittlerweile an Car-Pass.

Die Arbeit der vergangenen acht Jahre kann sich sehen lassen. 2013 sind in Belgien nur noch 1100 Fälle von Tacho-Schummeleien bekannt geworden.

„Allerdings wissen wir nichts über die importierten Autos“, schränkt Michel Peelman ein. Und gerade der Gebrauchtwagenmarkt sei international. Ein konkretes Bespiel: Erst kürzlich hat Peelman eine E-Mail aus Polen erhalten. Darin fragte ein Gebrauchtwagenhändler den Tachostand eines noch in Belgien registrierten Fahrzeugs an. In Polen sei das Auto mit angeblich 115.000 gefahrenen Kilometern gelandet. Laut Car-Pass-Datei hatte der Wagen aber schon mindestens 250.000 Kilometer hinter sich.

Unterm Strich wissen die Kunden bei Gebrauchtwagen belgischer Herkunft also sehr genau, wie es um das Auto bestellt ist. Die Händler hingegen konkurrieren weiter mit den Wagen, bei denen am Tacho gedreht wurde.

„Der Großteil der Gebrauchtwagen wird aus dem Ausland bezogen. Besonders aus Deutschland“, sagt Peelman. Entsprechend sei zumindest eine europaweite, einheitliche Einigung sinnvoll. Car-Pass hat sich mit seinem Modell bereits an die Europäische Kommission gewandt. Dort habe man das Thema als relevant wahrgenommen, wie es konkret weitergeht, ist derzeit nicht klar.

„Wir können unseren Nachbarn nicht vorschreiben, was sie tun sollen. Aber ein ähnliches Vorgehen, dass einen Austausch der Daten erlaubt, wäre überaus hilfreich“, so Peelman. Erfreulicherweise hätten inzwischen zumindest die Niederlande nachgezogen. Und auch mit Vertretern des deutschen ADAC sei man im Gespräch. Was einen Vorstoß in der Bundesrepublik angeht, ist Peelman jedoch eher vorsichtig. „Man sagte uns, dass sich so eine Datenbank in Deutschland aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht einfach so umsetzen ließe“, sagt Peelman.

Wirklich nachvollziehbar findet er das Argument nicht. „Unser System schützt die Privatsphäre. Wir speichern lediglich eine Fahrzeugnummer und den Kilometerstand“, sagt der Car-Pass-Chef. Weder der Name des Fahrzeughalters noch das offizielle Nummernschild würden hinterlegt. Außerdem dürften die Daten nicht zu kommerziellen Zwecken an Dritte weitergegeben werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%