
Bis zum Oktober soll in Berlin ein institutionenübergreifendes "Institut für Internet und Gesellschaft" entstehen. Der erste Gedanke angesichts der soeben vorgestellten Planung dazu: Es ist ein Armutszeugnis für die deutsche Wissenschaftslandschaft, dass bislang niemand auf die Idee kam, ein Netzwerk dieser Art aufzubauen.
Viele Professoren, Fachbereiche und Institute befassen sich auf die eine oder andere Art mit der Erforschung des Internets. Seit 2005 gibt es an der Ludwigs-Maximilian-Universität gar ein interdisziplinäres Zentrum für Internetforschung, seit 2010 ein solches auch an der Uni Würzburg. Institutsübergreifend und mit dem Blick auf gesellschaftliche Auswirkungen jedoch wird nirgends geforscht. Und das, obwohl das Internet unsere gesamte Gesellschaft umgräbt.
Es brauchte offensichtlich den Internetkonzern Google, um in Deutschland eine wissenschaftliche Plattform zu bauen, auf der verschiedene Forschungseinrichtungen ihre Erkenntnisse zusammenfassen und vernetzen können, eben jenes neue Institut. Und es brauchte offensichtlich Google, um das Geld dafür aufzubringen.
Google zahlt drei Jahre lang jeweils 1,5 Millionen Euro
Der Konzern zahlt mindestens drei Jahre lang jeweils 1,5 Millionen Euro und finanziert damit die Stellen von vier Wissenschaftlern, vier wissenschaftlichen Mitarbeitern, einem Geschäftsführer und einer Assistentin dieses Geschäftsführers.
Das Ganze wird als sogenanntes An-Institut zur Berliner Humboldt-Universität gehören. Dadurch wird es der Universität zwar angegliedert sein, aber als gemeinnützige GmbH eigenständig handeln. Neben der HU Berlin gehören das Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung, die Universität der Künste und das Hans-Bredow-Institut zu den Gründungsmitgliedern. Die vier stellen dazu je einen Wissenschaftler frei. Gemeinsam sollen diese als Gründungsteam vier Forschungsbereiche aufbauen. Die HU stellt außerdem Räume in der juristischen Fakultät zur Verfügung.
Das alles erscheint wenig angesichts des umfassenden Ansatzes. Heißt es doch im Mission Statement des neuen Instituts: Ziel sei es, "die vom Internet ausgehenden Veränderungen der Gesellschaft besser zu verstehen und allen Gruppen die Mitgestaltung der digitalen, vernetzten Zukunft zu ermöglichen."
Dass die beteiligten Forscher viel wollen, zeigte auch die mehrfache Erwähnung ähnlich gestalteter und sehr viel größerer Institute, des Berkman-Centers for Internet and Socityim amerikanischen Harvard und des Oxford Internet Institutes in Großbritannien.