Post-PC-Ära Smartphones setzen Computer-Dinos unter Druck

Seit Jahrzehnten prägt der Personal Computer das moderne Leben. Doch die oft großen und lauten Kisten müssen immer öfter den kleinen und leichten Smartphones und Tablet-Computern weichen. Eine Branche ist im Umbruch.

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Galaxy Note von Samsung. Smartphones und Tablets machen PC-Schwergewichten zu schaffen. Quelle: dpa

New York Die Börse kennt kein Mitleid: 27 000 Menschen verlieren bei Hewlett-Packard ihren Job - und die Aktie geht an der Wall Street durch die Decke. So weit ist es gekommen mit dem einst so stolzen Computer-Giganten, dass erst ein Aderlass beim Personal den Börsianern Hoffnung geben kann. Hoffnung, dass HP in verkleinerter Form seine Zukunft sichern kann.

Der weltgrößte PC-Hersteller hat in den vergangenen Jahren den Trend hin zu Smartphones und Tablet-Computern verschlafen. Die neue Welt der schlanken mobilen Geräte wird von Apple und dem südkoreanischen Samsung-Konzern dominiert. Für Hewlett-Packard scheint in dieser Welt nur ein kleinerer Platz frei zu sein. So auch für Dell - auch der kleinere Rivale musste bis zuletzt schrumpfende Verkäufe hinnehmen. Es fehlt an durchschlagenden Ideen, wie die Wende zu schaffen ist.

„Der Personal Computer war einmal das Zentrum. Dieses Modell ist Vergangenheit.“ Das sagte kein geringerer als Apple-Gründer Steve Jobs nach dem iPad-Start 2010. Er propagierte als einer der ersten die „Post-PC-Welt“, also die Zeitrechnung nach dem Tischcomputer. Von den anderen Herstellern wurde seine Vision belächelt. Sie bauten weiterhin ihre klobigen und lauten Rechenknechte. Eine der größten Neuerungen war noch, dass die PCs heute nicht mehr in Farbe „Computergrau“ vom Band laufen.

Doch Jobs ließ sich nicht beirren. Mit dem Satz „Wir haben das Telefon neu erfunden“ stellte er im Jahr 2007 das iPhone vor. Es klang maßlos übertrieben - doch das Handy mit berührungsempfindlichem Display setzte bei Bedienung und Aussehen Maßstäbe. Vor allem aber krempelte das iPhone die Industrie um, weil mit ihm erstmals nicht mehr das Gerät, sondern die darauf installierte Software - die Apps - im Vordergrund standen.

Anfang 2010 setzte Jobs zum nächsten Schlag gegen den PC an: Er stellte den Tablet-Computer iPad vor. Apple gelang damit schon wieder aus dem Stand ein grandioser Erfolg. Alleine im vergangenen Quartal verkauften sich das iPhone 35 Millionen Mal und das iPad annähernd 12 Millionen Mal. Zum Vergleich: Nach Angaben des Marktforschers Gartner wurden alle PC-Hersteller zusammen in der gleichen Zeit 89 Millionen Geräte los.


PC-Konzerne waren schneller als Apple - aber nicht erfolgreich

Dabei hatten PC-Konzerne immer mal wieder versucht, selbst Tablet-Computer unters Volk zu bringen - und das weit vor Apple. Microsoft-Mitbegründer Bill Gates präsentierte bereits vor über zehn Jahren in Las Vegas seine Vision des digitalen Tafel-Computers. Auch das Smartphone ist keine Erfindung von Steve Jobs. Doch die Geräte waren zu teuer, zu umständlich zu bedienen oder einfach zu hässlich, um zum Verkaufsschlager zu werden.

Nun bleibt den PC-Herstellern nichts anderes übrig, als hinter Apple herzulaufen und zu versuchen, den Anschluss nicht vollends zu verpassen. Einige von ihnen behaupten sich immerhin auf dem traditionellen PC-Markt mit Erfolg wie der chinesische Aufsteiger Lenovo, dessen Chef Yang Yuanqing gerne von einer „PC+ Ära“ spricht.

Ein Dickschiff wie Hewlett-Packard ist aber nicht über Nacht zu wenden. Jahrelang hatte der US-Konzern daran gearbeitet, das Geschäft in der „alten Welt“ zu perfektionieren: Computer verkaufen, durch Zusatzgeräte wie Drucker ergänzen, dazu den Service anbieten - schon ist eine langfristige Kundenbindung perfekt. So dachte man.

HP hatte sich mit dem milliardenschweren Kauf des Konkurrenten Compaq vor zehn Jahren an die Spitze der Branche hochgearbeitet. Der Wandel der Industrie brachte das eingespielte System jedoch aus dem Gleichgewicht. Die Umsätze mit Hardware sinken, das Software-Geschäft wächst nicht schnell genug, Übernahmen im Servicegeschäft wie mit dem Sicherheits-Dienstleister SonicWall müssen sich erst noch auszahlen.

Man könnte sagen, die 27 000 Mitarbeiter zahlen jetzt den Preis dafür, dass HP nicht Apple ist. Denn während der Rivale aus Cupertino mit seinen iPhones und iPads auf der mobilen Welle surft und mit seinen MacBooks die Mode im Notebook-Geschäft bestimmt, hat Hewlett-Packard nicht einmal eigene Smartphones und Tablets im Angebot. Den im Jahr 2010 zugekauften Smartphone-Pionier Palm machte das HP-Management dicht - wegen Erfolglosigkeit.

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