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Regulierung von Drohnen Störaktion in Gatwick zeigt lückenhafte Regulierung von Drohnen

Mit einfachsten Mitteln wurde einer der größten Flughäfen Europas lahmgelegt. Doch die Behörden haben laut Experten wenig Chancen, den Einsatz von Drohnen effektiv zu überwachen.

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Flugzeugpiloten werden im deutschen Luftraum immer häufiger durch Drohnen behindert. Quelle: dpa

London Von Seiten der gestrandeten Passagiere gab es manchen Vorschlag, wie sich das Problem mit den Drohnen lösen ließe – einfach abschießen, sagten die einen; oder eben die Signale stören, die anderen. Tatsächlich ist es aber weit komplizierter. Im Umfeld von Verkehrsflughäfen ist die Nutzung der bereits für wenig Geld erhältlichen Flugobjekte zwar verboten – in Großbritannien, wie auch in den meisten anderen Ländern. Wirklich verhindern lässt sich so etwas aber kaum.

Hunderte Flüge mussten am Londoner Flughafen Gatwick gestrichen werden, weil ab Mittwochabend über dem Rollfeld Drohnen gesichtet worden waren. Sollte die verantwortliche Person gefasst werden, drohen ihr nach britischem Recht bis zu fünf Jahre Haft. Doch die Ermittlungen dürften schwierig werden. Und ohne Gesetzesänderungen ist es wohl nur eine Frage der Zeit, wann es zum nächsten Störfall kommt.

Einfache Hobbydrohnen sind im Handel heute für weniger als hundert Euro zu kaufen. Wer etwas mehr investiert, bekommt leistungsfähigere Modelle mit zusätzlichen Funktionen. Die Gesamtzahl der Drohnen ist in den vergangenen Jahren daher rasant gestiegen. Entsprechend häufen sich auch die Probleme durch Berührungen mit dem regulären Luftverkehr.

In Großbritannien wurden 2017 insgesamt 93 Vorfälle gemeldet. Im laufenden Jahr sind es schon 120. Noch 2014 waren es nach Angaben des für die Erfassung zuständigen UK Airprox Board nur sechs. In den USA gab es in den zwölf Monaten bis zum 30. Juni fast 2300 Drohnensichtungen.

Einzelne Start- und Landebahnen seien deswegen auch schon mal kurzzeitig gesperrt worden, sagt ein Sprecher der US-Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Administration). An eine komplette Schließung eines amerikanischen Flughafens könne er sich aber nicht erinnern.

Auch Kollisionen hat es bereits gegeben. Im vergangenen Jahr traf eine Drohne in Kanada ein kleineres Charter-Flugzeug. Die Maschine konnte trotzdem noch sicher landen. Im gleichen Jahr stieß in New York eine Drohne mit einem Militärhubschrauber zusammen, verursachte dabei aber nur geringen Sachschaden.

Die Gefahr solcher Zusammenstöße - ob versehentlich oder bewusst herbeigeführt - nehme immer mehr zu, sagt Patrick Smith, der als Pilot arbeitet und zugleich den Blog askthepilot.com betreibt. „Die Geräte sind größer und schwerer geworden und somit potenziell tödlicher. Wir brauchen daher klare Vorgaben, wie und unter welchen Bedingungen diese Apparate genutzt werden dürfen.“

Selbst kleine Drohnen könnten sich als verheerend erweisen - etwa wenn sie in die Rotoren eines Helikopters geraten oder in das Düsentriebwerk eines Flugzeugs gesaugt würden. Außerdem wäre denkbar, dass eine Drohne eine Frontscheibe durchschlägt und den Piloten außer Gefecht setzt. „Bei einem Verkehrsflugzeug ist dies eher unwahrscheinlich, da das Glas recht dick ist - es sei denn, es handelt sich um eine sehr große Drohne“, sagt der ehemalige Pilot John Cox, der inzwischen als Sicherheitsberater tätig ist. Laut einer Studie der FAA sind Drohnen wegen robuster Bauteile wie Motor und Batterie für Flugzeuge in jedem Fall gefährlicher als etwa Vögel.

Wie könnten die Behörden also gegen unbemannte Flugkörper vorgehen, wenn diese auf Abwege geraten? Eine zumindest theoretische Möglichkeit wären sogenannte Netzkanonen. Diese haben allerdings nur eine relativ geringe Reichweite und sind zudem sehr teuer. In der Praxis kommen sie daher nur selten zum Einsatz. Das im Rahmen der Störaktion in Gatwick diskutierte Abschießen ist laut Experten auch keine Lösung. Zum einen wäre es selbst für einen ausgebildeten Scharfschützen schwer, ein kleines, sich schnell durch die Luft bewegendes Objekt wie eine Drohne zu treffen. Und wenn es doch gelänge, würde neben den Kugeln auch das dann vom Himmel fallende Ziel schnell zu einer Gefahr für die Allgemeinheit.

Eine Störung der Verbindung zwischen einer Drohne und dessen Piloten ist technisch durchaus möglich. Gerade in der Nähe eines Flughafens bestünde allerdings die Gefahr, dass auch viele der dortigen Systeme unterbrochen würden, sagt Marc Wagner, Leiter des Schweizer Unternehmens Drone Detection Sys. Auch rechtlich sei so etwas schwierig. In der Schweiz ist der Einsatz von Funkstöranlagen laut Wagner zwar erlaubt, in Großbritannien und den USA aber nicht.

Die niederländische Polizei hatte einige Zeit versucht, Greifvögel auf das Abfangen von Drohnen zu trainieren. Das Programm wurde im vergangenen Jahr aber eingestellt. Berichten zufolge hatten die tierischen Helfer ihren Ausbildern zu oft nicht gehorcht. „Die einzige funktionierende Methode ist die, den Piloten zu orten und dann jemanden hinzuschicken, der ihn stoppt“, sagt Wagner.

Der weltweit führende Drohnen-Hersteller DJI sowie einige weitere Anbieter nutzen bereits ein sogenanntes Geofencing - auf Basis von GPS-Daten werden die Geräte dabei automatisch daran gehindert, zu nah an Flughäfen oder andere Verbotszonen heranzufliegen. Wer sich mit der Technik auskennt, kann diese Sperren allerdings recht leicht umgehen.

DJI hat kürzlich zudem eine Funktion vorgestellt, die es Behörden ermöglichen soll, Drohnen zu identifizieren und ihre Flugrouten zu verfolgen. In Großbritannien wird auch über eine allgemeine Registrierungspflicht nachgedacht. Doch Wagner warnt, dass auch dies im Zweifel wenig bringe: „Wer etwas wirklich Böses plant, der wird sein Gerät ganz sicher nicht vorher registrieren.“

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