
Europas ergiebigste Rohstoffquelle liegt im Antwerpener Stadtteil Hoboken direkt an der Schelde. Doch hier, auf dem weitläufigen Areal des belgischen Metallkonzerns Umicore, treibt niemand Stollen ins Gestein, um an wertvolle Mineralien zu gelangen. Kupfer, Palladium und Platin oder Technologiemetalle wie Lithium, Selen und Indium liegen haufenweise herum, in zersplitterten Fernsehern, ausgedienten Mobiltelefonen und alten Computerplatinen.
Pausenlos rollen Lastwagen heran und kippen neuen Elektroschrott auf meterhohe Haufen vor die hochmodernen Recyclinganlagen. Die Belgier schmelzen den Abfall in Öfen ein und trennen aus der glühenden Masse in hochkomplexen Verfahren begehrte Rohstoffe heraus.
Die Schrotthaufen in Antwerpen sind ein Blick in die Zukunft unserer Industrie. Früher wurden diese wertvollen Rohstoffe meist verbrannt oder in der Erde verscharrt. Der Schlüssel für den Wohlstand unserer immer schneller wachsenden Weltbevölkerung aber, letztlich die Grundlage für unser Überleben, ist eine Wirtschaft, die einmal gewonnene Rohstoffe immer wieder neu verwendet – in einem ewigen Kreislauf.
Notwendig dafür ist nichts weniger als eine dritte industrielle Revolution, die Schluss macht mit der Ausplünderung unseres Planeten, die eine fortschreitende Verschwendung von Bodenschätzen und Energie stoppt und das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch abkoppelt. "Maximale Wertschöpfung aus minimalem Ressourceneinsatz", fordert der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Hans-Jörg Bullinger, müsse das alte Dogma von der Gewinnmaximierung aus Kapital ablösen.
Schon aus Eigeninteresse sollte sich die hiesige Industrie entsprechend rüsten. Gleich 14 Rohstoffe hat die Beratungstochter des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft, IW Consult, in einer aktuellen Studie auf die rote Liste gesetzt, weil beim Bezug dramatische Engpässe drohen. Darunter befinden sich die Seltenerdmetalle Ytrium und Neodym, die dringend für Laser und Windräder gebraucht werden. Viele der High-Tech-Materialien lassen sich kaum ersetzen. Knappheit und hohe Nachfrage haben sie seit Jahresbeginn um das Vierfache verteuert. In drastischen Worten malt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, "den nahenden Bankrott vieler Unternehmen" an die Wand, sollte die Entwicklung anhalten.