Service Centric Home Das bisschen Haushalt...

Die Haushaltshilfe der Zukunft ist unsichtbar, stumm, fleißig – und digital: Software, die die gesamte Technik vernetzt – vom Telefon übers Fernsehen bis hin zu Küchengeräten. Solche Programme testen derzeit Wissenschaftler und Unternehmen in einer Art Musterwohnung für den intelligenten Haushalt an der TU Berlin.

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Auch beim Petersiliehacken hilft der Computer. Foto: PR

BERLIN. Service Centric Home, kurz Sercho, heißt das Projekt, an dem High-Tech-Firmen wie Alcatel-Lucent, Siemens und Deutsche Telekom mitwirken. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert Sercho mit 4,1 Mill. Euro. Was Johanna von Koczian Ende der 70er Jahre in ihrem Hit noch ironisch meinte, könnte so ein Stück weit Wirklichkeit werden: „Das bisschen Haushalt – macht sich von allein.“ Die Software sorge raumübergreifend für die Verknüpfung bislang isolierter Geräte, erläutert Projektleiter Sahin Albayrak. „Wir verfolgen damit einen neuen Ansatz zur Heimvernetzung.“ Beispiel Küche: Dort unterstützt der sprachgesteuerte „4-Star Cooking Assistant“ die Suche nach Rezepten sowie die Zubereitung der Gerichte. Auf dem Home Server befindet sich eine Rezeptdatenbank, durch die anhand von Kriterien wie „Italienisch“, Zeitaufwand und einer Kalorienangabe Vorschläge gemacht werden, die sich an vorhandenen Zutaten orientieren. Man kann sich sogar anhand von Filmsequenzen aus Kochshows, die über eine Touchscreen am Oberschrank flackern, Schritt für Schritt erklären lassen, was wann zu tun ist. „Wer sich beim Fernsehen für ein Rezept interessiert, kann dieses per Fernbedienung einfach abspeichern“, sagt Projektmanager Sebastian Feuerstack. „Da wir mit dem TV-Sender kooperieren, ist die Kochshow bereits in einzelne Sequenzen unterteilt.“ Und der Fernseher im Wohnzimmer meldet auch, wenn die Pasta fertig ist.

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So wird in jedem Raum der Berliner Vier-Zimmer-Wohnung versucht, den Alltag der Bewohner einfacher zu gestalten – weil es eben nicht etliche Fernbedienungen, Schnittstellen und Kompatibilitätsprobleme gibt. „Die Komplexität der Vorgänge bleibt dank der intuitiven, multimodalen Bedienung verborgen“, sagt Feuerstack. Selbst wie der Energieverbrauch gesenkt werden kann, wird per Bildschirm in der Küche erläutert. Dem Nutzer wird angezeigt, wie teuer der aktuelle Stromverbrauch der Geräte ist – und was er unternehmen kann, um Geld zu sparen. Im Wohnzimmer wird ein Flachbildschirm zur Kommunikationszentrale. Er sorgt dafür, dass Audio- und Videotelefonate über den Fernseher entgegengenommen und über einen „Message TV“-Assistenten abgerufen werden können. Außerdem werden über den Fernseher Mail-, Fax- oder Telefonnachrichten bearbeitet. Das TV-Programm wiederum wird von einem intelligenten Guide auf die Vorlieben der Nutzer zugeschnitten. „Über ein innovatives TV-Link Konzept werden Werbeeinblendungen personalisiert“, erläutert Feuer-stack. „Erst bei Interesse des Nutzers werden diese für einen späteren Abruf gespeichert.“

Lesen Sie weiter auf Seite 2: „In jedem Fall gibt es einen Markt dafür.“

Soll etwa eine Nachricht an den Bewohner zugestellt werden, wird er zunächst geortet und dann das Gerät in seiner unmittelbaren Nähe identifiziert, das nach seinen Präferenzen eingerichtet wurde. Ein Großteil der Informationsübertragung läuft über Zigbee, einen Standard auch für die Vernetzung von Heimgeräten. „Durch den diensteorientierten Ansatz begreift der Nutzer die Assistenten als allgegenwärtig verfügbare Dienstleistung“, so Feuerstack. Davon kann bisher in gut verdrahteten Heimen nicht die Rede sein. „Zwar gibt es zuhause immer mehr Geräte, die sich untereinander vernetzen sollen, doch das ist für den Nutzer meist zu komplex oder technisch nicht machbar, zumal es unterschiedliche Protokolle und Funkstandards gibt“, sagt Sonja Kind, Expertin für Kommunikationstechnik der VDI/VDE Innovation und Technik GmbH. „Projekte wie Sercho sind zu begrüßen, weil sie an der Benutzerfreundlichkeit und Interoperabilität arbeiten.“ Letztlich gehe es um überzeugende Anwendungen, die den Alltag tatsächlich einfacher machen, damit die Heimvernetzung ein Markterfolg werde. „In jedem Fall gibt es einen Markt dafür“, sagt Kind. Auch wenn sich dessen Größe schwer abschätzen lässt, gibt Andreas Goerdeler, Referatsleiter Multimedia im Bundesministerium für Wirtschaft, eine Einschätzung: „Bis zum Jahr 2010 werden weltweit in 145 Millionen Haushalten intelligente, IKT-basierte Heimnetzwerke verfügbar sein. Länder wie Korea zeigen, dass daran ein hoher Bedarf besteht.“ Grundsätzlich seien aber in Sachen Schnittstellen, Standards, Nachrüstung und Bedienerfreundlichkeit noch einige Aufgaben zu bewältigen. Goerdeler hält Sercho für einen zukunftsträchtigen Ansatz „Durch diese Technik eröffnen sich auch für kleine fortschrittliche Unternehmen Marktchancen.“ Dass zumindest Teile von Sercho in zwei bis drei Jahren den Weg auf den Markt finden, hält Sonja Kind für wahrscheinlich, weil sich an dem Projekt starke Partner beteiligen. Roland Schweiger, Ingenieur bei Deutsche Telekom Laboratories blickt ebenfalls zuversichtlich in die Zukunft: „Für uns als Service-Provider ist das ein sehr interessantes Projekt“, sagt er. „Auch was mögliche Anwendungen im Bereich Homecare und Sicherheit anbelangt.“

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