Sieger Startup Energie aus Sonnenkonzentrat

Concentrix produziert Solarstrom mit 380-fach konzentriertem Licht. So soll er in wenigen Jahren konkurrenzfähig werden.

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Lerchenmüller, Haarburger mit Demonstrations-Solarmodulen Der Startschuss fällt in Spanien Quelle: Martin Wagenhahn für WirtschaftsWoche

Erwartungsvoll reckt sich das Solarpanel Richtung Osten. Die Hoffnung, an diesem verregneten Wintertag doch noch einen Sonnenstrahl zu erwischen und diesen in Strom umzusetzen, hat das schlaue System längst aufgegeben. Stattdessen positioniert es sich so, dass es am nächsten Morgen die aufgehende Sonne optimal einfangen kann. Wenn sie denn einmal die Wolken durchbrechen würde. Doch über Deutschlands Solarhauptstadt, wie Freiburg im Breisgau sich gern nennt, schien die Sonne in den vergangenen Wochen genauso selten wie im übrigen Land.

Aber selbst wenn das Wetter besser gewesen wäre, hätte das Panel kaum Strom produziert. „Es funktioniert nur dann optimal, wenn die Sonne intensiv strahlt“, weiß Hansjörg Lerchenmüller, Diplomphysiker und Geschäftsführer des jungen Freiburger Unternehmens Concentrix Solar. Dieses hat die sogenannte Konzentrator-Technik, die am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg entwickelt wurde, zur Serienreife gebracht. Sogenannte Fresnel-Linsen konzentrieren das Sonnenlicht auf eine kaum fingernagelgroße Hochleistungs-Solarzelle. Dort kommt 380-mal mehr Licht an als ohne Linse. Das lässt den Wirkungsgrad einer Zelle von etwa 16 Prozent bis auf 35 Prozent hochschnellen. Komplette Module, die aus 150 Zellen bestehen, sind mit einem Wirkungsgrad von 26 Prozent doppelt so effektiv wie Module mit Siliziumzellen.

Zudem lassen sie sich viel billiger produzieren. „Jedes Jahr gehen die Herstellkosten um fünf bis zehn Prozent zurück“, verrät Lerchenmüller. Concentrix wird im Sommer in Freiburg eine neue Fabrik in Betrieb nehmen. Dort sollen Solarzellen mit einer Jahreskapazität von 25 Megawatt produziert werden. „Und dann heißt es verdoppeln und nochmals verdoppeln“, skizziert Lerchenmüller den weiteren Wachstumskurs. Er ist ganz sicher: „Die Kosten für konventionell hergestellten Strom und Solarstrom kommen sich schnell näher.“ Die Finanzierung der neuen Fertigungsstätte trägt der britische Großinvestor Good Energies. „Die Investitionssumme liegt deutlich unter 20 Millionen Euro“, sagt Lerchenmüller. Genauer will er sich nicht festlegen. Die Zahl der Mitarbeiter steigt bis zur Inbetriebnahme von heute 40 auf mehr als 70.

In Lorca, 400 Kilometer südöstlich von Madrid, hat Concentrix im vergangenen Jahr drei seiner Module aufgestellt. Sensoren und Stellmotoren sorgen dafür, dass sie ihre Oberflächen stets millimetergenau der Sonne entgegenstrecken. Das kleine Kraftwerk überzeugte das spanische Instituto de Sistemas Fotovoltaicos de Concentración, das in diesem Jahr in Puertollano südlich von Madrid ein 1,7-Megawatt-Kraftwerk mit Konzentrator-Solarzellen bauen lässt. Rund 90 Module stellt Concentrix als einziger ausländischer Anbieter dort auf. Eine Halle, in der die Module aus den in Freiburg hergestellten Solarzellen montiert werden, hat Concentrix bereits in Spanien in Betrieb genommen.

Die Solarzellen, die die Freiburger beim Heilbronner Spezialisten Azur Space Solar Power oder bei Boeing zukaufen, wurden ursprünglich für Einsätze im Weltraum entwickelt. Dort kommt es weniger auf den Preis als auf hohe Leistung und lange Lebensdauer an. Den Preisnachteil kompensieren die Concentrix-Entwickler durch die hohe Konzentration des Sonnenlichts und durch ein besonderes Design: Die Zellen bestehen aus drei Strom produzierenden Lagen, die unterschiedliche Frequenzbereiche des Sonnenlichts in Strom umsetzen. „Theoretisch lässt sich so ein Wirkungsgrad von 60 Prozent erreichen“, versichert Karl Friedrich Haarburger, der die Geschäfte des Unternehmens führt.

Die kleinen siliziumfreien Zellen bestehen aus sogenannten III/IV-Halbleitern wie Galliumarsenid oder Indiumsulfid. Die Wafer, auf denen sie aufgebaut werden, liefert meist der frühere Preisträger Aixtron zu (siehe Seite 82). Die Zellen sind in Kupfer eingebettet, das die ebenfalls konzentriert einfallenden Infrarotstrahlen schnell abführt. „Die Wärme wird förmlich abgesaugt“, sagt Lerchenmüller. Auf diese Weise erreichen die Module höchstens moderate 70 Grad Celsius – eine Temperatur, die die Zellen dauerhaft ertragen.

In Deutschland wird es bei dem Demonstrationsmodul in Freiburg bleiben. Denn hierzulande rechnet sich die Technik nicht, da die Concentrix-Zellen im Unterschied zu Siliziumzellen kein diffuses Sonnenlicht verwerten können. Lerchenmüller stört das nicht: „Sonnenreiche Länder brauchen mehr Module, als wir in absehbarer Zeit produzieren können.“ 

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