
Drängeln, schieben, rempeln – trotz Abwesenheit von Firmengründer Steve Jobs stürmten Journalisten und Fans am gestrigen Vormittag in den großen Konferenzsaal des Moscone Centers in San Francisco.
Es war Phil Schillers erste und letzte große Rede auf der Computermesse Macworld in San Francisco. Der Apple-Marketingchef sprang für den erkrankten Steve Jobs ein. Er meisterte die 1:40-Stunden-Rede - so lang wie ein typischer Fernsehfilm - mit der gleichen Routine und Perfektion wie der Apple-Gründer. Im nächsten Jahr wird Apple nicht mehr auf der vom US-Verlag IDG veranstalteten Messe auftreten. Apple hält einen Auftritt nicht mehr für nötig.
Jede Woche besuchen 3,4 Millionen Menschen die konzerneigenen Geschäfte auf der ganzen Welt. „Das sind hundert Macworlds jede Woche“, rechnete Schiller vor. Apple, das laut Microsoft-Chef Steve Ballmer seine eigenen Geschäfte nur startete, weil angeblich niemand die Produkte vertreiben wollte, hat damit eine Präsenz geschaffen, die einzigartig ist. Allein der Online-Musikstore iTunes, enthüllte Schiller, zählt 75 Millionen Kunden.
Wer auf großartige neue Produkte hoffte, wurde enttäuscht. Weder ein runderneuerter Mac mini, noch ein eigener Tablet-Computer oder ein kleineres iPhone machten ihr Debüt. Nur ein einziges Stück neue Hardware stellte Schiller vor. Das Notebook Macbook Pro (2500 Euro plus Mehrwertsteuer) ist mit einem übergroßen Bildschirm ausgerüstet – 17 Zoll – und verfügt über eine neuartige Batterie, die laut Schiller bis zu acht Stunden Strom liefern kann und dreimal mehr Ladezyklen als herkömmliche Akkus unterstützt. Allerdings ist sie fest in das Notebook integriert und kann somit nicht ohne weiteres ausgetauscht werden. Neue Versionen des Multimediaprogramms iLife sowie des Bürosoftwarepaket iWorks – das war schon alles.
Keine großen Neuerungen auf der Macworld
Ähnlich wie Jobs demonstrierte Schiller lang und breit neue Funktionen wie das automatische Identifizieren von Gesichtern und Videoeffekte – für weniger eingefleischte Mac-Fans eine Quälerei.
Die Nachricht des Tages hob sich Schiller für das Ende seiner Rede auf: Apple wird künftig alle zehn Millionen über seinen iTunes Store vertriebenen Songs ohne Kopierschutz und in besserer Qualität anbieten. Bei acht Millionen Stücken ist das sogenannte DRM (Digital Rights Management) bereits entfernt. Der Rest soll bis Ende Frühjahr folgen. Damit die Musikkonzerne Universal Music Group, Sony BMG, Warner Music Group and EMI auf den lästigen Schutz verzichteten, musste Apple Konzessionen machen.
Strikt hatte Apple-Chef Steve Jobs stets deren Forderungen abgelehnt, den Einheitspreis von 99 Cent pro Song abzuschaffen. „99 Cent ist ein erfolgreiches Konzept“, betonte Jobs vor Analysten. Nun knickt Apple ein. Künftig gibt es drei Preise: 1,29 Euro, 0,99 Euro und 0,69 Euro. „Wir wissen jetzt schon, dass die 69 Cent überwiegen werden“, beeilte sich Marketingchef Phil Schiller die Preiserhöhung abzufedern. Der Verzicht auf den Kopierschutz ist für Apple immens wichtig.
Wer seine bereits heruntergeladenen Songs auf den neuen kopierschutzfreien Standard umwandeln will, wird mit 0,30 Euro pro Titel zur Kasse gebeten.
Wettbewerber Amazon.com bietet seit längerem DRM freie Songs an und hatte in den letzten Monaten Boden gegenüber dem dominierenden itunes Store gutgemacht. Mit dem Wegfall der DRM-Schranken beherrscht Apple das Online-Musikgeschäft nun endgültig.
Richtige Highlights gibt es auf der Macworld nicht. Mit einer Ausnahme: Die Firma Axiotron des gebürtigen Deutschen Andreas Haas stellte eine neue Variante ihres Modbooks vor – ein zu einem Tablet-PC umgerüstetes Macbook.
Axitron baut gewöhnliche Notebooks von Apple um, konvertiert den Screen in einem berührungsempfindlichen Bildschirm und befestigt ihn über der Tastatur, die damit allerdings verloren geht. Das einzige Mac-Tablet ist allerdings relativ teuer – 2300 Dollar verlangt die Firma. Momentan ist Axiotron alleiniger Anbieter eines Mac Tablet-Computers.
Seit Jahren gibt es allerdings Gerüchte, dass Apple an einem eigenen Produkt arbeitet. Haas stört das nicht. Er konnte sogar einen prominenten Unterstützer gewinnen. Apple-Gründer Steve Wozniak steht im künftig beratend zur Seite.