
Krisen sorgen für Verunsicherung. Sie schüren Ängste und Perspektivlosigkeit. So ist es auch jetzt wieder. Doch Krisen haben auch einen produktiven Kern: Sie zwingen Menschen, Gewohntes zu überdenken, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Lösungen zu suchen. Genau das geschieht gerade. Quer durch Europa suchen Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer gemeinsam nach Antworten auf die Frage, „wie sich Forschung und Bildung besser fördern lassen“, sagt der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Ernst Rietschel. Den Menschen sei klar geworden, dass sie über ihre Verhältnisse gelebt haben. Die Bereitschaft der Politik, Innovatoren mit mehr Geld und Freiheiten auszustatten, sei deshalb laut Rietschel „so groß wie noch nie“. Psychologen kennen das Phänomen: Je größer die Krise, in der Menschen stecken, desto eher fordern sie uns heraus, machen uns wachsamer und zwingen uns, gedankliches Neuland zu betreten.
Jahrelang haben deutsche Autohersteller die Entwicklung spritsparender Autos vertrödelt. Während die Japaner schon Ende der Neunzigerjahre Hybridautos in großer Stückzahl auf den Markt brachten, zogen sich die deutschen Wettbewerber von dieser Technologie zurück. Erst als der Ölpreis in die Höhe schoss und der Klimawandel auf die Fernsehschirme drängte, wachten die deutschen Autohersteller auf und erinnerten sich an Antriebskonzepte, bei denen ein benzingetriebenes Verbrennungsaggregat von einem emissionsfreien Elektromotor unterstützt wird. Und plötzlich wird wieder mit Hochdruck an Hochleistungsbatterien für Elektroautos gearbeitet.
Doch woher soll der Strom für die E-Mobile kommen? Etwa aus Kohlekraftwerken? Lange hieß es, klimafreundliche Kohlemeiler seien eine Utopie. Mitnichten, wie zwei neue Anlagen in Niederaußem bei Köln zeigen. Hier demonstrieren Wissenschaftler, dass es möglich ist, einen großen Teil des Treibhausgases Kohlendioxid aus den Abgasen eines normalen Kohlekraftwerks abzutrennen, um sie unterirdisch zu lagern. Die CO2-freie Stromerzeugung rückt damit einen Schritt näher.
Umstellen muss sich auch die Internet-Branche
Umstellen muss sich auch die Internet-Branche. Die Werbekrise lässt die Umsätze einbrechen, was vor allem die jungen Online-Netzwerke wie Facebook in Bedrängnis bringt. Sie sind nun gezwungen, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln und mutieren darüber zu Online-Märkten – in denen sich Kunden Produkte gegenseitig empfehlen.
Gleichzeitig stehen die Gesundheitssysteme weltweit vor dem Kollaps. Laut Expertenschätzungen werden im Jahr 2050 rund 100 Millionen Menschen an Alzheimer leiden. Pharmaforscher und Gesundheitspolitiker haben die Brisanz erkannt und mit Hochdruck an neuen Therapien und Impfungen gegen Alzheimer gearbeitet.
Doch letztlich steht vor jeder Innovation auch eine Vision: Weltraumflüge für jedermann etwa, die der britische Milliardär Richard Branson anbieten will. Und schon im nächsten Jahr soll es losgehen, wenn sein Unternehmen Virgin Galactic mit einer neuen Raumfähre Privatflüge ins All anbietet. Bransons Idee beweist, dass es sich auszahlt, nach den Sternen zu greifen.