Toyota-Hybridauto Schwache Winter-Vorstellung des Prius Plug-In

Der Toyota Prius Plug-in ist der erste Hybridwagen, der zum Tanken an die Steckdose kann. Doch ein erster Test im Winter offenbart eine Schwäche des elektrischen Fahrens.

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Toyota Prius Quelle: Pressefoto

Das Auto der Zukunft zu betanken ist in diesen Tagen eine schmutzige Angelegenheit. Denn die Steckdose des graublauen Toyota Prius befindet sich im vorderen Kotflügel, getarnt unter einer Tankklappe. Dort wird das mitgelieferte, sechs Meter lange Ladekabel angeschlossen. Doch da fangen die Probleme auch schon an: Weil es in der Tiefgarage in der Altstadt Bonns keine Steckdose gibt, reicht das Kabel nicht. Eine Verlängerungsschnur muss her. Und beim Hantieren mit dem schneematschbeschmierten Kabel ist schnell die Hose ruiniert.

Immerhin leuchtet jetzt am Armaturenbrett ein Lämpchen, und die leere Batterie des Prius wird innerhalb von eineinhalb Stunden voll geladen. Am nächsten Tag soll das Auto – halb Benziner, halb Stromer – einen Vorgeschmack auf die neue Ära der Elektromobilität geben.

Der neue Prius Plug-in, der ab 2012 in Deutschland zu haben ist, verspricht weitgehend lautlos und emissionsfrei mit Strom aus der Haushaltssteckdose bis zu 20 Kilometer weit fahren zu können. Der Wagen ist allerdings nur eine Art Elektroauto light: Geht der Batterie der Saft aus, schaltet sich ruckfrei ein knapp 74 kW starker Verbrennungsmotor ein. Doch das Zusammenspiel des 59 kW starken Elektromotors mit seinem Benzin-Pendant klappt so reibungslos, dass der Fahrer davon wenig merkt.

Dafür steckt jede Menge Technik unter dem Blech des Prius. Die neue Lithium-Ionen-Batterie, die aus 288 einzelnen Zellen besteht und vom japanischen Hersteller Panasonic gebaut wird, hat 5,2 Kilowattstunden (kWh) Ladekapazität. Der Toyota Prius ohne Steckdose hat nur einen Akku mit 1,3 kWh Kapazität, der ausschließlich während der Fahrt geladen wird.

Am Morgen nach der Stromkur an der Steckdose, die etwa 80 Cent kostet, macht der Prius trotz Schnee und Kälte zunächst einen guten Eindruck: Die Batterie ist randvoll und lässt den Wagen zunächst lautlos elektrisch durch Bonn und über den Rhein rollen.

Die von Toyota versprochenen 20 Kilometer schafft die Batterie im Winter jedoch bei Weitem nicht. Denn das Licht und die Heizung laufen auf vollen Touren und verbrauchen wertvollen Strom. Bereits nach zehn Kilometern macht der Akku schlapp, und der Verbrennungsmotor springt an. Das lief bei einer ersten Probefahrt im Sommer besser: Bei Außentemperaturen von 20 Grad schaffte der Prius die von Toyota versprochenen 20 elektrischen Kilometer ohne Probleme.

Während des Tests parkte der Prius später auf einer winterlich verschneiten Straße. Eigentlich ist die Kälte für moderne Autos kein Problem.

Batterien nicht winterfest

Für die Batteriezellen des Prius dagegen umso mehr. Bei winterlichen Minusgraden entleert sich der Energiespeicher, wenn er nicht an eine Stromquelle angeschlossen ist, durch die Kälte fast vollständig. Schon kurz nach dem Start am nächsten Morgen muss die Steuerelektronik daher den Benzinmotor hinzuschalten.

Dann fährt sich der Wagen wie ein herkömmlicher Benziner und verbraucht bei einer Höchstgeschwindigkeit von 180 Kilometern pro Stunde auch so viel: Knapp sieben Liter Benzin – meilenweit entfernt von den 2,6 Litern auf 100 Kilometer, mit denen Toyota wirbt.

Bei milden Temperaturen und einem entsprechend höheren Anteil des elektrischen Fahrens hatte die Fachzeitschrift „Auto Motor Sport“ einen Durchschnittsverbrauch von 4,8 Liter Super gemessen. Für einen Benziner ist das in dieser Größenklasse Bestwert. Ein dieselgetriebener Kompaktwagen schafft allerdings ähnlich gute Verbrauchswerte bei einem geringeren technischen Aufwand.

Dass Kälte der größte Feind der elektrischen Energiespeicher ist, hat im vergangenen Dezember auch ein Test des TÜV Süd verdeutlicht. Die TÜV-Ingenieure haben dazu auf einem klimatisierbaren Rollenprüfstand die maximale Reichweite von vier Stromern gemessen, zunächst bei frühsommerlichen 23 Grad Celsius: Fiat 500 Karabag, Mitsubishi i-MiEV, Mia und ein Smart electric drive.

Anschließend wurde die Klimakammer auf winterliche sieben Grad minus heruntergekühlt. Und siehe da: Die Reichweite des i-MiEV nach dem Fahrzyklus ECE-R 101, der Kohlendioxidausstoß und Verbrauch misst, verringerte sich um 43 Prozent von 113 auf 64 Kilometer. Beim Smart schrumpfte die Reichweite sogar um fast die Hälfte: Statt nach 159 Kilometern machte der Akku des Elektroautos schon nach 84 Kilometern schlapp.

Mehr Reichweite per Software

Bis die Techniker die Kinderkrankheiten der reinen Stromer wie mangelnde Reichweite und hohe Kosten geheilt haben, ist der Hybridantrieb aus Elektro- und Benzinmotor deshalb die beste Lösung. Richtig bedrohlich könnte es für die Zukunft der Elektroautos werden, wenn die Toyota-Entwickler einen Trumpf ausspielen: Zurzeit werden die Prius-Batterien nicht ganz entladen, ein Puffer von einer Kilowattstunde bleibt immer, um die Dauerhaltbarkeit, die Toyota mit 15 Jahren angibt, zu gewährleisten.

Bewährt sich die neue Lithium-Ionen-Batterie des Plug-in im Test, können die Toyota-Ingenieure die elektrische Reichweite alleine durch Softwareänderungen auf bis zu 50 Kilometer erweitern.

Dann wird der Hybrid, der an die Steckdose darf und dank des zusätzlichen Benzinmotors kein Reichweitenproblem hat, zu einer ernsthaften und deutlich preisgünstigeren Konkurrenz für die reinen Stromer werden.

Knapp unter 30.000 Euro könnte der neue Toyota Prius mit der Steckdose 2012 kosten, schätzen Experten. Rund 5000 Euro Aufschlag wären das im Vergleich zum Prius ohne Steckdose. Vielleicht sind es aber auch nur 3000 Euro, wenn die Preise für die Hochleistungsakkus weiter sinken.

Kilowatt statt Hubraum, Steckdose statt Zapfsäule, Strom statt Benzin: Das ist die neue Art Fahrzeug, die viele Autofahrer in Zukunft erwartet. Der Plug-in-Hybrid ist ein Schritt hin zu einer Elektromobilität, die keinen Verzicht bei der Reichweite erfordert. Parkt der Käufer eines Prius sein Auto untertags in einem Carport, das mit Solarzellen zur Sonnen-Tankstelle wird, fährt er jeden Tag bis zu 20 Kilometer klimafreundlich.

Im Winter entsprechend weniger. 

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