Bevor die Mercedes C-Klasse auf den Markt kommt, wird der Fahrzeuginnenraum auf 65 Grad erhitzt. Der Stuttgarter Autohersteller will damit nicht die Feuerfestigkeit seiner Fahrzeuge testen. Die Mitarbeiter prüfen, ob die verbauten Materialien Allergien auslösen – und so die Fahrzeuginsassen gefährden. Immerhin legt der Fahrer mit 80 Stundenkilometern während eines Niesers 25 Meter zurück.
Mit geschlossenen Augen.
Daimler zeigt damit nicht nur Besorgtheit um seine Kunden, sondern auch ein Gespür für die Kundenanforderungen der Zukunft. Etwa jeder dritte Deutsche hat mindestens eine Allergie, Tendenz steigend.
Die Heuschnupfen-Saison hat gerade begonnen und bei Millionen Deutschen fließt der Schnupfen, tränen die Augen und juckt der Rachen. In Extremfällen, zum Beispiel bei einer Insektengiftallergie, kann ein sogenannter anaphylaktischer Schock zum Tod führen. WirtschaftsWoche Online beantwortet die drängendsten Fragen rund um das Thema Allergie.
Was passiert bei Heuschnupfen im Körper?
Eine allergische Reaktion ist eine körpereigene Abwehr – allerdings gegen den falschen Gegner, die sogenannten Allergene. Der Körper erkennt eigentlich harmlose Stoffe wie Blütenpollen als gefährlich und schüttet Histamin aus. Dieser Stoff ist zum Beispiel für Fließschnupfen verantwortlich. Die gängigsten antiallergischen Medikamente sind daher - Antihistaminika.
Welche Therapien gibt es?
Die wohl wichtigste Therapie lautet: Allergene meiden! „Pollenallergiker sollten während der Pollensaison am besten in pollenfreie Regionen verreisen“, empfiehlt eine Allergiker-Broschüre der Techniker Krankenkasse. „Pollenarme Luft findet sich vor allem auf Inseln, am Meer oder in Hochgebirgslagen.“
Sollte eine Flucht nicht helfen – oder ihr Chef sie nicht mehrere Wochen entbehren können – hilft eine Immuntherapie. Bei der sogenannten Hyposensibilisierung werden in der allergiefreien Zeit im Wochenrhythmus allergene Stoffe verabreicht. Das dauert drei Jahre, danach soll der Körper abgehärtet sein. In 80 Prozent der Fälle klappt das.
Dennoch bemängelt Allergologie-Professor Thomas Fuchs: „Die Immuntherapie wird viel zu selten eingesetzt.“
Was zahlt die gesetzliche Krankenkasse?
Alle Krankenkassen übernehmen bei einer Allergie die Kosten für eine Immuntherapie. Laut GKV bezahlen die meisten Kassen auch einen Allergie-Test. Die Ausgaben für verschreibungspflichtige Medikamente werden ebenfalls übernommen.
Selbst zahlen müssen Sie Nasensprays, Gele und Salben. Hilfsmittel wie Pollenschutzgitter sind nur im Einzelfall abrechenbar. Auch eine Kur ist grundsätzlich möglich. Ein Facharzt, zum Beispiel ein Dermatologe, muss das als notwendig erachten und der Patient einen Antrag an die Krankenkasse schicken.
Allergiker sollten schon bei der Wahl der Kasse bestimmte Dinge abklären, rät Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Es lohnt sich, bei der Kasse nicht nur die Satzungsleistungen zu prüfen, sondern auch nach Wahltarifen zu fragen.“
Industrieländer am häufigsten betroffen
Worauf muss ich bei antiallergischen Medikamenten achten?
Es gibt sie rezeptfrei als Tabletten, Saft, Nasenspray oder Augentropfen. Laut der Zeitschrift Ökotest sollten Patienten darauf achten, die zweite Generation der Antihistaminika zu kaufen. Sie machen weniger müde.
Beim Preis gibt es teilweise erhebliche Unterschiede. Zum Beispiel bei Cetirizin: Für die empfohlene, tägliche Höchstdosis schwankt der Preis zwischen 14 und 86 Cent.
Bevor Allergiker ein Medikament einsetzen, sollten sie die Verpackungsbeilage genau lesen. Denn manchmal rufen die Konservierungsstoffe in Medikamenten ebenfalls allergische Reaktionen hervor.
Wo kann ich mich über den Pollenflug informieren?
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sammelt deutschlandweit Daten über den Pollenflug der acht sogenannten Hauptallergene. Dazu gehören Gräser, Esche, Erle, Birke, Roggen, Ambrosia, Beifuss und Hasel. Auf seiner Website informiert der DWD über die Pollenkonzentration in der Luft und die Belastung für Allergiker.
Dem Dienst stehen dafür lediglich 45 Messstationen zur Verfügung. Bei der flächendeckenden Voraussage handelt es sich also lediglich um eine Hochrechnung.
Als Ergänzung dazu empfiehlt sich der Pollentrend des Deutschen Allergiker- und Asthmatikerbund (DAAB). Seit 2013 fließen hier die Informationen von 125 menschlichen „Pollenmeldern“ zusammen.
Infos für unterwegs bietet die App der Stiftung Polleninformationsdienst. Sie erinnert am Ende der Pollenzeit sogar an den Start für eine Immuntherapie.
Wann muss ich mich auf Heuschnupfen vorbereiten?
Im Gegensatz zur Nahrungsmittelallergie haben Heuschnupfen-Geplagte allergiefreie Phasen. Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst veröffentlicht in einem Kalender, wann welche Pollen in der Luft herumschwirren.
Nach Angaben von Thomas Fuchs, Leiter der Allergologie-Abteilung am Uniklinikum Göttingen, werden die Zeiträume für einige Pollen wegen der Erderwärmung länger. Außerdem könnten sich Baumarten, die bislang eher im Süden Europas heimisch fühlten, in Deutschland ausbreiten – und mit ihnen neue Allergene. Heiße Kandidaten sind zum Beispiel Olivenbäume, Zedern und Platanen.
Warum gelten Allergien als Zivilisationskrankheit?
Tatsächlich vertreten einige Forscher die These, dass die körpereigenen Abwehrkräfte durch mehr Hygiene und den übermäßigen Gebrauch von Antibiotika schwächer werden. Hauptverantwortlich für das Auftreten von Allergien sind aber die Gene. Haben beide Elternteile etwa die gleiche Allergie, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind bei Schulbeginn die gleichen Allergiesymptome aufweist, bei mehr als 60 Prozent.
Nicht nur Mercedes, auch Audi und andere Automobilhersteller setzen daher auf allergiegeteste Fahrzeuge. Sollten Sie sich für ein solches Auto entscheiden, nehmen Sie bitte keinen Dieselmotor!
Der Grund: Diesel-Abgase verändern bestimmte Pollentypen - und verstärken ihre Wirkung. „Die Pollen werden auf scharf gestellt“, sagt Allergologe Fuchs. Und dafür sind nicht nur Allergiker anfällig - sondern jeder Mensch.