Atommüll Altmaiers ernüchternde Endlagersuche

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Suche nach den Fässern mit Atommüll

Diese Länder setzen (noch) auf Atomenergie
Hokkaido Electric Power's Tomari nuclear power station at Tomari village in Japan's northern island of Hokkaido. Quelle: dpa
Kuehlturm von Block 2 (r.) und die Reaktoren Block 2 (l.) und Block 1 (M.) des Kernkraftwerk Isar Quelle: dapd
Mitglieder der Aktion "Bern ohne Atomkraftwerk" fahren am Dienstag, 2. August 2005, vor dem Bundeshaus in Bern, Schweiz, mit einem fiktiven Atommuelltransporter auf Quelle: AP
Arbeiter gehen am 15.04.2008 an der Baustelle des größte Atomkraftwerk der Welt in Olkiluoto/Finnland vorbei Quelle: dpa
Kernkraftwerk Sellafield in Nordwestengland Quelle: dapd
Aljona Kirssanowa, die bei einer früheren Wahl zur "Miss Atom" das Motto «Atomkraft macht sexy» auf die Spitze trieb. D Quelle: dpa
Warsaw's skyline is reflected in the icy Vistula river as sun sets Quelle: dapd

Seither ist klar: Die Suche ist vorläufig gescheitert; das Bergungskonzept muss gründlich überarbeitet werden. Der ursprüngliche Zeitplan ist Makulatur. Gerade erst hat die zweite Probebohrung begonnen; auch sie eine Reise ins Ungewisse.

Ursprünglich wollte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das seit 2009 für die Asse zuständig ist, die Sanierung bis 2025 abgeschlossen haben. Jetzt heißt es, die Bergung des Atommülls könne frühestens 2036 beginnen. Wirklich festlegen mag sich BfS-Chef Wolfram König aber nicht und spricht von einem Wettlauf mit der Zeit. „Die Anlage ist instabil. Und wir wissen nicht, ob wir es morgen, in einem oder in fünf Jahren mit einem großen Wassereintritt zu tun haben, der die Rückholung unmöglich macht“, sagte er jüngst der „Süddeutschen Zeitung“.

126.000 Fässer Atommüll verschwunden

Schuld daran ist der Berg. Er ist so unruhig, dass viele Experten glauben, er werde in naher Zukunft zusammenbrechen und den dort lagernden Atommüll für immer unter sich begraben. Doch selbst wenn er durchhält, bleibt die Bergung ein Himmelfahrtskommando. Dass niemand weiß, wo genau die 126.000 Fässer mit radioaktivem Müll vor sich hinrotten, ist eins der fünf größten Hindernisse für die Realisierung des tollkühnen Rückholplans. Problem Nummer zwei: Viele der Fässer aus Stahl sind zerstört. Die Fässer, die in den riesigen Stapeln zuunterst liegen, sind, wie Experten befürchten, zerquetscht und vom Rost zerfressen. Der ausgetretene radioaktive Abfall hat Restwasser verseucht, das noch aus der Zeit stammt, als in der Grube Salz gefördert und durch Behandlung mit Wasser in Stein- und Kalisalz getrennt wurde. Verfahren, um derartigen radioaktiven Matsch zu bergen, gibt es nicht. Nach heutigem Stand der Technik wäre viel Handarbeit nötig.

Experten befürchten zudem, und das ist das dritte Hindernis, dass die Strahlenbelastung für die Menschen, die den Atommüll unter Tage einsammeln müssen, weitaus größer ist als die, die die Bewohner der Region ertragen müssten, wenn das Lager einfach sich selbst überlassen bliebe. Selbst das eher atomkritische Freiburger Öko-Institut ist sich nicht sicher, ob Bergung die bessere Lösung ist. Michael Siemann, einst Fachbereichsleiter im BfS, hält es für nahezu unmöglich, den Atommüll zu bergen: „Ich bin fassungslos, dass in der Politik davon nichts angekommen ist“, so Siemann in einem Fernsehinterview.

Schächte sind marode

Das vierte Hindernis ist der alte Förderschacht. Klaus-Jürgen Brammer, Atommüllexperte bei der Essener Gesellschaft für Nuklearservice, bezeichnet ihn als „völlig marode“. Eine Sanierung ist so gut wie ausgeschlossen. Schon allein deshalb, weil sein Förderkorb viel zu klein ist, um die für die Rückholung benötigten Roboter und Baumaschinen ins Innere des Berges zu hieven. Ebenso wenig wäre er groß genug dimensioniert, um den ausgegrabenen Nuklearabfall nach oben zu holen.

Also muss BfS-Chef Köhler einen völlig neuen, viel größeren Schacht ausheben lassen. Der Bauplatz befindet sich mitten in einem Naturschutzgebiet rund 1000 Meter vom jetzigen Schacht entfernt. Von diesem neuen Bergwerk aus, das – wenn alles gut geht – in 15 bis 20 Jahren fertig sein könnte, sollen Spezialisten eine Verbindung zu den Kammern graben, in denen die 126.000 Fässer schlummern.

Ferngesteuerte Roboter, so die Vorstellung, werden sie packen und auf fahrerlose Transporter laden, die sie zu einer Verladestation nahe der Schachtsohle karren. Dort verstauen Maschinen sie in strahlensichere Behälter. Erst dann holt der Förderkorb sie ans Tageslicht.

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