Atommülllager Die Illusion einer sauberen Lösung

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Gesetzespflicht: die Asse sicher zu schließen

Atommüll in Gorleben Quelle: dpa

Obwohl die Rückholung in unzähligen Diskussionsveranstaltungen beschworen wurde, war nie klar, ob diese Option auch wirklich durchführbar ist. Ausgerechnet Mitglieder des Fachbereichs "Sicherheit nuklearer Entsorgung" im BfS waren es, die den Geist des Zweifels aus der Flasche ließen. In einem fünfseitigen Memorandum, datiert vom 14. November 2011, zerpflückten sie das Multimilliardenprojekt. Angesichts der technischen Schwierigkeiten und der erforderlichen Genehmigungen werde die Rückholung viel länger dauern als gedacht; dadurch steige das Risiko eines "unbeherrschbaren Lösungszutritts" – sprich: Wassereinbruchs. Es sei damit zu rechnen, dass bald "eine Sachlage eintreten wird, die eine weitere Verfolgung der Stilllegungsoption 'Rückholung' als sicherheitstechnisch nicht mehr vertretbar erscheinen lässt". Für die Bürgerinitiativen ein Stich ins Herz. Als das brisante Papier an die Medien gelangte, schlug prompt die öffentliche Empörung über dem Bundesamt zusammen. Eilig wurde dementiert: "Es gibt keine Neubewertung oder Neupositionierung des BfS." Bei dem Memorandum handele es sich nur um ein Diskussionspapier, entstanden aus einer Routineübung hausinterner Fachleute "unter Annahme von Worst-Case-Szenarien". Für eine Neubewertung bedürfe es viel umfassenderer Expertisen – und einer transparenten Diskussion.

Die Sorgen ernstnehmen

Deshalb lud das Amt Mitte Januar rund hundert Fachleute zu einem Workshop. Sie sollten Unsicherheiten, "vor allem aber Beschleunigungsmöglichkeiten für die Rückholung" identifizieren. Parallel dazu nahm die Entsorgungskommission (ESK) des Umweltministeriums die Problematik unter die Lupe. Sowohl dessen Stellungnahme als auch das Ergebnis des BfS-Workshops sind inzwischen veröffentlicht. Tenor beider Papiere: Die Sorgen der Memorandums-Autoren müssen ernst genommen werden. Was folgt daraus?

Langfristig und Sicher

Im Bundesamt für Strahlenschutz hält man an der bisherigen Linie fest: "Das BfS ist gesetzlich verpflichtet, die Asse langfristig sicher zu schließen. Das kann nach aktuellem Kenntnisstand nur gelingen, wenn alle Abfälle zurückgeholt werden", sagt BfS-Sprecher Werner Nording. "Die Fachtagung ergab abschließend keine Erkenntnisse, die eine Rückholung der Abfälle infrage stellen könnten." In der von seinem Amt herausgebenen Zeitung Asse Einblicke räumt Wolfram König zwar ein: "Angesichts der Gefahr eines Absaufens der Grube bleibt wenig Zeit." Das heiße aber nicht, "die Rückholung aufzugeben, sondern das Verfahren zu beschleunigen". Das forderten am vergangenen Freitag im Bundestag auch SPD und Grüne. In seltener Einmütigkeit mit FDP und Union, dem Land Niedersachsen und der Bundesregierung traten sie für die Rückholung ein.

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