Ecosummit Cleantech-Dollar für Deutschland

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Fehlendes Spezialwissen

Das Logo von Evonik Quelle: dpa

Diese Vorreiterrolle hat zu einem regelrechten Gründerboom bei grünen Startups geführt. Die Folge, sagt Hess: Deutsche Investoren können die Kapitalnachfrage deutscher Cleantech-Startups nicht mehr bedienen. Zwar gibt es hierzulande große Venture-Kapital-Investoren wie Earlybird, Target und Wellington Partners. Hinzu kommen Investment-Ableger von Großunternehmen wie Siemens, Evonik oder BASF. Auf Cleantech spezialisiert ist aber keiner von ihnen. Ihr Geld fließt auch in neue Entwicklungen im Bereich Medizintechnik oder Biotechnologie.

Nicht nur die fehlende Finanzkraft der deutschen Investoren, sondern auch die mangelnde Spezialisierung treibt Startups auf der Suche nach Geld ins Ausland. Wie zum Beispiel Entelios. „Vielen Venture-Kapital-Fonds in Deutschland fehlt das notwendige Spezialwissen, um Technologie bewerten und einschätzen zu können“, sagt Thomas Schulz, der unter anderem für die Finanzierung bei Entelios verantwortlich ist. Und Kapitalgeber, die eine Sache nicht verstünden, bringe man kaum dazu, zu investieren.
Das Gründerteam von Entelios, neben Schulz der CEO Oliver Stahl und der CTO Stephan Lindner, benötigte 2010 für den Aufbau des Unternehmens einen einstelligen Millionenbetrag. Die deutschen Investoren konnten mit der Idee von Entelios allerdings wenig anfangen. Denn die Startup-Gründer wollen Großverbraucher von Elektrizität, wie Fabriken, Schmelzöfen und Kühlhäuser zu einem neuartigen virtuellen Stromnetzwerk zusammenschließen.

Immer dann, wenn Stromproduzenten und dem Netz durch einen hohen Verbrauch Überlastung droht, regeln die Kunden ihre Maschinen herunter und der Elektrizitätsverbrauch sinkt. So wird zum Beispiel in der Münchener Bierbrauerei Paulaner eine Grundwasserpumpe abgestellt oder die Prozesskühlung für einige Zeit ausgesetzt. Wenn viele Großverbraucher gleichzeitig vom Netz gehen, führt das zu gewaltigen Entlastungen.

Für dieses sogenannte „Demand-Response-Management“ zahlen die Netzbetreiber Geld an die Unternehmen, die ihren Verbrauch drosseln. Außerdem kann die schwankende Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom so besser in die Versorgung integriert werden. Für ihre Technologie ist Entelios auch für den Ecosummit-Award nominiert.

Standortnachteil Deutschland

Einen Fond, der auf Stromnetztechnik spezialisiert ist, fanden die Entelios-Gründer schließlich mit Yellow & Blue in den Niederlanden. „Wer sich als Cleantech-Gründer heute nur noch in Deutschland nach Kapital umsieht, wird kaum erfolgreich sein“, sagt Thomas Schulz.

Bisher erleben die meisten grünen Gründer die Investments aus dem Ausland als Erfolgsgeschichte. Aber langfristig kann der Mangel an fachlich geeigneten und solventen Geldgebern in Deutschland auch zu einem Standortnachteil werden, warnt Götz Hoyer vom Münchner Beratungsunternehmen FHP: „Cleantech-Unternehmen aus Deutschland droht die Gefahr, dass sie zukünftiges Wachstum nicht adäquat finanzieren können.“

Dann würde der Kapitalmangel zu einem Wettbewerbsnachteil für die Startups – und das könnte am Ende auch dem Standort Deutschland und seiner Vorreiterrolle im Bereich grüner Technologie schaden.

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