In dem gut handbreiten Bohrloch, zwei Kilometer tief im Schiefer, wurde der Druck so hoch, dass er Hunderte Meter lange Spalten ins Gestein riss. Aus denen sickerte das zuvor im Boden gefangene Erdöl in das Bohrloch. Zum ersten Mal kamen mit dieser als Fracking bezeichneten Methode in North Dakota größere Mengen des Rohstoffs aus dem Boden. So flüssig wie Cola war das Öl.
Biberdorf freut sich noch heute über den Erfolg. „Damals hätte niemand geglaubt, dass das Verfahren hier funktioniert“, sagt der Ingenieur, der in Jeans und Karohemd auf seiner Veranda in einem kleinen Häuschen in der Kreisstadt Williston nördlich von Watford City sitzt. Biberdorf ist inzwischen pensioniert, beobachtet aber immer noch, welch irren Boom er mit seiner Kunstfertigkeit und den vielen durchgearbeiteten Nächten ausgelöst hat.
Denn seither hat ein enormer technischer Fortschritt stattgefunden. Bohrungen, die früher 90 Tage dauerten, schaffen die Ingenieure heute in nicht mal einem Drittel der Zeit. Dann schließen Arbeiter die Leitungen zu den Öltanks an, während ihre Kollegen schon mit Trucks den zerlegten Bohrturm auf das nächste Feld bringen. „Das geht heute wie am Fließband“, sagt Biberdorf.
Knapp 6000 Bohrbrunnen haben Unternehmen seit 2005 auf diese Weise in North Dakota eröffnet. Jeder kostet bis zu zehn Millionen Dollar. Das Problem: Die Förderraten der gefrackten Felder brechen schon nach einem Jahr um bis zu 70 Prozent ein. Um den Schieferölboom am Laufen zu halten, wollen die Unternehmen weitere Brunnen bohren; mindestens 35 000 bis 2030.
Dafür haben Geologen Tausende Bohrkerne und Daten seismischer Untersuchungen analysiert, um genaue Karten der Schieferölvorkommen zu erstellen. Als Biberdorf sich 2004 durch den Stein wühlte, war er „noch blind wie ein Maulwurf“, sagt er.
Zugleich steigern die Ingenieure die Effizienz der Bohrungen: Sie bohren nicht mehr ein Loch – sondern bis zu acht Brunnen nebeneinander. Statt in einem Zug fracken sie die Felder in bis zu 30 Schritten. Das erhöht den Druck, verstärkt die Risse im Schiefergestein und lässt mehr Öl fließen. Statt einem Prozent des Öls im Gestein holen sie schon bis zu sieben Prozent aus dem Boden.
Und die Technik entwickelt sich immer weiter. Im nächsten Frühjahr wollen Forscher der Universität von North Dakota erstmals Kohlendioxid in ein gefracktes Ölfeld pumpen. Eine chemische Reaktion soll dann noch mehr von dem schwarzen Rohstoff aus dem Schiefer lösen. Die Förderraten werden also weiter steigen: Künftig könnten Unternehmen bis zu 15 Prozent des Schieferöls aus dem Boden holen, schätzt die lokale Geologiebehörde. Verglichen mit heute, wäre das doppelt so viel.