Energie sparen Wie das Wetter Heizkosten drastisch reduziert

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Pioniere der Technik

Warum die Energiepreise steigen
Euroscheine stecken an einer Steckdose Quelle: dpa
Logos der vier großen Engergiekonzerne EnBW (l, oben), RWE (r, oben), Vattenfall (l, unten) und Eon (r, unten) Quelle: dpa
Ölpumpen stehen im Sonnenuntergang auf einem Ölfeld bei Los Angeles Quelle: dpa
Bild einer Raffinerie auf einem Bildschirm der Firma Gazprom Quelle: REUTERS
Ein Mitarbeiter eines Heizöllieferanten bereitet die Betankung eines Mehrfamilienhauses mit Heizöl vor Quelle: dpa
Ein Tankwagenfahrer beliefert einen Privathaushalt mit Heizöl Quelle: AP
Ein Monteur verkabelt einen Strommast Quelle: dapd

Noch mehr Sparpotenzial bieten die Systeme von Meteoviva, Tado und Passive Systems aus der Nähe von London. Alle drei lassen die Prognosen für die nächsten drei Tage in den Heizungsverlauf einfließen: Ist für den nächsten Tag beispielsweise ein Hoch angesagt, reicht es, wenn die Heizung erst um sechs Uhr morgens anspringt. Zudem erwärmt sie das Wasser, das durch Rohre und Heizkörper strömt, auf nur 40 anstelle der sonst üblichen 55 Grad.

Meteoviva-Chef Werner ist einer der Pioniere dieser Technik. Der Ingenieur beschäftigt sich bereits seit 1994 mit dem Thema. Jetzt sei es dank günstiger Sensoren, internetbasierter Steuerungen und lokaler Wettervorhersagen möglich, in großen Bürohäusern und Fabrikhallen den Energieverbrauch nahezu zu halbieren, sagt er – und er verspricht „Technikkosten, die sich bereits in weniger als einem Jahr amortisieren“.

Einer der prominentesten Nutzer ist die Deutsche Bahn, der der Unternehmer seine Technik vor zwei Jahren vorstellte. „Ich war sehr skeptisch“, sagt heute Ralf Reißen, der im ICE-Instandhaltungswerk der Bahn in Krefeld für die Infrastruktur verantwortlich ist. Reißen lud zum Test mit seiner modernsten, erst wenige Jahre alten ICE-Werkhalle. Der Bau, zwölf Meter hoch und 220 Meter lang, umspannt fast 10 000 Quadratmeter Grundfläche. 1000 Menschen warten in Krefeld Klimaanlagen, Radsätze und Stoßdämpfer moderner Züge.

ICE-Instandhaltungswerk in Krefeld Quelle: APN

Damit Monteuren und Technikern nicht kalt wird, sollen ihnen bei Bedarf – neben konventionellen, wassergefüllten Heizkörpern – Warmluft-Ventilatoren einheizen, eine Art Riesen-Föns. Effizient ist das nicht: „Wenn Wärme wie bei den Ventilatoren über Luft transportiert wird, ist Heizen 17 Mal teurer als per Wasser“, sagt Ingenieur Werner. Mehr noch. „Mal war es zu warm, mal zu kalt und fast immer zu zugig“, sagt Reißen.

Drei-Tage-Prognose

Um das zu ändern, machte Meteoviva-Chef Werner umfassend Inventur. Er erfasste neben Verbrauch und Kosten auch weitere Faktoren: Wie viele Menschen, wie viele Lampen, Computer und Elektrogeräte produzieren im Gebäude Wärme? Wie dick sind die Mauern, wie viel Wärme und Kälte können sie speichern? Wie stark kann die Sonne die Halle aufheizen?

Danach baute Werners Team mehrere Sensoren in die Wartungshalle ein, die Temperatur und Feuchtigkeit laufend überwachen. Herzstück des Systems aber ist ein unscheinbares nicht einmal schuhkartongroßes Kästchen, dass er direkt an die Heizung andockt. „Es überlistet dort die Außentemperaturregelung“, sagt Werner. Alle drei Stunden empfängt die Steuerbox lokale Vorhersagedaten eines Wetterdienstes: Wann geht die Sonne auf und unter? Wie sind die Windgeschwindigkeit und -richtung? Wie hoch sind Luftfeuchtigkeit und Außentemperatur?

Daraus errechnet Werners Software mehrmals täglich und für drei Tage im Voraus die optimale Temperatur des Wassers, das durch Rohre und Heizkörper fließt, um vorausschauend zu heizen oder zu kühlen. Entsprechend regelt das Steuermodul die Heizung. Wenn also in den ICE-Wartungshallen zum Schichtbeginn um sechs Uhr morgens 21 Grad herrschen sollen, muss die Heizung je nach Wetterlage mal um ein Uhr und mal erst um sechs Uhr anspringen. Mal läuft die Heizung pro Tag nur drei Stunden, mal zehn Stunden.

Für den Krefelder Bahn-Ingenieur Reißen hat sich die Umstellung mehrfach gelohnt: „Die Temperatur ist viel konstanter, und wir haben viel weniger Klagen.“ Vor allem aber waren die Einsparungen so enorm, dass Reißen erst an einen Rechenfehler glaubte. In einem Jahr sank der Erdgasverbrauch um fast die Hälfte, der Stromverbrauch sogar um 90 Prozent.

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