Burke County
Es gibt schönere Flecken in den USA als Burke County. In dem trostlosen Landstrich drei Autostunden südöstlich von Atlanta gilt fast jeder dritte Einwohner als arm. Die einzige Sehenswürdigkeit ist das Vogtle-Kernkraftwerk, das Ende der Achtzigerjahre errichtet wurde und mit Abstand der größte Arbeitgeber der Region ist. Jetzt sollen die zwei weithin sichtbaren Atommeiler durch zwei weitere Reaktoren erweitert werden – und 3500 Jobs schaffen. Vogtle markiert einen Wendepunkt in der US-Politik: Über 30 Jahre waren alle Pläne für die Erweiterung von Atomkraftwerken in den Tresoren der Versorger verschlossen.
Zu tief saß der Schock über das Atomunglück von Harrisburg bei Pennsylvania, wo sich 1979 eine Kernschmelze ereignete. Die radioaktive Wolke, die sich über das Land ausbreitete, zog eine Protestwelle gegen Atomkraft nach sich. Politisch herrscht seither ein Patt zwischen Gegnern und Befürwortern der Kernkraft in Washington.
Zu wenig Kernkraftgegner
Dass ausgerechnet jetzt eine neue Baugenehmigung für ein Atomkraftwerk erteilt wird, ist allerdings Zufall: Im Falle Vogtle setzten sich schlichtweg die Befürworter durch – gegen den Widerstand von Gregory Jaczko, dem Chef der Nuklearaufsichtsbehörde NRC. „Ich kann nach Fukushima nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagt er. Doch US-Energieminister Steven Chu lässt das kalt. „Wir brauchen die Kernenergie, um unseren Strombedarf ohne zusätzlichen Ausstoß von Treibhausgasen zu decken“, sagt er.
Georgia Power, der Betreiber der neuen Vogtle-Blöcke, könnte sich den 14 Milliarden Dollar teuren Neubau indes allein kaum leisten. Möglich wird das neue Kraftwerk nur durch Subventionen der US-Regierung. Zwar haben Kernkraftgegner Einspruch gegen das Projekt eingelegt. Doch in den USA sind sie in der Minderzahl.