Die Euphorie war groß, als die UN 1992 im brasilianischen Rio de Janeiro weitreichende Maßnahmen zum Schutz unseres Planeten vereinbarten. Im kommenden November treffen sich Hunderte Abgesandte aus rund 200 Staaten in Warschau erneut: zum inzwischen 19. Klimapalaver.
Doch vom Ziel, die Erderwärmung bis zum Ende der Jahrhunderts auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, ist die Welt weiter entfernt denn je. Die einstige Aufbruchstimmung ist erstorben. Und kaum ein professioneller Beobachter glaubt mehr, dass sich die Weltgemeinschaft auf einem künftigen Gipfel noch auf gemeinsame Maßnahmen einigen wird. Was aber tun? Die Gipfel abblasen?
So weit will Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin nicht gehen. Doch die Mission des IPCC hält er „für erfüllt“. Geden schlägt vor, das Zwei-Grad-Ziel aufzugeben. „Es ist illusorisch.“ Statt Klimapolitik länger im Gewand eines vermeintlich „wissenschaftlich abgesicherten Weltumgestaltungsplans zu präsentieren“, sollten die Regierungen lieber pragmatisch Möglichkeiten aushandeln, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.
Elliot Diringer, Vizepräsident des US-Center for Climate and Energy Solutions in Virginia, sieht den besten Weg darin, wenn jedes Land für sich seine Klimaziele und den Weg dorthin festlegt. So entstünde Wettbewerb, und es käme endlich Dynamik in den Prozess, ist er überzeugt.
Andere schwören auf einen globalen Emissionshandel. Unternehmen und Kraftwerksbetreiber, die CO2 in die Luft pusten, müssen für die Verschmutzung bezahlen. Außer der EU experimentieren inzwischen Australien, Neuseeland, China, Südkorea und Bundesstaaten in den USA und Kanada mit solchen Systemen. Experten sehen Chancen, sie zu verknüpfen.
4. Vorfahrt für ökonomisch effiziente Maßnahmen
Wie Politiker Geld zum Fenster hinauswerfen und dem Klima – statt zu helfen – auch noch schaden, haben die Ökonomen Hans-Werner Sinn und John Hassler erst jüngst wieder in einer Studie vorgerechnet. Sinn ist Präsident des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hassler lehrt an der Universität Stockholm. In dem Papier kommen sie zum Ergebnis, dass es nicht nur viel Geld kostet, Raps und Mais als Energiealternative zu Kohle und Öl zu subventionieren. Schlimmer: Ihr Anbau beschleunigt die Erderwärmung sogar.
Der Grund liegt im „grünen Paradoxon“, auf das Ökonom Sinn schon früher aufmerksam gemacht hat. Die Förderung für Energiepflanzen schmälert zunächst die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, die daraufhin billiger werden. Als Folge des Preisrutsches werden am Ende aber mehr Kohle und Öl verheizt als vorher – die Klimabelastung steigt. Ein Blick auf die globale CO2-Bilanz untermauert die These. Die Emissionen erreichten vergangenes Jahr einen neuen Rekord: Sie stiegen um 1,4 Prozent auf 31,6 Milliarden Tonnen.
Doch es kommt noch ärger. Weil dort, wo Energiepflanzen angebaut werden, kein Getreide und Gemüse wachsen kann, verteuern diese sich laut Sinn und Hassler um mindestens 40 Prozent, im schlimmsten Fall sogar um 250 Prozent. Das ist verkorkster Klimaschutz auf Kosten der Ärmsten.