Erderwärmung Klimaforscher korrigieren ihre Prognosen

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Warum steigen die Temperaturen nicht mehr?

Dreckschleudern auf See
Crown Princess Quelle: Pressebild
Emerald Princess Quelle: Pressebild
Ruby Princess Quelle: Pressebild
Voyager of the Seas Quelle: Pressebild
Navigator of the Seas Quelle: Pressebild
Adventure of the Seas Quelle: pinguino

Wenn es jemanden gibt, den die aktuelle Debatte um das Klima nicht überrascht, dann ist es Mojib Latif. Zwar lässt der Leiter des Bereichs Ozeanzirkulation und Klimadynamik des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel keine Talkrunde und keine Zeitungsspalte aus, um vor den katastrophalen Folgen der Erderwärmung zu warnen. Doch er betont: „Wir haben schon 2008 mit unserem Team errechnet, dass es sich bis 2015 nicht erwärmen würde.“ Bereits damals vermutete Latif, dass Vorgänge in den Ozeanen die Erwärmung zeitweise abschwächen können.

Vor allem der südliche Atlantik, so hat es Latif in einer aktuellen Studie berechnet, erwärme sich derzeit. Die Tiefsee speichert dort in langjährigen Zyklen Wärme und senkt so die Temperatur auf der Erdoberfläche – vor allem regional, aber auch global. Das erkläre auch, sagt Latif, warum die antarktische Eisfläche zunimmt. Am Nordpol schmilzt sie dagegen rapide.

Diese These vertreten viele Forscher. Im März erschien eine Studie eines Teams um die Meteorologin Magdalena Balmaseda aus England, die zeigen soll, dass „die Erwärmung im Wasser ab 700 Meter Tiefe nie so stark wie in den letzten Jahren war“.

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Erwärmung gar nicht pausiert, sondern sich in den Ozeanen fortsetzt.

Das Problem ist nur: Die Datenbasis ist dünn, vielleicht zu dünn. Zwar existieren seit rund 50 Jahren Messdaten für die Temperatur an der Meeresoberfläche. Von dort aber, wo die Autoren die stärkste Erwärmung vermuten, in Tiefen ab 700 Metern, existieren nur wenige Messungen von Bojen und Tauchthermometern.

Das bedeutet, dass die Forscher nicht endgültig nachweisen können, weshalb die Temperaturen aktuell stagnieren. Die schwache Datenlage überbrücken sie mit komplexen Computermodellen.

Doch das überzeugt nicht alle Experten. „Die Unsicherheiten bei solchen Berechnungen sind noch groß“, kritisiert Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Marotzke ist einer der Hauptautoren für den nächsten Bericht des Weltklimarates. Um endlich Klarheit in der Wasser-Frage zu erhalten, fordert er wie viele andere Forscher, die Ozeane endlich gründlich zu untersuchen.

„Über die Rückseite des Mondes weiß man mehr als über den Meeresgrund“, klagt er. Erst mit mehr Daten könnte man mit Sicherheit sagen, ob sich die Erwärmung in die Meere verlagert.

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