Ernst Ulrich von Weizsäcker "Die Ausplünderung des Planeten stoppen"

Der neue Co-Präsident des Club of Rome, Ernst Ulrich von Weizsäcker, will grüne Wachstumsoptionen entwickeln und fordert ein Bündnis zwischen Europa und Asien.

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Kuriose Folgen der Energiewende
Schwierige Löschung von Windrad-BrändenDie schmalen, hohen Windmasten sind bei einem Brand kaum zu löschen. Deshalb lassen Feuerwehrleute sie meist kontrolliert ausbrennen – wie im April in Neukirchen bei Heiligenhafen (Schleswig-Holstein). Quelle: dpa
Tiefflughöhe steigtDie Bundeswehr hat die Höhe bei nächtlichen Tiefflügen angepasst. Wegen Windradmasten kann die Tiefflughöhe bei Bedarf um 100 Meter angehoben werden. Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt, dass dadurch Bauhöhen von bis zu 220 Meter realisiert werden können. Die Höhe des derzeit höchsten Windradtyps liegt bei etwa 200 Metern. Quelle: dpa
Dieselverbrauch durch WindräderViele neue Windkraftanlagen entstehen – ohne ans Netz angeschlossen zu sein. Solange der Netzausbau hinterherhinkt, erzeugen die Windräder keine Energie, sondern verbrauchen welche. Um die sensible Technik am Laufen zu halten, müssen Windräder bis zu ihrem Netzanschluss mit Diesel betrieben werden. Das plant etwa RWE bei seinem im noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark „Nordsee Ost“. Quelle: AP
Stromschläge für FeuerwehrleuteSolarzellen lassen sich meist nicht komplett ausschalten. Solange Licht auf sie fällt, produzieren sie auch Strom. Bei einem Brand droht Feuerwehrleuten ein Stromschlag, wenn sie ihren Wasserstrahl auf beschädigte Solarzellen oder Kabel halten. Diese Gefahr droht nicht, wenn die Feuerwehrleute aus sicherer Entfernung den Wasserstrahl auf ein Haus richten – aber, wenn sie dabei ins Haus oder aufs Dach gehen. Stromschlagsgefahr gibt es ebenso für Feuerwehrleute, wenn sie nach einem Straßenunfall Personen aus einem beschädigten Elektroauto bergen müssen. Quelle: AP
Störende SchattenWindräder werfen Schatten – manche Anwohner sehen darin eine „unzumutbare optische Bedrängung“, wie es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrückte. Es gab einer Klage recht, die gegen ein Windrad in Bochum gerichtet war. Im Februar wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Investors ab. Das Windrad wird nun gesprengt. Quelle: dpa
Gestörte NavigationAuf hoher See wird es voll. Windparks steigern nicht nur das Kollisionsrisiko mit Schiffen. Die Rotoren stören auch das Radarsystem. Der Deutsche Nautische Verein schlägt daher vor, dass Windparks nur genehmigt werden, wenn die Betreiber auch neue Radaranlagen an den Masten installieren. Quelle: dapd
Windrad-LärmWindräder drehen sich nicht nur, dabei machen sie auch Geräusche. Je stärker der Wind, desto lauter das Windrad – und das wollen viele Bürgerinitiativen nicht hinnehmen. Ein Beschwerdeführer aus dem westfälischen Warendorf erreichte im September 2011 vorm Verwaltungsgericht Münster zumindest, dass eine Windkraftanlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet wird. Quelle: dpa

Weizsäcker, 73, ist seit Oktober Co-Präsident des Club of Rome. Von 1998 bis 2005 saß der Neffe des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker für die SPD im Bundestag. Von 1991 an baute der Diplom-Physiker das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie auf, das er bis 2000 leitete.

WirtschaftsWoche: Herr von Weizsäcker, sind Sie ein fröhlicher Mensch?

Ernst Ulrich von Weizsäcker: Durchaus.

Dann muss es ja regelrecht eine Qual für Sie sein, einer Institution wie dem Club of Rome vorzusitzen, der beharrlich den Weltuntergang predigt.

Ich versuche, für den Club eine optimistische Perspektive für die Welt zu entwickeln, die, aufbauend auf den leider richtigen Analysen, technologische und politische Vorschläge enthält, die uns aus der Gefahr der Apokalypse hinausführen können.

Im gerade veröffentlichten Nachfolgebericht zum legendären Buch von 1972 über die Grenzen des Wachstums ist davon nichts zu lesen. Im Gegenteil: Danach droht der Erde wiederum der Kollaps.

Jeder Arzt weiß, dass die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie eine gute Diagnose ist. Und die lautet nun einmal: Die Menschheit stellt sich blind und denkt: Solange sich das Klima noch nicht dramatisch verändert hat, warum sollen wir was tun? Solange man Kupfer und High-Tech-Metalle wie Indium und Neodym noch irgendwo rauskratzen kann, worüber sollen wir uns sorgen? Solange das so ist, rückt die Welt dem Abgrund immer näher.

Und der Club of Rome glaubt, die Menschen mit seiner Katastrophenrhetorik aufrütteln zu können?

Leider ist vielen Menschen die kurzfristige Wohlstandsökonomie immer noch viel wichtiger als das Schicksal unserer Enkel. Und deswegen verdrängen sie die Gefahren kollektiv.

Was heißt verdrängen? Viele der düsteren Annahmen des Club of Rome waren doch schlicht falsch.

Natürlich gab es Fehleinschätzungen. Zum Beispiel ist die angenommene feste Kopplung zwischen industriellem Ausstoß und Umweltverschmutzung geknackt worden. Aber nur, weil die Politik wegen dieser Warnungen aktiv geworden ist. Sie hat in Deutschland und anderswo mit scharfen Umweltgesetzen dafür gesorgt, dass es ökonomisch richtig wehtat, das Wasser weiter zu verschmutzen. Sonst hätte sich nichts gebessert.

Wie sieht Ihr Reformplan für den Club of Rome denn aus?

Fünf Dinge habe ich mir vorgenommen. Wir müssen erstens eine positive Wachstumsoption entwickeln. Zweitens müssen wir Skandale wie die fortgesetzte Subventionierung des Leerfischens der Ozeane oder des Einsatzes fossiler Brennstoffe viel öffentlichkeitswirksamer anprangern. Wir wollen drittens verstärkt Geschäftsideen und Initiativen ermutigen, die das Zeug haben, die Erde zu einem besseren Ort zu machen.

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