Fischimporte aus Russland Paniert Käpt’n Iglo bald Tintenfisch statt Putins Alaskaseelachs?

Russlands Einmarsch in der Ukraine macht auch Fischstäbchen zum Politikum. Quelle: imago images

Die Verbindung zwischen russischen Fischereikonzernen und dem Kreml bringt den Fischverarbeiter Iglo in Bedrängnis. Sich von russischem Fisch unabhängig zu machen, gilt als schwer. Doch es gibt Alternativen.

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Der britische Fischverarbeiter Iglo will eigenen Angaben zufolge seine extreme Abhängigkeit von russischem Fisch reduzieren. Das Unternehmen gehört zum an der New Yorker Börse gelisteten Konzern Nomad Foods und ist mit knapp zehn Prozent Marktanteil in Deutschland Marktführer unter den Tiefkühlfischanbietern. Insgesamt stammen rund 72 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Alaskaseelachses von russischen Fangschiffen. 

Das ist problematisch, denn russische Fischereikonzerne wie Norebo und Russian Fishery stützen die Kriegsmaschinerie von Russlands Präsident Wladimir Putin, wie die WirtschaftsWoche vor einigen Wochen anhand von Satelittenbildern nachweisen konnte. So erhalten die russischen Fischereikonzerne einen Teil ihrer Fangquoten dafür, dass sie neue Supertrawler statt im Ausland in jenen staatlichen militärischen Werften bauen lassen, die auch Russlands Tarnkappenfregatten und U-Boote produzieren. 

Auch Iglo will seine Abhängigkeit vom russischen Fisch senken: „Wir haben bereits Maßnahmen ergriffen, um Schritt für Schritt Fischrohware aus russischen Quellen zu reduzieren, indem wir andere Fischarten in unser Portfolio aufnehmen und Fisch aus anderen Ländern beziehen“, heißt es in einer Stellungnahme. Dies geschehe unter der Maßgabe, nur Fisch aus nachhaltig bewirtschafteten und zertifizierten Fischereien zu verwenden.

Einem Iglo-Vertreter zufolge sind nur rund zwölf Prozent der weltweiten Fänge und nur sechs Prozent der aus Aquakultur stammenden Fische derzeit als nachhaltig zertifiziert. Zudem basiere der Fischhandel meist auf Termingeschäften, mit denen sich Verarbeiter den Fischfang der jeweils nächsten Fangsaison sichern. Das alles mache es Iglo schwer, zeitnah auf andere Fischarten umzusteigen.

Unternehmen konkurrieren um Alternativen

Noch schwieriger wird die Situation, weil nun auch viele andere Anbieter von russischem Tiefkühl-Alaskaseelachs, Kabeljau und anderen Weißfischarten nach neuen Lieferanten suchen. Entsprechend verschlossen geben sich die Unternehmen, mit wem sie gerade um welche Fischsorten verhandeln. Niemand will einen solchen Fang an die Konkurrenz verlieren.

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Matthias Keller, Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels, kennt die Szene. Er hält es für unwahrscheinlich, dass Iglo und seine Wettbewerber jene Mengen, die sie aktuell aus Russland beziehen, komplett substituieren können. Teilweise aber sei das möglich: Etwa durch den Süßwassertropenfisch Pangasius, der vor allem in Vietnam und Indonesien in Aquakulturen gezüchtet wird. Dieser habe in Deutschland jedoch keinen guten Ruf. Er gilt als billig und antibiotikabelastet. „Auch ist er geschmacklich nicht vergleichbar“, sagt Keller.

Eine weitere Alternative sei Buntbarsch. Der wiederum habe als Tropenfisch kein so weißes Fleisch wie Kabeljau oder Alaskaseelachs. Ein möglicher Ersatz sei zudem Seehecht, der im Atlantik und im südlichen Pazifik vorkommt. Es gebe sogar Hersteller, so Keller, die seit geraumer Zeit mit Fischstäbchen aus Tintenfisch experimentierten. Das eher zähe Fleisch müsse dafür aber zermahlen werden.

Für Iglo könnte der Mangel an Alternativen vor allem dann ein größeres Problem werden, sollte sich die EU doch noch zu Sanktionen gegen russischen Weißfisch durchringen. Bisher konnte die Branche das erfolgreich verhindern. Auf der Sanktionsliste stehen aktuell nur Kaviar und Krebstiere.

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