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Fotovoltaikkraftwerke Warum die Welt vor einem Solarboom steht

Solarenergie wurde lange Zeit als zu teuer und unstet gescholten, in vielen Ländern wurden die Subventionen gekürzt. Trotzdem boomt dieses Jahr die Fotovoltaik wie nie zuvor. Wie kommt das?

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Solar Quelle: AP

Krise, Krise, Krise – so könnte man kurz und bündig die Stimmung in der Solarindustrie in den vergangenen drei Jahren beschreiben. Der Weltmarkt: Geflutet mit Solarmodulen, die keiner kaufen will; die Subventionen für Sonnenstrom: Überall auf Talfahrt.

Doch schleichend hat sich die Großwetterlage auf den Energiemärkten geändert. Das zeigt schon ein Blick auf die Branchennachrichten von Donnerstag, einem Tag wie vielen anderen: Mexiko errichtet Solarpark für 400 Millionen Dollar; Bangladesch baut 60-Megawatt-Solarkraftwerk; Iran installiert fünf Gigawatt Fotovoltaikleistung bis 2016.

Fotovoltaik ist wieder gefragt, nur diesmal weniger im Energiewende-Deutschland, sondern weltweit. Im laufenden Jahr, so die Prognose vom US-Marktforschungsinstitut Solarbuzz, werden Fotovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 50 Gigawatt installiert - gegenüber 37 Gigawatt im Jahr 2013. Das entspricht der Kapazität von 50 Kernkraftwerken. 

Rechnet man alle bisher gebauten Fotovoltaikkraftwerke zusammen, werden Ende des Jahres 200 Gigawatt Solarleistung am Netz sein – was der Hälfte aller weltweit installierten Kernkraftwerke entspricht.

Die besten Techniken zum Verwenden und Speichern von Solarstrom

Und das ist erst der Anfang einer steilen Wachstumskurve. Laut den Analysten von Bloomberg New Energy Finance werden im Jahr 2020 ein Fünftel der weltweit neu gebauten Kraftwerkskapazitäten Solarkraftwerke sein. Saudi-Arabien will bis 2032 ein Drittel seiner Elektrizität aus Solaranlagen beziehen, China will allein bis 2017 seine Solarleistung auf 70 Gigawatt verdreifachen.

„Der Solar-Boom ist nicht mehr zu bremsen“, sagt Martin Ammon, Solarexperte beim Bonner Marktforschungsinstitut EuPD-Research. Fünf Gründe, warum die Experten sehr wahrscheinlich Recht behalten – und die Welt vor einem Solarboom steht:

1) Solar wird billig

Keine Energietechnologie ist in jüngster Zeit so schnell preiswerter geworden wie die Fotovoltaik. Seit 2006 sind Anlagen zur Montage auf dem Dach um 68 Prozent günstiger geworden. Vor allem die Module selbst haben einen massiven Preisverfall erlebt – zum einen, weil sie immer effizienter geworden sind, zum anderen, weil sie inzwischen in riesigen, hochmodernen Fabriken in Massen gefertigt werden.

In sonnigen Regionen können Solaranlagen laut EuPD-Experte Ammon Strom schon ab sieben Cent pro Kilowattstunde herstellen. Zwei Solarkraftwerke, die der Solarhersteller SunEdison im Auftrag des Energieversorgers Austin Energy im US-Bundesstaat Texas baut, liefern Strom sogar für umgerechnet nur 5,8 Eurocent.

Solarstrom für den Hausgebrauch
Sonne im GlasDie Bürger von Schilda wollten das Sonnenlicht einst mit Eimern einfangen und damit ihr fensterloses Rathaus erleuchten – so eine der Sagen von Till Eulenspiegel. Mit diesem umdisponierten Einmachglas wird das Märchen endlich wahr: Einfach das Behältnis in die Sonne stellen und abends den Deckel verschließen – schon erstrahlt feines Solarlicht. Das Geheimnis: Das Glas enthält Solarzellen und einen Akku, dessen Strom eine Leuchtdiode fünf Stunden aufleuchten lässt. Sun in a Jar Quelle: Presse
Doppel-Pack für den HybridWeil gleich zwei Solarquellen die Batterie des C-Max Solar Energi von Ford mit Elektronen auffüllen, soll der Plug-in-Hybrid mit Verbrennungsmotor ganz ohne Kabel und Stecker auskommen. Er lädt sozusagen während der Fahrt – sofern die Sonne scheint. Das Konzeptfahrzeug hat zum einen klassische Siliziumzellen auf dem Dach. Zum anderen ist es mit sogenannten Konzentratorzellen bestückt, die das Sonnenlicht wie ein Brennglas bündeln. Das soll die Ladegeschwindigkeit verachtfachen. C-MAX Hybrid Energi Quelle: Presse
Paddelboot für FauleLass mal die Sonne ran! Kann sich sagen, wer mit einem Elektro-Kajak von Klepper auf Flüssen und Seen unterwegs ist. Zwei Solarmodule mit zusammen 60 Watt Leistung treiben das Boot bei Sonnenschein mit Paddelgeschwindigkeit lautlos voran. Sobald der Fahrer selbst die Paddel ins Wasser sticht, laden die Zellen einen Akku. Dann hat er Strom für Handy, GPS und Zeltbeleuchtung zum Nulltarif. Klepper Falt Solarantrieb für E-Kajaks
Solarhandy gegen NomophobieEs soll Menschen geben, die sich vor nichts mehr fürchten als auch nur eine Minute nicht erreichbar zu sein. Nomophobia (No-Mobile-Phone-Phobia) heißt das Phänomen in Fachkreisen. Den Geplagten kann geholfen werden, verspricht das Schweizer Unternehmen Tag Heuer - eigentlich bekannt für Luxusuhren. Es will im Juli ein Handy auf den Markt bringen, dessen im Display integrierte transparente Solarzelle genug Strom produzieren soll, um das Mobiltelefon allzeit auf Empfang zu halten. Das Laden funktioniert angeblich auch bei Kunstlicht. TAG Heuer Meridiist Quelle: Presse
Strom zum AufstellenKeine Steckdose in Reichweite? Macht nichts! Der mobile Solar-Kiosk Cubox des österreichischen Anbieters HBT Energietechnik versorgt sich selbst mit Strom – am Strand, auf dem Golfplatz, in der Fußgängerzone oder bei der Party im eigenen Garten. Die Zellen produzieren genügend Energie, um den schicken Hingucker zu illuminieren und das Bier zu kühlen. cubox.at Quelle: Presse
Schaufelrad auf dem DachÜber die Dächer unserer Städte und Dörfer streicht, außer bei Windstille, ein beständiger Luftstrom – besonders intensiv über die glatte Oberfläche von Solarmodulen. Die LWS Systems aus Mecklenburg-Vorpommern hat eine Strömungsturbine entwickelt, die ihn über Schaufeln auffängt und in elektrische Energie umwandelt. Die Hybridtechnik hebt die Energieausbeute auf dem Dach; sie ist genehmigungsfrei. www.lws-systems.com/windmodule Quelle: Presse
Heizen mit EisDie Hybridkollektoren des Lörracher Unternehmens Consolar am Bodensee zapfen nicht nur die Sonne als Wärmespender für Dusche und Heizung an. Sie entziehen auch der Luft Wärme und speichern diese in Verbindung mit einer Wärmepumpe in einem Speicher. Ein Teil der Energie wird zu Eis gefroren. Taut das Eis wieder zu Wasser auf, wird besonders viel Energie frei. Dank dieses Effekts fasst der Eis-Wasserspeicher acht Mal mehr Energie als konventionelle Wasserspeicher gleicher Größe. Consolar Solaera Quelle: Presse

Zum Vergleich: Für Strom aus Erdgas veranschlagt Austin Energy fünf Eurocent pro Kilowattstunde, also nur unwesentlich weniger. Für Strom aus neuen Kohle- und Atomkraftwerken erwarten die Texaner dagegen deutlich höheren Kosten: 7,2 und 9,4 Eurocent. Künftig dürften die Preise für Kohle und Gas weiter steigen – während die Solarkraftwerke 25 Jahre lang Strom zum Fixpreis liefern.

Nicht nur im sonnenreichen Texas wird Solarstrom damit zur Billigenergie. In weiten Teilen Asiens etwa ist Solarenergie laut den Analysten von Bloomberg inzwischen preiswerter als verflüssigtes Erdgas (LNG) – und kann damit auch ohne Subventionen mit fossilen Energieträgern konkurrieren.

Kombiniert man Fotovoltaikanlagen mit Gaskraftwerken, ist die Energieversorgung auch dann gesichert, wenn die Sonne nicht scheint. Laut einer Studie der Citi-Bank könnte dieses Zusammenspiel schon bald Kohlekraftwerke unrentabel machen.

 

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