Fritz Vahrenholt Störenfritz des Klimawandels

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Weniger Wissenschaft, mehr Politik

Die zehn größten Klimasünder
Iran Quelle: REUTERS
Auf Platz neun liegt Saudi-Arabien. Im Jahr 2010 lag der Ausstoß an CO2 bei 563 Millionen Tonnen. Ein Plus von 19 Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr. Quelle: dpa
Kanada Quelle: dapd
Im Vergleich zu 1990 hat Südkorea seinen Ausstoß an dem Treibhausgas um 179 Prozent erhöht. 2010 lag der komplette Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bei 716 Millionen Tonnen. Damit liegt das Land auf Platz sieben. Quelle: dpa
Um immerhin 20 Prozent hat Deutschland seinen CO2-Ausstoß seit 1990 gesenkt. Trotzdem lag er im Jahr 2010 noch bei 828 Millionen Tonnen. Quelle: dapd
Japan hat sowohl den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß seit 1990 gesteigert, als auch den Ausstoß im Vergleich zum Vorjahr. Mit 1308 Millionen Tonne liegt das Land auf Platz fünf der größten Klimasünder. Quelle: REUTERS
Platz vier für Russland. Mit 1700 Millionen Tonnen hat das Land seinen CO2-Ausstoß zwar um 28 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt - im Vergleich zu 2009 ist es aber eine Plus in Höhe von 166 Millionen Tonnen. Quelle: dpa-tmn

Damals argumentierte er, AKWs würden kaum CO2 emittieren und seien daher besonders klimafreundlich. Und jetzt soll der Klimawandel plötzlich nicht mehr so dringlich sein?

Ihr Klimamodell begründen die Autoren auf über 400 Seiten im kühlblauen Schutzumschlag mit einer Unmenge von Studien und Zitaten; eine echte Fleißarbeit. Doch letztlich stützen sie sich nur auf Thesen aus zweiter Hand. "Klar", sagt Vahrenholt, "ich betreibe ja keine Klimawissenschaft." Das stimmt. Was die Autoren betreiben, lässt sich noch am ehesten als Abfallrecycling beschreiben.

Sonnenaktivität, städtische Warmzonen (die angeblich die Temperaturmessungen verzerren), angebliche Fälschungen in IPCC-Berichten – nichts davon ist originell oder neu. Vieles davon kursiert in der Szene der Klimaskeptiker seit Langem – und ist längst widerlegt. Dementsprechend harsch fällt das Urteil von Joachim Marotzke aus, Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie. Vahrenholt habe "viel gelesen, wenig verstanden".

Man muss sich vor Augen führen, wie stark der Konsens in der scientific community inzwischen ist – und zwar weit über den Weltklimarat hinaus –, um den Aberwitz der Vahrenholtschen Veröffentlichung in ihrem gesamten Ausmaß zu erfassen. Vor vier Jahren hat der Hamburger Mathematiker Hans von Storch eine Umfrage unter Klimawissenschaftlern gestartet.

Wie nicht anders zu erwarten, ergab sich das Bild einer streitlustigen Expertengemeinde. Wolkenbildung, Niederschlagsmengen, Wärmeausbreitung im Ozean – solche Fragen sind Gegenstand einer lebhaften Debatte. Im Kernbereich der Klimaforschung aber gab es keinen Dissens. Wie Storchs Umfrage zeigte, waren sich die Forscher über die Tatsache des Klimawandels selbst, seine wichtigsten Ursachen, das Ausmaß der Bedrohung und die Dringlichkeit einer Reaktion erstaunlich einig.

Doch Vahrenholt und Lüning geht es wohl weniger um die Wissenschaft als um die Politik. Schließlich gibt es in Teilen des liberalen und konservativen Lagers nicht nur ein Unbehagen an der Energiewende, sondern auch an der Klimawissenschaft insgesamt. "Wenn man etwas gegen die vorherrschende Meinung über die Ursachen des Klimawandels sagt", klagt beispielsweise Michael Fuchs, der einflussreiche Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der CDU-Bundestagsfraktion, "wird man gleich als ein Mensch abgestempelt, der sich gegen die Umwelt versündigt."

Arnold Vaatz, immerhin stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, geht so weit, "eine Gleichschaltung der Gesellschaft" zu beklagen, "die zwar mit den Formen von Gleichschaltung, wie wir dies aus der Geschichte der europäischen Diktaturen kennen, nicht identisch ist, jedoch ganz ähnliche Züge aufweist". Die Ökodiktatur ist da!

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