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Gletscherschwund Das Schmelzen ist unaufhaltbar

Nie zuvor haben die bestehenden Gletscher so viel Masse verloren wie seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Das zeigen die Daten aus einem internationalen Register. Forscher prophezeien Schlimmes.

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Die zehn schönsten Berge der Welt
Kilimandscharo, TansaniaMit 5895 Metern Höhe ist der Kilimandscharo das höchste Bergmassiv Afrikas. Das Gebirge beeindruckt vor allem durch seine gewaltige Statur inmitten von Frostschuttwüsten, Schneefeldern und dichter Vegetation. Die Landschaft rund um den Berg wurde 1987 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Quelle: AP
Mont Blanc, Frankreich / ItalienDer „weiße Berg“ ist mit 4810 Metern der höchste Berg der Alpen. Der Grenzverlauf des Mont Blanc ist seit langem umstritten, sowohl Frankreich als auch Italien haben Anteil an dem Berg. Der Mont Blanc besteht aus Granit und beeindruckt mit seinen zwei völlig unterschiedlichen Ansichten: Die Nordseite ist eher rundlich und vergletschert, während der südliche Teil des Berges wie ein felsiger Klotz wirkt. Quelle: AP
Ayers Rock, AustralienDer Uluru, wie der Berg auch von den einheimischen Aborigines bezeichnet wird, befindet sich inmitten der zentralaustralischen Wüste und begeistert seine Besucher mit seinen verschiedenen Farbtönen: Je nach Sonneneinfall, Tageszeit und Bewölkungsgrad leuchtet der Berg mal braungrau, mal orange, mal rot. Der Ayers Rock ist etwa 350 Meter hoch und gilt bei den Aborigines als heilig. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Fox-Gletscher, NeuseelandDer Talgletscher, der im Westland-Nationalpark der neuseeländischen Südinsel liegt, erstreckt sich auf einer Fläche von knapp 35 Quadratkilometern. Bis zum Jahr 2007 dehnte sich der Gletscher weitestgehend aus, doch seit 2009 schmilzt er wieder. Quelle: Gemeinfrei
Zuckerhut, BrasilienDer knapp 400 Meter hohe „ Pão de Açúcar“ gilt neben der Christusstatue auf dem Berg Corcovado (vorne im Bild) als das Wahrzeichen Rio des Janeiros. Seinen Namen trägt der Felsen aufgrund seiner außergewöhnlichen Form, die an einen Zuckerhut erinnert. Touristen können mit einer Seilbahn auf die Spitze des Berges hinauffahren, um von dort das spektakuläre Stadtbild zu genießen. Quelle: AP
Merapi, IndonesienDer Schichtvulkan auf der indonesischen Insel Java gilt als einer der schönsten, aber auch gefährlichsten Vulkane der Erde. Der Merapi ist fast dauerhaft aktiv – kleinere Eruptionen finden alle zwei bis drei Jahre statt, größere Ausbrüche kommen etwa zehn bis 15 Jahre vor. Am 5. Oktober 2010 brach der Vulkan erneut aus und schleuderte vier Kilometer Asche und Geröll in die Atmosphäre – mehr als 70 Menschen kamen dabei ums Leben. Auf diesem Bild ist der Merapi bei Nacht zu sehen, wie er im Juni 2006 Lava ausspuckt. Quelle: dpa
Les Perrons, Frankreich / SchweizDer 2674 Meter hohe Berg in den Chablais-Alpen zwischen Frankreich und der Schweiz ist ein beliebtes Wander- und Bergsteigerziel in Europa. Zwischen den verschneiten Berggipfeln fließt das türkisblaue Wasser des Lac d'Emosson. Quelle: Creative Commons

Die Gletscher weltweit schmelzen seit Beginn des 21. Jahrhunderts in Rekordtempo. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des World Glacier Monitoring Service mit Sitz an der Universität Zürich, die im Journal of Glaciology vorgestellt wurde. „Die Eisdicke der beobachteten Gletscher nimmt derzeit jedes Jahr zwischen einem halben und einem ganzen Meter ab, das ist zwei- bis dreimal mehr als der entsprechende Durchschnitt im 20. Jahrhundert“, sagte Studienautor Michael Zemp. Gletscher in verschiedenen Regionen der Welt seien so stark aus dem Gleichgewicht geraten, dass sie auch ohne fortschreitenden Klimawandel weiter Eis verlieren würden.

Besonders betroffen ist demnach zum Beispiel die Alpenregion. „Der Aletschgletscher hat sich um mehrere Kilometer zurückgezogen“, sagte Zemp. Auch der Morteratschgletscher habe stark an Masse verloren. In Alaska sind die Gletscher Gulkana und Lemon Creek Beispiele für massiven Schwund.

Die Apokalyptiker des Klimawandels
Al Gore»Jeder einzelne Meter, den der Meeresspiegel ansteigt, verursacht rund 100 Millionen Klimaflüchtlinge.«Der ehemalige US-Vizepräsident wurde zum wichtigsten politischen Vertreter der Klimapolitik in den USA. Bücher, Konzertreihen und ein Dokumentarfilm zum Thema („Eine unbequeme Wahrheit“) machten ihn zur politischen Ikone der Klimabewegung in den Vereinigten Staaten. Quelle: REUTERS
Rajendra Pachauri»Hitzewellen, die alle paar Jahrzehnte auftraten, werden bis Mitte des Jahrhunderts jedes zweite Jahr vorkommen.«Der Ökonom und Eisenbahningenieur leitet seit 2002 das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Gemeinsam mit Al Gore erhielt der Inder für diese Arbeit 2007 den Friedensnobelpreis. Die regelmäßigen Prognosen des IPCC finden weltweit große Beachtung. Quelle: REUTERS
Nicholas Stern»Was auf die Welt zukommt, das hat es in den vergangenen 30 Millionen Jahren nicht gegeben.«Der einstige Chefökonom der Weltbank beschäftigte sich 2006 in dem nach ihm benannten Bericht mit den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels. Vor großen Zahlen schreckt er nicht zurück: Im schlimmsten Fall werde die Erderwärmung 20 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts kosten. Quelle: AP
Hans Joachim Schellnhuber»Fünf Grad mehr können bedeuten, dass sich eine Wüste vom Süden bis nach Berlin erstreckt.«Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ist der wohl bekannteste deutsche Klimaforscher. Der Ideengeber für das „Zwei-Grad-Ziel“ der UN nimmt als Mitglied im IPCC und wissenschaftlicher Berater der Bundesregierung Einfluss auf die Klimapolitik. Quelle: dpa
Angela Merkel»Wir wissen, dass das Zwei-Grad-Ziel nicht zu erreichen ist, es wird eher das Doppelte herauskommen.« Spätestens seit dem medienwirksamen Auftritt mit dem damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel auf Grönland 2007 hat die Bundeskanzlerin das Klima für sich entdeckt. Nach dem Fukushima-Reaktorunfall nutzte sie die emotionale Kraft des Themas, um aus der Atomkraft auszusteigen Quelle: REUTERS
Michael Mann»Die weltweite Klimaentwicklung im vergangenen Jahrhundert hat die Form eines Hockeyschlägers.«Auf diese Form lässt sich die Erkenntnis des US-Forschers bringen. 1999 veröffentlicht, wurde sie zeitweise zum Hauptwerk der Klimaforschung. In die Öffentlichkeit drängt es den Forscher kaum. Mit der anschaulichen These ist er dennoch zum Hassobjekt des konservativen Amerikas geworden. Quelle: Presse

Hauptursache für die Gletscherschmelze sind Zemp zufolge die steigenden Temperaturen. Doch es schrumpft nicht jeder Gletscher. Manche wachsen sogar. Diese Wiedervorstöße seien regional und zeitlich begrenzt, schreiben die Autoren der Studie. Zudem erreichten die Gletscher nicht die Ausmaße während der kleinen Eiszeit zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert.

Ein Beispiel hierfür sind demnach die norwegischen Gletscherzungen. Sie haben sich seit dem 19. Jahrhundert um einige Kilometer zurückgezogen. Allein an der Küste seien die Gletscher in den 1990ern - zwischenzeitlich - um wenige hundert Meter länger geworden. „In den Neunzigern gab es dort mehr Winterschnee“, sagte Zemp. Das habe den Gletscherschwund kurzzeitig kompensiert. „Aber ab 2000 war das vorbei.“

Die Studie basiert auf einem Gletscher-Register, das seit mehr als einem Jahrhundert weltweit Daten sammelt. Rund 47 000 Informationen über 2300 Gletscher sind verfügbar, einige davon gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Die Daten stammen aus Beobachtungen am Boden, aus der Luft und dem Weltraum. Das Netzwerk des Registers erstreckt sich auf 36 Länder und Tausende Beobachter.

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