Wie schon erwähnt werden die bescheidenen Fortschritte bei der Verbrauchsminderung fast vollständig aufgezehrt, weil die Autos immer größer und schwerer werden, und der Pkw-Verkehr ungebrochen wächst. Dies grundlegende Dilemma, auch Reboundeffekt genannt, gilt auch für andere Bereiche: Kühlschränke und Fernseher werden immer sparsamer, doch die Haushalte verbrauchen nicht weniger Energie – weil die Zahl der Geräte steigt. Wachstum nur effizienter zu machen wird nicht ausreichen, um das fossile Zeitalter zu überwinden.
Ein weiterer Weg, CO2-Emissionen zu reduzieren, ohne das bestehende Geschäftsmodell aufzugeben, ist der Einsatz von Biodiesel und Ethanol. Fossile Brennstoffe werden durch vermeintlich CO2-neutrale, nachwachsende Rohstoffe ersetzt – was zunächst einleuchtet. Aber inzwischen belegen viele Studien in aller Klarheit: Werden mehr Pflanzen angebaut, um Treibstoff herzustellen, gefährdet dies die Versorgung der Menschheit mit ausreichend Lebensmitteln, zerstört riesige Flächen von Regenwäldern und bedroht massiv die Artenvielfalt.
Längst ist die globale Krise viel mehr als eine Klimakrise. Der Verlust an Artenvielfalt, die Belastung von Boden und Grundwasser mit Nitrat durch den Einsatz chemischer Dünger in der Landwirtschaft haben längst dramatische Ausmaße angenommen.
Dennoch setzt die Industrie weiter auf Biokraftstoffe und sichert sich zugleich in Form von Patenten die Kontrolle über die Produktionsfaktoren der Zukunft (wie Saatgut, genetische Informationen, technische Verfahren). Sie schafft durch Fusionen mächtige Konglomerate und integriert global die gesamte Produktions- und Vertriebskette. Unter Bezug auf die Green Economy versuchen die Konzerne den Eindruck zu vermitteln, sie arbeiteten an Alternativen zur fossilen Energie. Doch offenkundig wollen sie so vor allem das fossile Geschäftsmodell verlängern.
Es fehlt nicht an Alternativen
Der Aufbruch in eine nachhaltige, postfossile Ökonomie wird nicht konfliktlos verlaufen. Die Autoindustrie führt es vor: Die notwendige Transformation berührt Geschäfts- und Machtinteressen, wird Verlierer kennen und nur mit hartem Verhandeln gelingen. Damit ist vor allem demokratisch legitimierte Politik gefragt. Nicht alles muss reguliert werden. Aber das Setzen wirksamer Grenzwerte bis hin zu Verboten (wie bei verbleitem Benzin, FCKWs) stellen eine Erfolgsgeschichte dar. Sie bleiben ebenso unverzichtbar wie unabhängige Kontrollen, wenn wir den notwendigen Wandel wirklich angehen und nicht nur den Märkten hinterherwinken wollen.
Weichenstellungen für die Zukunft müssen gesellschaftlich ausgehandelt werden, sie sind keine Frage der Märkte. So erstaunt es angesichts des erbärmlichen Zustands des Emissionshandels in Europa wenig, dass sich die Autobranche gerne in ebendiesen aufgenommen sähe. Denn er erfordert weniger Handeln als eine effektive Regulierung. Mit der Priorisierung von Marktmechanismen verschärft grüne Ökonomie den Bedeutungsverlust der Politik.
Es fehlt nicht an Alternativen. Ökologische Landwirtschaft, auch im großen Maßstab, ist ein hochproduktiver Wirtschaftsfaktor. Eine andere, vernetzte Mobilität, die nicht primär auf Individualverkehr beruht, emissionsfreie Autos aber auch nicht ausschließt, wird bereits vielerorts in Ansätzen umgesetzt. Vor allem aber darf Innovation nicht auf Technik verengt werden: Auch neue Lebensstile, andere Formen des Zusammenlebens zu entwickeln, sind Innovation. Daher ist es kontraproduktiv, sich auf die Frage zu fixieren: Wie können wir grün wachsen? Die entscheidende Frage, die die Green Economy nicht stellt, lautet vielmehr: Wie können wir unter dem unvermeidbaren Leitmotiv „Weniger, Anders, Diversifiziert“ eine bessere und gerechte Zukunft für alle schaffen?