Wenn die Bayers, Syngentas und BASFs dieser Welt tatsächlich, entgegen Ihrer Befürchtungen, den biologischen Pflanzenschutz als Goldesel entdeckt hätten?
...wäre das fast zu schön, um wahr zu sein. Denn bisher hat die biologische Schädlingsbekämpfung für weltweit agierende Konzerne immer Nachteile gehabt: Sie ist vergleichsweise kompliziert, biologische Systeme sind oft nur lokal einsetzbar – und ihre Gewinnmargen liegen im Vergleich zu Spritzmitteln extrem niedrig. Der Witz an der biologischen Schädlingsbekämpfung ist ja, dass sie nachhaltig ist und nicht ständig neue Umsätze generiert: Die 1,6 Millionen Schlupfwespen, die wir zwischen 1982 und 1993 in Afrika gegen die Maniok-Schmierlaus ausgesetzt haben, bilden heute eine stabile Population. Die hält die Schmierlaus nun in Schach. So ein sich selbst regulierendes System ist aber kein lukratives Geschäftsmodell für ein Unternehmen.
Andererseits begehren Verbraucher immer heftiger gegen mögliche Rückstände von Spritzmitteln auf. Zugleich verlagert sich die Obst- und Gemüseproduktion vermehrt in Gewächshäuser. Damit scheinen die Biowaffen doch auch in der konventionellen Landwirtschaft ökonomisch sinnvoll zu sein.
Ja, der Trend zum Anbau in Gewächshäusern hat einiges verändert, das stimmt. Vielleicht bin ich nach Jahrzehnten strikter Ablehnung durch die Chemiekonzerne auch einfach zu pessimistisch. Bisher war es leider in vielen Entwicklungsländern so, dass bestehende biologische Systeme der Schädlingskontrolle durch Chemie ersetzt wurden, sobald die Bauern sie sich leisten konnten. Statt eines Fruchtwechsels setzten sie dann auf Monokulturen, eine ideale Einflugschneise für Schadinsekten. Ein Umdenken beginnt oft erst nach Jahrzehnten, wenn die chemischen Waffen stumpf geworden sind.
Bricht also jetzt das Zeitalter des biologischen Pflanzenschutzes an?
Das hoffe ich sehr – und dafür setze ich mich mit meiner Stiftung Biovision in zahlreichen Projekten ein. Aber ich ärgere mich immer wieder, wenn nicht mal die vorhandenen Mittel genutzt werden. Etwa als im Sommer 2012 Heuschrecken die Ernten im Sudan bedrohten, hätte die Welternährungsorganisation die Tiere mit biologischen Wirkstoffen frühzeitig am Schwärmen hindern können. Stattdessen wartete sie, bis die Schwärme auf den Feldern einfielen – um sie erst dann mit teuren Insektenschutzmitteln niederzuknüppeln.