Innovation der Woche 3M beschleunigt die Stromversorgung

Ein neues Seil des amerikanischen Mischkonzerns 3M könnte den Ausbau des Stromnetzes deutlich beschleunigen. Die neuen Hochspannungsseile transportieren die doppelte Menge Strom – ohne Austausch der alten Hochspannungsmasten.

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Weltweit sind bereits 1600 Kilometer Hochspannungsleitungen mit den neuen 3M-Kabeln ausgestattet. Quelle: dpa

Selbst wenn im Ruhrgebiet, in Ludwigshafen oder Mannheim hoher Strombedarf besteht, müssen norddeutsche Windenergieanlagen oft abgeschaltet werden. Die von Nord nach Süd führenden Hochspannungsleitungen verkraften nur bestimmte Mengen an Strom. 2500 Ampere dürfen nicht überschritten werden, damit die Leitungen nicht zu heiß werden. Dann hängen sie wegen der Materialausdehnung bei steigenden Temperaturen zu weit durch und gefährden beispielsweise den Autoverkehr.

Abhilfe verspricht jetzt der amerikanische Mischkonzern 3M. Er hat Seile aus Keramik und Aluminium entwickelt, die doppelt so viel Strom übertragen wie konventionelle Leiter aus Stahl und Aluminium. Zudem verkraften sie erheblich höhere Temperaturen, ohne gefährlich weit durchzuhängen.

In Deutschland gibt es bereits vier Pilotinstallationen. Die längste misst 8,4 Kilometer. Es handelt sich um ein Teilstück der 400000-Volt-Leitung zwischen dem Kohlekraftwerk Gersteinwerk in Werne und dem Umspannwerk Hanekenfähr in der Nähe des Kernkraftwerks Emsland bei Lingen. Weltweit gibt es bereits 1600 Kilometer Hochspannungsleitungen, die mit den neuen 3M-Kabeln ausgestattet sind.

Weltweit sind bereits 1600 Kilometer Hochspannungsleitungen mit den neuen 3M-Kabeln ausgestattet. Quelle: PR

Doppelte Wind- und Sonnenergie

Die neuen Kabel sind bestens für Übertragungsstrecken geeignet, auf denen die Leistung kräftig schwankt, weil sie Windstrom abtransportieren. Bisher ging man davon aus, dass in Deutschland bis zu 4000 Kilometer neue Hochspannungsleitungen gebaut werden müssen, um vor allem den künftig in Offshore-Windparks produzierten Strom zu den weit entfernten Verbrauchern zu transportieren.

Jürgen Germann, Hauptabteilungsleiter im 3M-Bereich Elektro in Neuss, schlägt vor, die Aluminiumleiter auf besonders stark belasteten Strecken durch Keramikleiter zu ersetzen. Sie sind zwar drei- bis fünfmal teurer. Wegen ihrer höheren Leistung liegen die Mehrkosten bei einem Austausch etwa genauso hoch wie der Ertrag. Verglichen mit einem Neubau oder einer Ertüchtigung mit konventionellen Leitern liegen die Kosten sogar weit darunter, hat Professor Armin Schnettler, Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik der RWTH Aachen, in einer Studie festgestellt.

Mit den neuen Seilen könnte das bestehende Stromnetz durch vergleichsweise geringe Änderungen die doppelte Menge beispielsweise von Wind- und Sonnenenergie aufnehmen.

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