Insekten als Lebensmittel „Sie haben alle einen leicht nussigen Geschmack“

Auch aus Würmern und Insekten lassen sich schmackhafte Gerichte machen, glaubt Folke Dammann, der Gründer von Snack Insects. Quelle: Presse

Ein neues EU-Gesetz erlaubt es, Hausgrillen als Lebensmittel einzusetzen. Wie schmeckt das und was kommt da künftig auf den Teller? Ein Anruf bei Folke Dammann, der seit Jahren Insekten-Snacks verkauft – und Kochkurse mit Krabbeltieren gibt.

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WirtschaftsWoche: Herr Damman, viele Leute ekeln sich vor Insekten, Sie verkochen sie. Schmeckt das Getier so, wie es aussieht? 
Folke Dammann: Es kommt natürlich darauf an, wie man es zubereitet. So wie alles andere auch. Und wenn wir mit Insekten kochen, achten wir darauf, dass es super lecker aussieht. Aber natürlich: Die Vorurteile gegenüber Insekten sind da.

Können Sie denn gleich mal ein Gericht mit Insekten nennen, das uns jetzt den Mund wässrig macht?
Der Klassiker: frittierte Heuschrecken. Etwas Erdnussöl in die Pfanne, ein wenig Chili und Knoblauch daran, Heuschrecken hinein und alles anrösten. Alles salzen. Dann haben Sie einen knusprigen Snack, der ein wenig an Geflügelhaut erinnert.

Klingt besser als erwartet. Was noch?
Eine süße Variante, die am schnellsten geht: Kurz ein paar Mehlwürmer in der Pfanne anrösten und mit flüssiger Couverture vermengen – und so kleine Schoko-Crossies daraus machen. Der Mehlwurm an sich hat einen nusseigenen Grundgeschmack und das harmoniert sehr gut mit süßen Sachen.

Guten Appetit: Folke Dammann richtet seine Heuschrecken stilsicher an. Quelle: Presse

Zur Person

Man muss aber erst einmal darauf kommen. Wie war das bei Ihnen?
Angefangen hat das vor zehn Jahren aus reiner Neugier. Ich bin auf einen Beitrag gestoßen über das Potenzial von Insekten als Proteinquelle der Zukunft. Dann habe ich mich in das Thema eingearbeitet – und festgestellt, dass es schon Farmen in Europa gibt, die Insekten produzieren, wenn auch noch in kleinem Maßstab. Dann habe ich dort Sachen bestellt, unter anderem Heuschrecken. Und mich überwunden, hineinzubeißen.

Und?
Viele haben die Angst, dass es, wie in manchen TV-Formaten drastisch dargestellt, so ein glibberiger Kram ist. Aber die Heuschrecken werden gefriergetrocknet oder geröstet und weiter zubereitet – und enthalten keine Flüssigkeit. Vom Mundgefühl sind Heuschrecken sehr knusprig – als wenn man Chips isst.

Nur sehen sie eben anders aus. Wie Insekten.
Klar, viele sagen: Oh Gott, die Heuschrecke hat noch Augen, das will ich nicht sehen. Aber wenn man gewöhnt ist, Garnelen oder Krabben zu essen, ist das von der Optik her nun auch nichts anderes. Bei einer Paella werden extra die Gambas mit ihren dicken schwarzen Augen und den Fühlern obendrauf gestreut – und jeder lutscht daran herum. Wer stattdessen einen kleinen Heuschreckenspieß nimmt, ist davon so weit gar nicht entfernt.

Sie haben dann vor zehn Jahren angefangen, Kochkurse zu geben, und einen Shop für Insektenlebensmittel aufgemacht. 
Ja, wir haben die ersten Produkte kreiert, Rezepte entwickelt – und nach ein, zwei Jahre wurden die immer häufiger gebucht. Damals musste man das noch behutsam angehen. Mittlerweile hat jeder, der nicht gerade hinter dem Mond lebt, schon davon gehört, dass es Sinn ergibt, Insekten zu essen. Weil sie beispielsweise gute Proteine liefern.

Was gibt es außer Heuschrecken noch Exotisches im Sortiment?
Weltweit gibt es mehr als 2000 Insektenarten, die verzehrt werden können, mit verschiedenen Geschmacksnuancen. Aber ich sammle jetzt nicht alles Krabbelnde ein, was ich im Garten finde, und koche da etwas draus. Wir arbeiten mit vier Insektenarten: Heuschrecken, Grillen, Mehl- und Buffalowürmer. In den vergangenen Jahren ist es für mich völlig normal geworden, damit zu hantieren.

Unterscheiden sich die vier Arten im Geschmack?
Sie haben alle einen leicht nussigen Geschmack. Das besondere Aroma kommt dann eher durch die Zubereitung. Es gibt eine riesige Rezeptvielfalt – Insekten kombiniert mit Nudel- oder Reisgerichten, wie Croutons auf den Salat gestreut, in Desserts mit Karamell oder Schokolade verbunden. Wenn jemand gerne Reibekuchen isst, passt es gut, in den Teig Buffalowürmer dazuzugeben, ihr nussiges Grundaroma harmoniert sehr gut damit. Wenn Sie eine Pasta kochen, können Sie frittierte Heuschrecken dazu geben. Ähnlich wie Meeresfrüchte, die man sehr gut mit vielen Gerichten kombinieren kann.

Liegen die Preise dann ähnlich hoch wie bei Garnelen?
Die Preise sind das Problem. Die Produktionsmengen in Europa sind sehr überschaubar im Vergleich zu Fleisch und es gibt auch keine Subventionen. Es muss darum niemand Angst haben, dass durch die neue EU-Verordnung Grillenpaste in Produkte hineingemischt wird, um Verbraucher zu täuschen. Jeder, der das aktuell verwendet, wird das ganz groß und dick auf die Packung drucken, weil das einen Mehrwert darstellt.

Werden die Preise so hoch bleiben?
Sobald große Lebensmittelkonzerne da mitmischen und die Produktion hochfahren, wird logischerweise auch der Preis fallen. Man sollte sich aber davon lösen, das mit einem Kilogramm Hack aus dem Discounter zu vergleichen. Das ist einfach viel zu billig. Fleisch sollte sehr viel teurer werden, die Insekten ein bisschen preiswerter.

Die EU will sich mit der neuen Regelung gegen künftige Nahrungsmittelengpässe stemmen. Insekten statt Mehl – geht das?
Man kann Insekten durchaus als Mehl in diverse Lebensmittel einarbeiten, gerade ihr Nussaroma harmoniert oft sehr gut, sei es als Proteinteig im Brot, als Grundzutat für Pasta oder in Energieshakes für Sportler. Und vielleicht kann man in Zukunft das ein oder andere Mal auf seine Hacksoße auf der Pasta verzichten, weil man die hochwertigen Proteine, also quasi das Fleisch, schon mit den Nudeln zu sich nimmt.

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Wie das geht, kann man bei Ihren Kochkursen lernen. Worauf muss man sich da einstellen? Fängt es überall an zu jucken?
Ich hoffe nicht. Aber Spaß beiseite: Aktuell bieten wir gerade keine Kurse, weil unsere Location nicht zur Verfügung steht. Grundsätzlich aber führen wir die Teilnehmer an das Thema heran, sie können unterschiedliche Insektenarten probieren, dann kochen wir zusammen verschiedene Gänge und am Schluss wird zusammen gespeist. Bis jetzt hat sich noch keiner beschwert.

Lesen Sie auch: Kommt jetzt das große Krabbeln? Start-ups und ihre Pläne für Lebensmittel aus Insekten.

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