Interview mit Jorgen Randers "Der Westen sollte China kopieren"

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Die effiziente chinesische Regierung

Eine Straße bei Peking Quelle: dpa

Gibt es denn Länder, die es besser machen als die westlichen Staaten?
Ja. China zum Beispiel. Der Staat verfügt dort mit seinem zentralen Regierungssystem über einen besseren Entscheidungsfindungsmechanismus. Regieren in China ist einfach effizienter.

China? Das müssen sie jetzt genauer erklären.
In China ist der Markt dazu da, politische Entscheidungen auszuführen, nicht umgekehrt. So können direkt wirtschaftliche, politische Probleme gelöst werden, stets mit langfristigen Lösungsansätzen. Die Chinesen sind sich der Ressourcenknappheit sehr wohl bewusst und führen jetzt schon elektrische Autos ein. Die Konsumenten im Westen werden hingegen darauf warten, bis die Autos rentabel genug sind. Vielleicht ist es dann aber schon zu spät. Westliche Staaten sind zwar zu einer Fehlerdiagnose fähig, aber schlicht nicht in der Lage diese Probleme zu lösen.

Sie übersehen aber, dass die Regierung in Peking in keinster Weise demokratischen Standards entspricht.
Das mag sein. Aber schauen wir auf eine große Demokratie im Westen: die USA. Das Problem der USA ist heute nicht die Ressourcenknappheit, sondern schlicht die Unfähigkeit des politischen Systems, weitereichende Entscheidungen zu treffen. Dort stehen sich zwei tief verfeindete Blöcke gegenüber und sind schlicht nicht in der Lage gemeinsam zu regieren. Die Chinesen schauen mit Horror auf dieses System der Stagnation.

Werden die Chinesen also die Probleme der Zukunft lösen?
Ich sage ganz klar: Die chinesische Regierung wird das Problem des Klimawandels in den Griff bekommen, nicht die westlichen Demokratien. Die Chinesen sind auf dem Weg, gehen den Klimawandel aktiv an und bekämpfen gleichzeitig die Armut in ihrem Land. Beides parallel und effizient. Die westlichen Gesellschaften haben fünfzig Jahre gebraucht, Wohlstand zu schaffen. Und beginnen erst jetzt sich mit den Folgen von Umweltzerstörung auseinanderzusetzen.

Zu welchen Lösungen raten sie also?
Erstens, nur die reichen Länder werden in der Lage sein, die Kapitalflüsse umzuleiten, nicht die armen. Diese sind damit mit Grundlegendem beschäftigt: mit Armutsbekämpfung. Zweitens: Wer als Individuum was machen möchte, kann bereits jetzt sehr private Entscheidungen treffen, die hilfreich sind: Elektroautos kaufen, Wohnungen und Häuser dämmen, weniger Öl und Gas konsumieren…

Und drittens: Wer was bewirken möchte, der muss für eine starke Regierung eintreten. Eine Regierung, die kurzfristige Investitionen in langfristige Projekte umleiten kann und grundlegende Probleme nicht nur erkennt, sondern auch löst. Es wäre nicht nur zu unserem Vorteil, sondern auch zum Vorteil unserer Kinder und Kindeskinder.

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