Neue Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO2, die in den kommenden Jahrzehnten möglicherweise eingesetzt werden können, erhöhten die nutzbaren Mengen fossiler Energieträger nur leicht, schreiben die Forscher weiter. Das Vorhaben ist, mit sogenannter CCS-Technologie (für Carbon Dioxide Capture and Storage) das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid nicht mehr in die Atmosphäre entweichen zu lassen, sondern einzulagern. Bei der Verbrennung von Biomasse hoffe man, ab 2050 sogar "negative Emissionen" zu erreichen, erklärte McGlade. Weil Pflanzen für ihr Wachstum CO2 einlagern, könne beim Einsatz von Biomasse in CCS-Kraftwerken der Atmosphäre wieder entzogen werden. So weit die Theorie.
Die Berechnungen zeigten nun, dass selbst unter Nutzung solcher CCS-Technologien nur etwa sechs Prozent mehr Kohle verbraucht werden dürfte. Der förderbare Gas- und Öl-Anteil steige um gerade einmal zwei Prozent. Dass diese Auswirkungen so gering seien, habe die Forscher selbst überrascht, erklärte McGlade. Das Problem sei, dass diese Technologie eben noch nicht in großem Stil kommerziell einsetzbar sei. Für ihre Untersuchung nahmen die Forscher an, dass der großtechnische Einsatz in Kraftwerken ab dem Jahr 2025 machbar sein wird - einige Kollegen hielten aber selbst dies für zu optimistisch, schränkte McGlade weiter ein.
Investoren sollten Strategie überdenken
Co-Autor Paul Ekins sprach bei der Vorstellung der Studie vor Journalisten in London auch warnende Worte an Investoren aus, die Geld etwa in Ölfirmen stecken: Allein im Jahr 2013 seien mehr als 562 Milliarden Euro in die Suche und Ausbeute neuer fossiler Energiequellen gesteckt worden. "Aber warum tun sie das", fragte Ekins. Weil mehr fossile Energien im Boden steckten, als wir uns zu verbrennen leisten können, seien die Unternehmen dringend gefordert, diese Strategie zu überdenken.
Es sei wahrscheinlich, dass die Politik am Zwei-Grad-Limit festhalte, da immer mehr Menschen die negativen Auswirkungen des Klimawandels leidvoll zu spüren bekämen, betonte er. "Und auch die Investoren in solche Firmen sollten ihre Geldanlage überdenken", mahnte Ekins. Für langfristige Geldanlagen würden diese Unternehmen zunehmend riskanter. "Gewissenhafte Investoren, die auf das Feld Energie setzen, sollten das Geld zunehmend in solche mit geringem CO2-Ausstoß stecken", so Ekins.
Die Stärke der Studie liege in der detaillierten regionalen Aufspaltung der Analyse, die es so zuvor noch nicht gegeben habe, sagt Michael Jakob vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Gemeinsam mit Jérôme Hilaire vom gleichen Institut hat der Klimaforscher auch einen Kommentar zu der „Nature“-Studie geschrieben. „Eine erfolgreiche Klimapolitik ist letztlich eine Frage der Entschädigung“, sagt Jakob. „Einige Entwicklungsländer fragen sich natürlich, warum sie ihre vorhandenen Reserven ungenutzt lassen sollten, wenn dies doch ihr vorrangiges Ziel - die Bekämpfung der Armut - erschwert.“
Nur ein globales Klimaübereinkommen, das Verlierer entschädige und von allen Teilnehmern als gerecht empfunden werde, könne auf lange Sicht die Nutzung fossiler Energieträger streng begrenzen, heißt es in dem Kommentar. Künftige Technologien zum CO2-Entzug aus der Atmosphäre könnten es möglicherweise erlauben, auch nach 2050 weitere fossile Reserven zu verbrennen, es sei jedoch noch sehr unsicher, etwas über diese Verfahren zu sagen.
Das Fazit der Studienautoren: Die Angst davor, dass uns die fossilen Energieträger ausgehen, ist in einer Welt, die Klimazwängen unterworfen ist, nicht länger relevant. Denn große Teile bereits verfügbarer Reserven und noch in viel größerem Maße bislang unerreichbare oder unentdeckte Quellen dürfen gar nicht angetastet werden, wenn wir den globalen Temperaturanstieg im Zaum halten wollen.
Mit Material von dpa