Kondensstreifen vermeiden So geht Fliegen auch klimafreundlich

Kondensstreifen Quelle: imago images

Nicht nur das bei Flügen ausgestoßene Kohlenstoffdioxid, sondern auch die Kondensstreifen hinter den Flugzeugen erwärmen unseren Planeten. Dafür aber gibt es gleich zwei Lösungen.

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Von Flugzeugen verursachte Kondensstreifen bewegen Verschwörungstheoretiker schon seit den Sechzigerjahren: Sie vermuten, dass hinter den weißen Streifen im blauen Himmel eine Chemikalie steckt, mit der düstere Kräfte die Bevölkerung psychologisch gefügig machen wollen. Das ist zwar abstrus. Harmlos aber sind die Streifen am Himmel, die sich nicht selten in großflächige Schleierwolken verwandeln und stundenlang zu sehen sind, keinesfalls: Wenn sich der heiße Wasserdampf, der aus den Düsentriebwerken von Flugzeugen strömt, mit kalter Luft in der Atmosphäre mischt, entstehen winzige Tröpfchen, die gefrieren und Eiswolken bilden. Diese sogenannten Zirren reflektieren von der Erde kommende Wärmestrahlung, das heizt den Planeten auf.

So schaden die Kondensstreifen dem Klima. Und sie schaden damit auch dem Image der Airlines, die wegen ihres Ausstoßes des Treibhausgases CO2 ohnehin schon in der Kritik stehen. Die zivile Luftfahrt verursacht ungefähr zwei Prozent des vom Menschen ausgestoßenen Kohlendioxids, und ist, rechnet man den Effekt von Kondensstreifen hinein, immerhin für etwa fünf Prozent der Erderwärmung verantwortlich. Das erkannten schon 2009 Forscher mehrerer britischer und niederländischer Universitäten sowie des US-Ozean-und-Atmosphärenamtes NOAA.

Jene Technologie aber, die das Fliegen in Zukunft CO2-neutral zu machen vermag, kann auch die Kondensstreifen deutlich reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Juni publizierte Studie des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR). Aus Grünstrom mittels Elektrolyse hergestelltes Kerosin, auch E-Fuel genannt, enthält weniger Verunreinigungen als herkömmliches aus Erdöl produziertes Flugbenzin und verbrennt damit sauberer. So entstehen weniger Rußpartikel, an denen der Wasserdampf aus den Triebwerken kondensiert. Die Folge: „weniger Eiskristalle, weniger Kondensstreifen“, sagt Ulrike Burkhardt, Atmosphärenforscherin am DLR und eine der zwei Autorinnen der Studie.

Die Wissenschaftlerin untersuchte auch, wie viel klimaschonender Triebwerke sind, die weniger Rußpartikel ausstoßen. Ihre Erkenntnis: Es reicht nicht, kleine Anteile von sauberem Grünstrom-Kerosin beizumischen. Ein Flugzeug, das 50 Prozent weniger Rußpartikel ausstößt, entlastet das Klima gegenüber einem konventionell betankten Flugzeug nur um 12 bis 15 Prozent. Bei höheren Anteilen nimmt der Effekt aber überproportional zu. Stoßen die Airliner aber 80 bis 90 Prozent weniger Ruß aus, reduziere das den Schaden für das Weltklima um immerhin 50 bis 60 Prozent.

E-Fuel und die richtige Flughöhe schonen das Klima

Das setzt die Akteure in der Luftfahrtbranche unter Druck: Pläne etwa der Lufthansa und der schleswig-holsteinischen Raffinerie Heide, am Flughafen Hamburg fünf Prozent aus Grünstrom hergestelltes Kerosin beizumischen, können nur der Anfang sein. Damit der Anteil des synthetischen Flugbenzins massiv steigen kann, fordert Raffinerie-Chef Jürgen Wollschläger, muss die Politik helfen: Der für die Herstellung von Flugzeug-E-Fuel benötigte Strom beispielsweise, müsse von der Erneuerbare-Energien-Umlage und dem Netzentgelt befreit werden, damit der neue Treibstoff konkurrenzfähig gegenüber Erdöl-Kerosin wird.

Synthetische Treibstoffe sind aber nicht der einzige Weg, um klimaschädliche Kondensstreifen zu verringern. Auch die Fluglotsen der deutschen und der europäischen Flugsicherung können helfen, das Klima zu schonen und die Bildung der schädlichen Kristalle zu minimieren. Sie können die Flugzeuge gezielt in Flughöhen lotsen, wo keine Kondensstreifen entstehen.

Wer an den Himmel schaut und Flugzeuge beobachtet, merkt schnell, dass sich ganz oft gar keine Streifen bilden, manchmal sehr kurzlebige und nur ab und zu sehr langlebige und klimaschädliche. Solche Streifen entstehen bei Temperaturen deutlich unter -40 Grad Celsius. So kalt wird es nur in ganz bestimmten Höhen. Steigt etwa eine Maschine bei einem Flug von München nach Hamburg auf 7000 Meter, stößt sie in der Regel nicht auf solch kalte Luftschichten. Langstreckenflüge in unseren Breiten wiederum fliegen oberhalb der Troposphäre, der untersten Luftschicht. In dieser Höhe verschwinden Kondensstreifen meist binnen Sekunden. In den Tropen sind wiederum andere Flughöhen ideal, um kondensstreifenfrei zu reisen, erklärt Atmosphärenforscherin Burkhardt.

Am wirkungsvollsten ist am Ende aber eine kluge Kombination aus Flughöhenmanagement und klimaneutralem Sprit. So kann eine Airline etwa bei Mittelstreckenflügen, die in kritischen Flughöhen unterwegs sind, einfach einen höheren Anteil synthetischen Kerosins beimischen als bei Langstreckenverbindungen. Zumindest solange, bis irgendwann ohnehin nur noch saubere E-Fuels in den Flugzeugtank kommen.

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